Netzecke
– Das Internetmagazin der Lindauer Auto-Fabriken –

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Foul! Foul! Foul!

Auf der Hinteren Insel haben wieder mal die Spielverderber zugeschlagen. Kurz vor dem Start der EM erreichten die bekannten lärmempfindlichen AnwohnerInnen und Immobiliendoktor Mang mit einer Beschwerde bei der Stadt Lindau, dass der Club Vaudeville sein Public Viewing nicht auf der Festwiese durchziehen darf. Knackpunkt war, dass es für die EM im Gegensatz zur letzten WM keine Ausnahmeregelung zum Lärmschutz gibt und drum ab zehn die übliche Nachtruhe-Lautstärkegrenze von 55 dB(A) gilt, dass aber die ganzen Spiele mindestens bis halb elf gehen. Weit über 100 begeisterte Mang-Fans feierten das Fußballverbot am 1.6. mit einer spontanen Grillparty auf der strittigen Wiese. Oder so ähnlich. Gefeiert haben sie jedenfalls bis zum 2.6. und ziemlich laut. Es gab verschiedene Aufrufe, das noch öfters zu tun, beispielsweise jeden Montag und Mittwoch oder einfach immer, mangelnde Koordination und Temperaturen hemmten bisher allerdings die Feierlaune. Mal schauen, ob sich das ändert, wenn in den nächsten Tagen der Regen nachlässt.
Um weiteren Ärger zu vermeiden, bekam der Club von der Stadt kurzfristig einen Ersatzplatz auf der anderen Seite der Insel zugewiesen, nämlich hinter der Jahnturnhalle (in der Nähe der ehemaligen Osterdosensucharena). Dort zogen sich am 9.6. rund 700 Leute das Spiel Deutschland-Portugal rein und waren größtenteils recht begeistert von der Party. Ein paar von nervösen Fans in die Wiese gescharrte Löcher wiesen auch hier wieder mal darauf hin, dass solche Veranstaltungen eigentlich auf extra dafür hergerichtete Wiesen gehören, wie z. B. den Schotterrasen auf der Hinteren Insel.
Übrigens, während sich in Lindau die Ehrenamtlichen vom Club abrackern und dafür auch noch nervige Auflagen von der Stadt kriegen, organisiert die Stadt Lindenberg ihr Public Viewing selber und lässt sich das satte 10.000 Steine kosten, nicht mitgerechnet die Kosten für den städtischen Bauhof, der nach jedem Spiel wieder aufräumen muss. Das lässt dann auch den Subventionsbedarf des CV doch mal wieder in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Unterdessen versinkt das Land wieder mal unter einer Flut schwarzrotgelber Winkelemente. Bei aller Freude über diese gute Gelegenheit, sich durch Entgelbstreifung entsprechender Objekte mal wieder reichlich und kostenfrei mit anarchistischen Kennzeichen ausstatten zu können, überwiegen die negativen Effekte. Die idealistischere Deutung besagt, der Krieg sei dem sportlichen Wettbewerb gewichen und das Volk könne bei solchen Anlässen seine nationalistischen Aggressionen auf eine deutlich weniger destruktive Weise ausleben als dies in früheren Jahrhunderten der Fall gewesen sei. Aber umgekehrt wird ein Schuh draus. Der Krieg ist ja keineswegs abgeschafft, nur ist er nicht besonders populär. Was "unsere Jungs" da in Afghanistan oder Somalia zusammenballern, ist nicht gerade geeignet, nationale Begeisterung zu wecken. Diese "Hirn-aus-und-mitmachen"-Mentalität namens Patriotismus wird dagegen beim Fußball spielend erreicht, denn "für Deutschland" sind natürlich "alle".
Ein Hilfstrainer, der seinen Mannen empfiehlt, zum Spielen einen im Fußball nicht nur unüblichen, sondern sogar ziemlich unpraktischen Stahlhelm aufzusetzen, ist da nur ein Symptom. Natürlich gibt's auch diesmal wieder die "übermütigen Jugendlichen", die ihren Torjubel nur durch Strecken des rechten Armes ausdrücken können, in der Dresdner Neustadt prollten 20 sogenannte Fans zum EM-Auftakt stundenlang PassantInnen mit rechten Sprüchen an und gingen schließlich auf eine Gruppe AusländerInnen los. Es ist zu befürchten, dass es auch diesmal wieder zu tödlichen Übergriffen kommen wird, wie es bei bisherigen Fußballmeisterschaften immer wieder der Fall war.
In Warschau gab's zum EM-Auftakt eine Protestaktion, und zwar in Solidarität mit den Leuten, die in der Ukraine dafür buckeln. Auch in Kiew gab es am 7.6. eine Protestaktion von WanderarbeiterInnen; einige ketteten sich an die Tore der Fanzone. Anschließend gab's noch eine ungenehmigte Spontandemo. Die Stadien und sonstige EM-Bauten wie Parkhäuser und Autobahnen wurden unter übelsten Arbeitsbedingungen großteils von kasernierten WanderarbeiterInnen errichtet, die jetzt häufig auch noch um Teile ihres Lohns betrogen werden. Eine ganze Betonbautruppe, die das Parkhaus am Olympiastation in Kiew gebaut hat, hat überhaupt keinen Lohn bekommen. Einige sind schließlich zu ihrem Geld gekommen, indem sie es sich bei den Baufirmen gewaltsam abgeholt haben. Die Protestbewegung droht damit, das Endspiel in Kiew zu blockieren, wenn nicht alle Löhne ausgezahlt (und so Nebensächlichkeiten wie Arbeitsschutz und Sicherheitsbestimmungen auf den Baustellen eingehalten) werden.

Der Schiedsrichter

Verpflichtung aller staatlichen Gewalt

Eine Gedenkkundgebung für die ein Jahr zuvor im Frankfurter Jobcenter von einer Polizistin erschossene Arbeitslose Christy Schwundeck fand am 19.5. vor dem Tatort statt. Flüchtlingsgruppen stellten die Frage, ob Rassismus bei der Tat eine Rolle gespielt habe. Außerdem gibt es starke Zweifel an der Notwehr-These. Offiziell wird das nicht mehr aufgeklärt, das Verfahren ist im März eingestellt worden. Am 2.6. gab es eine Demo zum gleichen Thema.
Rassismus bei der Polizei ist auch in New York ein Thema. In New York wurden letztes Jahr 685.000 Leute von der Polizei angehalten und kontrolliert (zehn Jahre zuvor waren es weniger als 100.000 Kontrollen, aber das ist ein anderes Thema). 168.126 Kontrollen betrafen junge Schwarze zwischen 14 und 24, wobei die Zahl junger Schwarzer zwischen 14 und 24 in New York insgesamt mit 158.406 angegeben wird. Rechnet mal nach. 90% der Kontrollen ergeben übrigens überhaupt nix Verbotenes und nerven bloß.
In der Ukraine ist die Polizei (die dort noch Miliz heißt) noch ein Stück unangenehmer: Von den 45 Millionen EinwohnerInnen wurden letztes Jahr glatte 900.000 Opfer von "Folter und Gewalt" durch die Cops, und das ist vorsichtig geschätzt. Meistens geht's um die Erpressung von Schmiergeldern für die chronisch unterbezahlten Büttel. Wegen Gewaltanwendung verurteilt wurden 2011 exakt 78 ukrainische Bullen.
In Berlin wird dagegen endlich mal vorgegangen. Nach den Übergriffen auf die Kotti-Demo am 8.6. haben doch tatsächlich PolizistInnen einen schlägernden Kollegen angezeigt. Der Grund: Die ganze Szene war schön auf Video dokumentiert im Internet zu sehen, und sowohl der Täter als auch die danebenstehenden KollegInnen sind wegen der endlich durchgesetzten Kennzeichnungspflicht identifizierbar. Mal abwarten, wie lang das dauert, bis sie das wieder abschaffen...
In Kasachstan werden immer noch Leute wegen der niedergeschlagenen Proteste vom Dezember gefoltert und verurteilt, allein in der Woche vor Pfingsten sechs in Shanaosen, wo damals der ÖlarbeiterInnenstreik in einen Aufstand umgeschlagen war. Sogar die Anwältin der Streikenden war zu sechs Jahren verknackt worden. Wegen Soli-Aktionen für den Streik standen in Schetpe 12 Leute vor Gericht, fünf bekamen 4-7 Jahre, die anderen sieben wurden begnadigt. Gegen 37 ÖlarbeiterInnen laufen noch Verfahren.
IKEA kommt mal wieder ins Gerede, weil die Firma ja seinerzeit Aufträge in die DDR vergeben hat, aber natürlich nix davon wusste, dass die in Gefängnissen mit Zwangsarbeit erledigt wurden. Aber die wissen ja auch nix davon, dass im russischen Karelien ein schöner alter Wald für ihre Bretter abgeholzt wird.
Billig produziert auch MTU in der JVA Straubing; die Werkstatt ist übrigens offiziell als "Luftfahrtbetrieb für Luftgeräte der Bundeswehr" zugelassen. Über Proteste der Gefangenen gegen ihre zwangsweise Einbindung in die Rüstungsindustrie ist nichts bekannt, im Gegenteil, die meisten sind sogar stolz darauf. Verbrecher halt.
Und in Kalifornien wird weiter gegen die Dauer-Isolierung von Gefangenen gekämpft. Nach dem Hungerstreik sind jetzt mal wieder die JuristInnen an der Reihe. Sie haben im Namen mehrerer Betroffener, die schon seit 10 bis 28 Jahren ohne Kontakt zu anderen Gefangenen leben müssen, Klage eingereicht. Das sei ja wohl doch irgendwie eine "grausame und unübliche Bestrafung", die gemäß US-Verfassung verboten ist. Noch dazu wird die Maßnahme nicht regelmäßig überprüft.
In Istanbul gab's wegen der Mai-Krawalle weitere Verhaftungen. Insgesamt wurden an die 70 Leute festgenommen, von denen 14 in U-Haft gelandet sind, und das alles wegen drei bis fünf kaputten Fenstern bei Bankfilialen. Die Folter ist in der Türkei in den letzten Jahren ja angeblich massiv reduziert worden, allerdings wundert man sich doch, wie Geständnisse zustandekommen wie z. B. das eines Betroffenen, er sei der Führer der Anarchisten. Es wird munter wegen "terroristischer Vereinigung" ermittelt, auch wenn bei den ganzen Hausdurchsuchungen keinerlei Waffen gefunden wurden und die Betroffenen teilweise sehr unterschiedlichen anarchistischen Richtungen angehören und sich großtenteils gegenseitig gar nicht kennen. Am 2.6. gab's in Istanbul eine Solidemo, bei Redaktionsschluss fand ein internationaler Aktionstag statt (von dem wir logischerweise noch keine Rückmeldung haben).
Soliaktionen gab's am 24.5. auch für den verhafteten Anarchisten David in Uruguay. Und die in Deutschland lebende Türkin Basak Sahin Duman ist in Kroatien verhaftet worden, sie soll an die Türkei ausgeliefert werden. Es gab mehrere Protestkundgebungen. Vor der kroatischen Botschaft in Berlin demonstrierten am 5.6. 30 Leute.
Eine Person, die letzten Oktober in Berlin angeblich einen angeblich eine Waffe darstellenden Pflasterstein dabei gehabt hat, als sie auf dem Weg zu einer antikapitalistischen Demo kontrolliert wurde, hat im Februar einen Strafbefehl über 1050€ bekommen. Dagegen legte sie rechtzeitig Widerspruch ein. Am 21.5. fand deshalb ein erster Prozesstermin statt, ein zweiter wurde für den 26.6. angesetzt. Kurz darauf wurde das Verfahren allerdings eingestellt, die Sache ist erledigt. Nicht erledigt ist der Fall eines Studenten, der am 19.2.2011 in Dresden einen genehmigten Aufzug verhindert haben und deswegen 300€ zahlen soll; immerhin hat das OLG das Urteil aufgehoben und eine Neuverhandlung gefordert.
Das Verfahren gegen die "Belgrader sechs" wurde am 18.5. auf Herbst vertagt, weil einer der Angeklagten nicht zum Prozess erschienen war. Dagegen ist der "Caso Bombas", der Fall der angeblichen anarchistischen BombenlegerInnen in Chile, zu Ende. Die letzten sechs Angeklagten wurden von den Vorwürfen des Bombenlegens bzw. der Finanzierung des Terrorismus freigesprochen. Gelaufen ist auch der Prozess in Bilbao gegen Flo und Rafi aus Hamburg wegen eines angeblich angezündeten Müllcontainers bei der Kukutza-Räumung, das Urteil kommt aber erst noch. Die Staatsanwaltschaft will sie 42 Monate im Knast sehen, UnterstützerInnen sehen vor allem das Konstrukt der Anklage eindeutig widerlegt und erwarten Freisprüche.
In Nürnberg haben am 26.5. 250 Leute für die Freiheit von Deniz demonstriert, dem wegen angeblicher Schläge mit einem Transpistecken auf Polizeihelme mehrfacher versuchter Totschlag vorgeworfen wird. Vor der deutschen Botschaft in Brüssel demonstrierten zehn Leute Solidarität, und in Kiew demonstrierten solidarische Menschen, dass der Vorwurf Quatsch ist – unter dem Titel "AnarchistInnen brennen die deutsche Botschaft in Kiew nieder" warf eine vermummte Person ein Streichholz gegen das Gebäude.
Gegen das immer noch drohende ACTA-Abkommen gegen Produktpiraterie und für die totale Internetüberwachung gab es am 9.6. nochmal einen Aktionstag. In Hamburg und Berlin gingen jeweils mehrere hundert Leute auf die Straße, in Ravensburg waren es immerhin 70.
Und die Seite blogsport.de war wegen DDoS-Angriffen am letzten Maiwochenende tagelang nicht zu erreichen, so dass die Mobilisierung zum Anarchie-Wochenende des Bregenzer Infoladens behindert wurde. Es kamen trotzdem ein paar Leute.

Prozessgruppe

Präsidenten verjagen

Bei Redaktionsschluss (12.6.) läuft in Moskau erneut eine Demonstration gegen Präsident Putin, laut Cops 20.000, laut VeranstalterInnen 100.000 Leute. Putin hat sich nicht lumpen lassen, im Vorfeld wurde extra im Eiltempo ein neues Versammlungsgesetz durchgeboxt, das vor allem den Bußgeldkatalog in für den kleinen Iwan ziemlich astronomische Höhen treibt.
Strafen für die Teilnahme an nicht genehmigten Demos sind natürlich extrem bedeutsam in einem Land, in dem die Genehmigung einer Demo eine ziemlich aufwendige und teilweise technisch gar nicht mögliche bürokratische Prozedur bedeutet. Dem Verkehr oder FußgängerInnen im Weg zu stehen, den Rasen zu betreten oder Zeug wegzuschmeißen kostet jetzt im "Versammlungskontext" ebenfalls sehr viel mehr als im normalen Alltag. Und VeranstalterInnen sind für alles mögliche verantwortlich, was irgendjemand an einer Versammlung anstellt. Verfassungsrechtliche Bedenken störten Putin nicht, als er das Gesetz am 8.6. mit seiner Unterschrift in Kraft setzte – das sollten dann doch bitte die Gerichte überprüfen. Am Vortag der Großdemo gab's wieder mal Hausdurchsuchungen bei zahlreichen prominenten Oppositionellen, einige wurden gleich festgenommen und teils an unbekannte Orte gebracht.
Wegen der Großdemo am 6.5. am Bolotnaja-Platz gegen Putins erneuten Amtsantritt, bei der es zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei gekommen war, sitzen zur Zeit fünf Leute in U-Haft. Zuletzt waren am 8.6. Michail Kosenko und der Anarchist Stepan Simin verhaftet worden. Warum ausgerechnet diese Leute aus 450 ausgesucht wurden, die bei dem Krawall festgenommen worden waren, ist nicht klar. Laut UnterstützerInnen ist die Anklage gegen Simin illegal, weil er bereits wegen "Missachtung rechtmäßiger Polizeianweisungen" zu einer Buße verurteilt wurde und jetzt nicht einfach für die gleiche Tat (auf dem Platz gewesen zu sein und sich auf Aufforderung nicht entfernt zu haben) nochmal nach einem anderen Artikel (nämlich "Teilnahme an Massenunruhen") angeklagt werden dürfte. Trotzdem wurde gegen ihn U-Haft bis zum 8.8. verhängt, und nach einer Hausdurchsuchung hat er noch ein paar Terroranklagen am Hals.
Ebenfalls angeklagt ist die Anarchistin Alexandra Duchanina, ihre U-Haft wurde allerdings in einen Hausarrest bis zum 6.7. umgewandelt. Ihr drohen maximal acht Jahre Knast. Andrej Barabanow, ein weiterer Angeklagter, ist Veganer und laut Polizei ebenfalls Anarchist, seine Angehörigen bestreiten das allerdings. Weitere Verhaftungen wurden angekündigt. Die schon vor der Wahl verhafteten drei Mitglieder der feministischen Punkband Pussy Riot haben jetzt (nach drei Monaten U-Haft) endlich ihre offiziellen Anklagen bekommen: "Hooliganismus aus religiösen Motiven", Strafrahmen bis sieben Jahre.
Unabhängig von der Wahl gibt's in Russland auch sonst jede Menge Repression. Der Antifaschist Olesinow, der bereits ein Jahr gesessen hatte, sitzt seit Februar erneut, wobei sich jetzt eine Tuberkulose bemerkbar macht, die er sich wohl beim letzten Knastaufenthalt eingefangen und seither nicht richtig auskuriert hatte. Ihm wird Beteiligung an einer Schlägerei zwischen BesucherInnen eines Punkkonzerts und den Fascho-Securities des Veranstaltungslokals vorgeworfen. Wegen der selben Sache sitzt auch der Anarchist Alexej Sutuga. Und in Karelien schickte am 12.5. ein Gericht den Menschenrechtler und Blogger Maxim Jefimow wegen antireligiöser Propaganda zur psychiatrischen Begutachtung. Seit dem 21.5. ist er verschwunden, die Klapse, die ihn begutachten sollte, bestreitet, dass er bei ihr sei.
Auf die WaldschützerInnen von Chimki bei Moskau gab es nach der Wiederaufnahme der Rodungsarbeiten am 1.6. erneut gewaltsame Übergriffe mit einigen Schwerverletzten. Die Schneise wird jetzt trotz aller gegenteiligen Versprechungen von 100 auf 300 Meter verbreitert. Wie immer alles ohne Genehmigung, und wie immer machen die Cops nix dagegen. Stattdessen haben sie am 6.6. das Camp der RodungsgegnerInnen besetzt und sechs von ihnen verhaftet; seither gibt's von ihnen keine Nachrichten. Möglicherweise wurden sie zu Ordnungshaft verurteilt (kann bis zu zwei Wochen dauern).
Weiter in Haft sitzen auch noch fünf Anarchisten in Weißrussland, die wegen Soli-Aktionen für Chimki verknackt wurden, und ein Mensch, der für eine Soli-Aktion für die anderen fünf verurteilt wurde. In letzter Zeit wurden aufgrund des politischen Drucks auf Präsident Lukaschenko z. B. von der EU über 30 politische Gefangene begnadigt, jetzt sitzen nur noch 13. Lukaschenko begnadigt nur auf Antrag und die Anarchisten weigern sich, Gnadengesuche zu stellen, denn in denen müssten sie sich schuldig bekennen, und das wollen sie genausowenig machen wie diesen Typen anzubetteln. Vom 30.6.-2.7. sind internationale Soli-Aktionstage für sie, Ihr könnt natürlich vorher und nachher auch gern was machen. Es sind alle Aktionsformen willkommen und das heißt auch ALLE.

Der Wolf

Nazis, Burschis und die Ordnung

So, jetzt könnt Ihr mal wieder an Euren Verschwörungstheorien weiterstricken. Beate Zschäpe von der NSU bekam am 4.11.2011, kurz nachdem sie ihre Wohnung gesprengt hatte, einen Anruf aus dem sächsischen Innenministerium. Wohlgemerkt nicht von der Polizei, die vielleicht ein Telefon oder ihre Nummer bei den beiden toten NSUwes gefunden haben könnte. In der Verbindungsliste Zschäpes finden sich außerdem zwei Anschlüsse des Polizeireviers Zwickau-West.
In der Nacht auf den 27.5. wurde in einem Mainzer Park ein Antifaschist mit den Worten "Scheiß Antifa" hinterrücks überfallen. Der Antifaschist erlitt Verletzungen am Fuß. Der Täter entkam unerkannt; die Antifa fahndet nach einem fetten, ziemlich großen Glatzkopf mit schwarzen Springern, weißen Schnürsenkeln und kürzlich entstandenen Verletzungen in der Gesichtsgegend.
Der Kameradenkreis der Gebirgstruppen hat am 29.5. unter Beteiligung der Bundeswehr in Bad Reichenhall mal wieder seine Kreta-Gedenkfeier abgehalten, also die Erinnerung an den Wehrmachtsüberfall auf die Insel. Am 26. war schon der Fanclub der SS dagewesen. Für die Entnazifizierung und Entmilitarisierung des Ortes hatten bisher vergeblich gut 150 Leute am 19. demonstriert. Die Demo war ein bisschen "antideutsch"-lastig, was allerdings angesichts der Grausligkeit des Anlasses durchaus seine Berechtigung hatte.
In Coburg fand am Pfingstwochenende der Coburger Convent statt, ein Treffen studentischer Burschenschaften. Es kam zu antifaschistischen Protesten und mehreren gewaltsamen Zusammenstößen. Am Sonntag gab es eine RTS und am Montag, 28.5., demonstrierten morgens 60 Leute gegen das Kriegergedenken der Korporationen und nachmittags 200 gegen das ganze Treffen. Den wirkungsvollsten Angriff verpassten sich die Burschis allerdings selbst, als sie beim Zündeln mit Feuerwerkskörpern einen Großbrand auslösten, der u. a. das Verbindungslokal "Lorelei" beschädigte. Am Mittwoch ging's dann gleich mit dem Burschentag und massig rechter Propaganda in Eisenach weiter. 300 Leute demonstrierten am Samstag dagegen; am Abend gab's dann noch einen Fackelmarsch zum Kriegerdenkmal und eine Solikundgebung der NPD. Auf dem Treffen scheiterte übrigens der Versuch, den Einfluss rechtsextremer Gruppen bei der Deutschen Burschenschaft zurückzudrängen.
Ebenfalls am Samstag, 2.6., wollte die NPD in Hamburg einen "Tag der deutschen Zukunft" zur Verlängerung der Vergangenheit veranstalten. Bereits am Vorabend protestierten über 1200 Leute bei St. Pauli mit einem Marathonlauf dagegen. Die Polizei war auch frühzeitig vor Ort, was dazu führte, dass in der Nacht acht Wannen auswärtiger Einheiten angezündet werden konnten. Zukunft sahen dann nur noch 550 Faschos in der Aktion, mindestens 20.000 Leute demonstrierten dagegen und ein paar Hundert setzten sich aktiv in den Weg, so dass es für die Nazis wieder mal nur die Umleitung, eine stark verkürzte Route und lange Wartezeiten gab. Eine Blockade wurde mit Wasserwerfereinsatz geräumt. Am Rande wurde eine 42-jährige Hamburgerin von sächsischen Cops verprügelt und rückwärts über eine Fahrbahnbegrenzung geschubst. Dabei fiel sie auf den Hinterkopf; nachdem sie zunächst das Krankenhaus "auf eigenes Risiko" verlassen hatte, wurde sie am 8. mit einer halbseitigen Gesichtslähmung wieder eingeliefert.
In Barsinghausen wurde in der Nacht auf den 5.6. das UJZ Falkenkeller mit zwei Molotowcocktails angezündet, allerdings erfolglos. Dafür wurde in Gießen drei Nächte später das Haus einer Burschenschaft gepinkt. In Berlin gab's am letzten Wochenende mal wieder die volle Breitseite, die NPD versuchte am Reichstag aufzulaufen und "Berliner Bürger" (genauer gesagt, die "Freiheitspartei") demonstrierten für "mehr Sicherheit und Polizei", während in Weißensee ein antirassistisches Open Air stattfand.
In Meiningen versuchten am 9.6. Nazis mit dem "Thüringentag der nationalen Jugend" zu rocken, ein Bürgerbündnis demonstrierte mit 450 Leuten dagegen und die Antifa mit 150. Mit Blockieren war's heuer offenbar nix. In Köln demonstrierten Salafisten und Pro NRW gegeneinander, die Polizei hielt sie diesmal außer Sichtweite voneinander und so blieb das ganze friedlich. Einen Monat zuvor hatte sie ja noch das Recht der Nazis verteidigen müssen, die Salafisten zu provozieren. Special Guest bei Pro NRW war übrigens Daniel Krause, der als "linker Islamkritiker" vorgestellt wurde und angeblich Antifaschist ist. Tatsächlich ist er allerdings "bloß" Veganer und Ex-Grünen-Wähler.
Die Aktionen von NPD und Bürgers gegen zwei entlassene Sexualstraftäter in Insel (Brandenburg) gingen ergebnislos weiter, diesmal mit Begleitung durch den Landtag, der am 8.6. eine eigene Kundgebung "für Menschenrechte" veranstaltete. Immerhin distanzieren sich die Bürgers mittlerweile von den NPD-Aktionen und die NPD hat in dem Dorf ein Auftrittsverbot. Nebenbei wurde bekannt, dass einer der Wortführer der Kampagne selber eine Anklage wegen Vergewaltigung am Hals hatte und das Opfer im Dorf übelst niedergemacht wurde, weil es das Leben des Täters zerstöre. Aber vielleicht ist das bloß das nächste blöde Gerücht.
In Sachsen ist endlich das Urteil gegen die Nazigruppe "Sturm 34" gefallen, die mit Überfällen auf Andersdenkende versucht hatte, eine "national befreite Zone" aufzubauen. Für teilweise ziemlich brutale Aktionen gab's letztlich nur Bewährungsstrafen, einer der fünf Angeklagten muss sogar bloß eine Geldstrafe zahlen, weil das ganze nach Jugendstrafrecht ablief. Einer der Angeklagten, der als Alexander G. bezeichnet wurde und bereits in einem Stern-Artikel über seine geplagten NachbarInnen ("Mein Nachbar, der Neonazi") einen Auftritt hatte, wohnt übrigens in Ravensburg.
Dass man mit Faschos nicht diskutieren sollte, merkten zwei linke griechische Parlamentsabgeordnete in einer Fernsehsendung mit einem Abgeordneten der faschistischen "Goldenen Morgenröte". Der griff die beiden Frauen vor laufender Kamera mit einem Wasserglas bzw. mit Schlägen an und zeigte sie dann noch dafür an, dass sie ihn provoziert hätten.

AK Antifa

Eigentlich nicht abzuschieben

Die nigerianische Botschaft in Berlin wurde am 10.5. von 120 Flüchtlingen und UnterstützerInnen gestürmt, die gegen die korrupte Beihilfe des Botschafters zu Abschiebungen protestierten. Für 500€ pro Nase, die der deutsche Staat bereitwillig zahlt, erklären Seine Exzellenz der Botschafter Flüchtlinge, die anderweitig nicht abgeschoben werden können, bereitwillig zu potenziellen NigerianerInnen und stellen ihnen Papiere aus, die nur für die einmalige Einreise nach Nigeria gelten; die Opfer sitzen also dann recht- und schutzlos dort fest. Seine Exzellenz geruhten nicht darüber zu diskutieren und zogen es vor, unter starkem Polizeischutz mit dem Auto zu flüchten. Am Abend wurde dann vor 300 ZuschauerInnen eine Doku über die Residenzpflicht gezeigt. Ungeachtet des Widerstands scheint das Geschäftsmodell der "Botschaftsanhörungen" Schule zu machen, jetzt bietet nämlich auch die ugandische Botschaft diesen Service an. Am 12.6. gibt's dafür einen Termin in der Berliner Ausländerbehörde, Gegendemo ist angekündigt.
In der Nacht auf den 25.5. wurde die Berliner Ausländerbehörde mit Hämmern und Bitumen angegriffen. Scheiben und Fassade wurden beschädigt. Mehr geärgert hat sie wahrscheinlich, dass am gleichen Tag versehentlich ein Vietnamese aus der Abschiebehaft entlassen wurde, der bloß den gleichen Namen hatte wie ein anderer Häftling, der eigentlich freigelassen werden sollte. Gegen den neuen Asylknast am neuen Berliner Großflughafen demonstrierten am 26.5. bis zu 300 Leute am Bundesinnenministerium, und am 9.6. gab es vor dem Tagungsort des SPD-Landesparteitags eine Kundgebung gegen das Flughafen-Schnellverfahren und für die Umwandlung des Asylknasts in einen Geräteschuppen. Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist in den letzten fünf Jahren stark gestiegen, 2011 waren es 7917.
In Leipzig sollen Flüchtlinge ein bisschen menschenfreundlicher untergebracht werden. Laut Konzept der Stadt soll das bestehende Heim durch eine Sammelunterkunft und sechs kleinere Unterkünfte ersetzt werden. Das stößt auf Widerstand. Nicht nur die NPD wehrt sich gegen jede Verbesserung für Flüchtlinge. Auch AnwohnerInnen aus der "Mitte der Gesellschaft" fürchten Müll, Drogen, Kinderfresser und einen Wertverlust ihrer Immobilien. Das rassistische Konzept der Lagerunterbringung, das dazu geführt hat, Flüchtlinge in immer größeren Zentren unter immer grottigeren Bedingungen möglichst weit aus dem Blickfeld zu schaffen, hat die Vorurteile offensichtlich nicht weniger werden lassen, im Gegenteil. Gar nicht in Erwägung gezogen wird, Flüchtlinge zu behandeln wie andere Menschen auch und ihnen normale Wohnungen zu geben, obwohl das eigentlich der beste Weg wäre, ihnen wenigstens eine Chance zu geben, als Individuen wahrgenommen zu werden und nicht als fremde, unbekannte, bedrohliche Masse.
Der niederländische Innenminister Leers erklärt die Gegenposition so: "Man muss in die richtige Richtung steuern. Illegalen Immigranten zu Menschenrechten zu verhelfen, ist nicht die richtige Richtung." Nach der Räumung ihres selbstorganisierten Camps bei Ter Apel, die übrigens tags darauf von einem Gericht für illegal erklärt wurde, weil die Begründung "Gefahr im Verzug" vorgeschoben gewesen sei, wurden 115 Flüchtlinge auf verschiedene Lager verteilt. Zurückgewiesen wurde die Darstellung, die irakischen Flüchtlinge, deren geplante Abschiebung der Auslöser für die Feldbesetzung war, hätten den "Kompromissvorschlag" der Regierung (einen dreiwöchigen Aufschub) kollektiv akzeptiert und die anderen Flüchtlinge (aus Iran, Somalia etc.) hängenlassen; lediglich ein paar Leute hätten das Angebot angenommen.
Eine Massenabschiebung in den Irak plant auch Schweden. Sie hätte eigentlich am 22.5. stattfinden sollen, wurde aber wegen "Sandsturms" abgesagt. Möglicherweise ist der Grund auch politischer Druck der Bevölkerung im Irak, die ihre Regierung für die Duldung der "erniedrigenden" Abschiebungen kritisiert. Eine Abschiebung aus Belgien in die DR Kongo hat wegen der Kosten Diskussionen ausgelöst. Um einen einzigen Flüchtling rauszuschmeißen, flogen sieben Bullen nach Kinshasa und zurück. Nicht gerade vermittelbar in Zeiten der Sparpakete. Und in Freiburg kämpft eine Bleiberechtskampagne gegen die Abschiebung von bis zu 400 Menschen, v. a. Roma aus Ex-Jugoslawien. In den nächsten Wochen wollen die Behörden 20 Familien mit 91 Mitgliedern rausschmeißen.
In Baia Mare (Rumänien) hat der Bürgermeister erst den Bau einer bis zu zwei Meter hohen Mauer um das Romaviertel angeordnet, jetzt wird die Stadt auch noch "gesäubert" – alle Roma, die diesseits der Mauer im Stadtzentrum wohnen, werden vertrieben. Es handelt sich um die Umsetzung rassistischer Wahlversprechen.
In Australien sitzen zahlreiche Minderjährige als SchleuserInnen in Haft, denen sonstwas versprochen wurde, wenn sie Flüchtlinge z. B. von Indonesien aus mal eben über den Teich schippern. Den Hinterleuten passiert natürlich nix und die Jugendlichen werden teilweise mit fragwürdigen Methoden der "Altersbestimmung" zu Erwachsenen erklärt und landen entsprechend lange in den entsprechenden Knästen.
Neben der rassistischen Demo und den Ausschreitungen gegen afrikanische MigrantInnen Ende Mai in Tel Aviv gab es dort eine ganze Reihe von Übergriffen. Mehrere dunkelhäutige Personen wurden verletzt. Schon einen Monat zuvor waren in Tel Aviv Brandsätze gegen Wohnungen und einen Kindergarten geworfen worden. Die Netanjahu-Regierung reagiert mit dem beschleunigten Bau von Internierungslagern für Flüchtlinge, die nicht abgeschoben werden können, und mit der Ankündigung, 25.000 der 60.000 afrikanischen MigrantInnen, die derzeit in Israel leben, abzuschieben. Ein Politiker der "Nationalen Union" prollte sogar an der Baustelle des Sinai-Grenzzauns rum, man solle alle über den Haufen schießen, die da rüberklettern, egal ob sudanesische Flüchtlinge oder schwedische Touris. Später relativierte er, aus Rücksicht auf irgendwelche Jammerlappen könne man da niemand erschießen, aber man solle GrenzverletzerInnen möglichst lang in den Knast stecken. Der Zaun soll übrigens heuer noch fertig werden.
Der "Europäische Marsch der Sanspapiers und der Migrant_innen" läuft gerade von Belgien nach Frankreich. Er wird ab dem 15.6. noch eine Kurve über Südwestdeutschland und die Schweiz machen, ehe er Anfang Juli beim Europaparlament in Straßburg seine Menschenrechte einfordern wird. Und in Würzburg geht der Hungerstreik der iranischen Flüchtlinge wieder weiter, vier der inzwischen elf Teilnehmer haben sich sogar die Lippen zugenäht (nach dem Motto, es ist alles gesagt, wir haben laut geschrien, aber niemand hat uns gehört). Sie fordern Bleiberecht und eine menschlichere Behandlung von Flüchtlingen in Deutschland. Auch in Dänemark hat es einen Hungerstreik gegeben, über 80 Leute aus Syrien und Iran sowie ein Mensch aus der Türkei wehrten sich damit rund einen Monat lang gegen ihre Abschiebung. Die Hungerstreiks sind vorläufig ausgesetzt, die Proteste gehen aber weiter. Leute aus Syrien können zur Zeit nicht abgeschoben werden, ihre Asylanträge werden aber trotzdem abgelehnt und sie müssen auf unbestimmte Zeit in den Lagern bleiben. Die Behörden hoffen mit dieser Schikane die "freiwillige" Ausreise zu fördern.

AK Flucht & Migration

Platz zum Leben

In Elmshorn ist der Ex-Punktreff "Villa Kunterbunt", der u. a. vom Forte betrieben wurde, ein zweites Mal und diesmal wohl endgültig ausgebrannt; vermutlich wieder Brandstiftung. Den Kulturbetrieb hatte die Villa schon nach dem ersten Brand im Januar 2011 eingestellt, den Mietvertrag gibt's auch nicht mehr. Schade drum.
In Hamburg gab es am Rande eines Festes auf dem Gaußstraßen-Wagenplatz Stress mit den Cops. Weil ein paar Punx nicht bis zum Fest laufen wollten, sondern schon am Altonaer Bahnhof zu grillen anfingen und dabei laut Polizei "die Treppen eines Schnellrestaurants blockiert" haben, gab es letztlich Ungereimtheiten zwischen 60 Bunten (5 verhaftet) und einer ungenannten Anzahl Grüner (3 verletzt). Auf dem Gaußplatz selber, wo 400 Leute feierten, gab's keinen Ärger.
Seit dem 26.5. ist der Südteil des Kottbusser Tors in Berlin von AnwohnerInnen besetzt, die damit gegen Mietsteigerungen und Vertreibung protestieren; die Gegend wurde in den letzten Jahren massiv "aufgewertet", zusätzlich fielen Fördergelder und gesetzliche Schranken für Mieterhöhungen weg, so dass vielen bloß noch der Wegzug bleibt bzw. vom Jobcenter nahegelegt wird. Über Pfingsten hatte das ganze den Charakter eines gemütlichen politischen Straßenfests mit Tee, Keks und Info. Am 1. und 8.6. gab es "Lärmumzüge" mit jeweils mehreren hundert TeilnehmerInnen.
In Warschau wurde im April die Räumung eines Mietshauses durch eine Blockade verhindert. Ein weiterer Räumungstermin ist anberaumt, dagegen wurde am 28.5. vor dem Rathaus und vor einem Restaurant der Vermieterin protestiert. Das Haus, um das es geht, war (wie viele in Warschau) im Krieg zerstört und danach von den Familien der jetzigen BewohnerInnen wieder aufgebaut worden, was in der kapitalistischen Rechtsordnung als sozialistische Enteignung und somit als Unrecht gilt. Das Haus wurde also auf zweifelhafte Weise angeblichen VorkriegsbesitzerInnen zugesprochen und dann zum Schleuderpreis an die jetzige Besitzerin weiterverkauft. Und mit diesem Weiterverkauf ist auch jeder Zweifel an den "AlteigentümerInnen" erledigt, denn jetzt gilt für die neue Besitzerin der "Vertrauensschutz". Die Immobilienmafia ist in Warschau in den letzten Jahren aufgrund dieser Rechtslage sehr reich geworden.
Gegen die drohende Räumung des Frankfurter IvI protestierten am 30.5. 80 Leute vor der hessischen Landesvertretung in Berlin. In der Nacht zum 7.6. wurden dann Objekte der räumungsbetreibenden Firma Franconofurt gebuntet. Bereits geräumt wurde am 30.5. trotz einer einstweiligen Verfügung des Obersten Gerichtshofs das besetzte Haus São Lázaro in Lissabon. Dafür wurde am 8.6. in Krefeld die leerstehende Werkkunstschule von einer Arbeitsloseninitiative besetzt, um dort Werkstätten und Ateliers einzurichten.
Dem Passauer AZ ZAKK wurde gekündigt, weil in die Wohnungen darüber neue MieterInnen eingezogen sind und es denen zu laut ist. Und das Dresdner RM16 darf keine Veranstaltungen mehr machen, weil das Bauamt auf Anregung des LKA die Eignung der Räumlichkeiten dafür geprüft und verneint hat.
Am 1.6. protestierten in Bern 15.000 Leute oder auch viel mehr mit einer Nachttanzdemo gegen Einschränkungen im öffentlichen Raum, insbesondere gegen Auflagen für die Reitschule. Also eigentlich war das ganze als Demo gedacht, allerdings war die Altstadt einfach komplett voll mit Leuten, so dass es eine stationäre Kundgebung wurde, weil man nirgendwohin laufen konnte. In Dresden gab's am folgenden Abend eine ähnliche Demo, die konnte dank nur 200 TeilnehmerInnen auch wirklich laufen und wurde von der Polizei mit 30 Wannen und 180 Cops begleitet.
Und in Dijon wurde der selbstverwaltete Raum der Tanneries am 2.6. von einem halben Dutzend Bullenwannen und anderen Anti-Kriminalitäts-Brigaden umstellt, um ein Alleycat-Spiel zu verhindern, eine Art Orientierungslauf per Fahrrad, das angeblich von den Tanneries aus starten sollte. Sogar der Departements-Direktor für öffentliche Sicherheit bequemte sich samt Gefolge vor Ort zu erscheinen, um zu verkünden, dass der Präfekt jegliche Form von Alleycat verboten habe.

AK Bauen & Besetzen

Gefechtsübungen

In Tallinn (Estland) fand am letzten Mai-Wochenende ein Natotreffen statt. Von einem gleichzeitig stattfindenden anarchistischen Ostsee-Treffen beteiligten sich 50 Leute an zwei Demos dagegen, wovon die erste ungenehmigt war; Ärger gab's trotzdem keinen.
In den "EU-Battlegroups" sollen ab dem 1.7. wieder mehrere hundert SoldatInnen des "neutralen" Staates Österreich für Kommandoeinsätze des EU-Rats bereitstehen. Das Kommando hat ein Deutscher und die Truppe kann sowohl außerhalb als auch innerhalb der EU eingesetzt werden. Falls zufällig irgendwo ein Sparpaket nicht mit friedlichen Mitteln durchgesetzt werden kann...
Der öffentliche Druck scheint zu wirken: Die Lieferung von Leopard-Panzern an Saudi-Arabien kommt ins Wackeln. Nach der Ankündigung von Aktionen zivilen Ungehorsams gegen Produktionsstätten z. B. in Friedrichshafen hatte in den letzten Wochen ein öffentliches Outing der EigentümerInnen von Krauss-Maffei-Wegmann für Bewegung gesorgt. Da der Deal offenbar legal war, wurde eine Belohnung von 25.000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zur Verurteilung der EigentümerInnen wegen irgendeiner Straftat führen – Geldwäsche, Steuerhinterziehung oder was auch immer. Die Betroffenen haben jetzt für den 17.6. eine geheime Krisensitzung vereinbart, auf der sie die Situation diskutieren wollen. Angeblich sind viele von ihnen dafür, das Geschäft platzen zu lassen.
In Hannover haben militante KriegsgegnerInnen nicht darauf gewartet, dass andere das für sie tun, und in einem Bundeswehr-Versorgungszentrum am 6.6. dreizehn Fahrzeuge abgefackelt. Im Begleitschreiben heißt es: "Vielfältiger Widerstand bedeutet markieren, blockieren, sabotieren. Krieg wird nur aufgehalten, wo er erdacht, geplant und koordiniert wird, im Herzen der Bestie. Was wir hier sabotieren, kann woanders keinen Schaden anrichten."
Der Krieg wird nicht nur geplant und erdacht, sondern auch geübt. Dazu hat die Bundeswehr zwischen Magdeburg und Salzwedel das sogenannte Gefechtsübungszentrum (GÜZ) Altmark. Auf 233km² proben dort alle Einheiten, die ins Ausland geschickt werden sollen, in nachgebauten Dörfern mit SchauspielerInnen. Heuer soll mit dem Bau einer ganzen Gefechtsübungsstadt mit Slums, Industriegebieten und U-Bahn begonnen werden, um die Eroberung von Städten noch realistischer üben zu können. Das GÜZ ist übrigens eine private Dienstleistung von Rüstungskonzernen wie Rheinmetall. Dagegen gibt es Widerstand, im Sommer soll dort ein antimilitaristisches Camp gegen Krieg, Kolonialismus und den ganzen Rattenschwanz stattfinden; Infos unter warstartsherecamp.org.

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Besetzte Begriffe

Nachdem davon auszugehen ist, dass nicht jede der 1430 Festnahmen auf den Frankfurter Blockupy-Tagen legal war, lädt der EA dazu ein, juristisch dagegen vorzugehen. Betroffene sollen sich unter 0160- 95 65 74 26 melden. Im Zusammenhang mit diesen Aktionen hatte die Zecke übrigens recherchiert und nix mehr gefunden, so dass hier zu lesen war, das Occupy-Camp vor der EZB sei das letzte seiner Art in Deutschland gewesen. Und kaum steht das auf dem Papier, erfahren wir, dass es gar nicht stimmt, weil es nämlich in Kiel auch noch eins gab. Von dem erfahren wir allerdings bloß deshalb, weil es am Morgen des 27.5. angezündet und weitgehend zerstört wurde. Soll aber wieder aufgebaut werden.
In Berlin demonstrierten 150 Leute von der Occupy-Bewegung am 8.6. vor dem Reichstag gegen den Euro-Rettungsschirm. Die NPD beteiligte sich am Rande mit 15 Leuten und wurde ausgegrenzt, was aber (auch dank der rechten Splittergruppen auf der Demo) nicht konsequent durchgezogen wurde.
Das Occupy-Camp in der Pufferzone zwischen Nord- und Südzypern ist geräumt. Schon am 6.4. waren die Cops in das besetzte Haus eingedrungen, das zum AZ hergerichtet worden war. Anschließend stellten die OccupantInnen fest, dass die Pigs sogar den Sandsackwall innerhalb des Gebäudes, den sie 40 Jahre nach dem Bürgerkrieg entfernt hatten, mit neuen Säcken wieder aufgebaut hatten. Am 12.5. wurde das Gebäude trotzdem wiederbesetzt und ein Frühlingsfest gefeiert; danach herrschte in der "Toten Zone" wieder das lustige Leben wie schon den ganzen Winter. Aber das darf natürlich nicht sein. Auf Zypern herrscht Bürgerkrieg, griechisch- und türkischsprachige EinwohnerInnen müssen sich hassen und nicht zusammen Partys feiern, zelten und Häuser besetzen. Also wurde das ganze Gelände wieder geräumt. Ende Mai war das AZ verbrettert und die Straße, auf der das Camp stand, mit Gittern abgesperrt. Symbolisch für den Geisteszustand der Herrschenden. Die tote Zone muss tot bleiben.

Revolutionsqualitätskontrolle

Umweltaktivismus

Fünf UmweltaktivistInnen haben am 24.5. in den USA einen Kohlefrachter geentert, um gegen Umwelt- und Gesundheitsschäden durch den Tagebau zu protestieren. Und am russischen Olympia-Austragungsort Sotschi wird die Baustelle für ein Heizkraftwerk von UmweltschützerInnen blockiert, das gibt bestimmt auch noch Ärger.
Radioaktiver Schrott aus dem AKW Obrigheim ist Ende Mai/Anfang Juni per Schiff ins "Zwischenlager Nord" (Lubmin/Ostsee) transportiert worden. Er soll dort zerlegt und anschließend wieder zurückgebracht werden. Der Strahlenfrachter wurde unterwegs mehrmals von UmweltaktivistInnen gestoppt, die Transparente oder auch sich selbst von Brücken hängten. Außerdem gab's zahlreiche Mahnwachen entlang der Strecke.
Die japanische Regierung will ihren stillgelegten AKW-Park wieder flottkriegen. Seit Fukushima sind nach und nach sämtliche japanischen Atomkraftwerke abgeschaltet worden. Sie müssen nämlich vorschriftsmäßig einmal pro Jahr in Revision, und für das Wiederanfahren ist eine Genehmigung der Kommune nötig – früher eine Formalität, aber seit Fukushima hat sich das kein Stadrat mehr getraut. Jetzt hat Premierminister Noda beschlossen, das Wiederanfahren von zwei Reaktoren in Ohi (Präfektur Fukui, Westjapan) einfach anzuordnen; es gibt Proteste. AKW-GegnerInnen weisen darauf hin, dass die Erde in Japan seit dem Megabeben von Fukushima nicht mehr zur Ruhe gekommen ist und aktive Zonen auch in der Gegend von Ohi liegen, möglicherweise sogar direkt unter dem AKW-Gelände.
Auch sonst gibt's wieder einige radioaktive Schweinereien zu vermelden. Die australische "Umweltschutzbehörde" hat Pläne für eine neue Uranmine in Westaustralien gutgeheißen, die Aborigines sind sauer, aber die Regierung wird das Teil jetzt wohl genehmigen. Und die Räumung des absaufenden Atomklos Asse steht wieder auf der Kippe, die wird nämlich von der Regierung immer weiter rausgeschoben (die Rede ist schon von Jahrzehnten), und gleichzeitig werden wieder mal Pläne ins Spiel gebracht, die strahlende Deponie gleich komplett zu fluten.

Die Hippietante

Ausgeheilt

200 Nazis wollten am 1.5. in Bautzen demonstrieren, 500 Leute standen ihnen ein bisschen im Weg, es blieb aber bei gelegentlichen Umwegen. Drei Faschos gingen wohl aus Rache am nächsten Tag auf das Linken-Büro in Hoyerswerda los, wurden aber erwischt. Ganz gescheitert ist die Nazidemo in Weimar, die aus organisatorischen Mängeln gar nicht starten konnte, und eine daraufhin versuchte Ersatz-Spontandemo in Erfurt. Den Versuch, die blockierte Maidemo in Neumünster einfach am Samstag drauf nachzuholen, mussten die Faschos ebenfalls knicken, 800 Leute demonstrierten sicherheitshalber trotzdem dagegen. Mit 0,7% blieb die NPD tags darauf bei der schleswig-holsteinischen Landtagswahl auch gleich unter der Grenze für die Wahlkampfkostenerstattung. Ätsch.
In Rostock, Anklam und Greifswald gab's in der Nacht auf den 4.5. gleich bei einer ganzen Reihe von linken Vereinshäusern u. ä. Glasbruch, Buttersäure und gesprühte Faschoparolen. Am 5. war dann in Leinefelde (Thüringen) NPD-Heimattag, 200 Antifas und zahlreiche "Bürgerliche" demonstrierten dagegen bei absolutem Naziwetter.
In Bayern wird auch der Staat mal aktiv gegen Nazis. Der Landtag will das "Freie Netz Süd" verbieten lassen, und in München wurden Anfang Mai 31 Wohnungen mutmaßlicher Mitglieder der damit zusammenhängenden "Jagdstaffel DST" durchsucht, wobei zahlreiche Waffen gefunden wurden. Bei den Nazi-Razzien ("Old Brothers") vor einem Jahr in Hessen wurden übrigens (wie jetzt so langsam durchsickert) sogar Waffen gefunden, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, darunter ein MG.
In Erfurt demonstrierten am 9.5. gut 250 Leute gegen einen Sarrazin-Auftritt in der Alten Oper, den sich 600 Leute gaben. Der Typ hat ja mal wieder ein Buch geschrieben, in dem er ein bisschen über die Eurokrise sülzt, über Griechen goscht und einmal das Wort Holocaust verwendet. Wahrscheinlich will er auch noch Euros dafür. Vor der Oper gab's Flyer und Proteste, drinnen gingen nach einer Weile verschiedene ziemlich laute Alarmanlagen los, die umständlich entfernt werden mussten. Zuletzt fand sich auch noch Sekundenkleber in den Schlössern.
In der gleichen Nacht wurde außerdem in Stuttgart ein Haus der rechtskonservativen Piusbrüder aus Protest gegen einen von diesen veranstalteten Vortrag eines Rechtspopulisten gebuntet.
In Leipzig wurden wieder mal Wachleute als Nazis geoutet. Von der Einstellung her soll's das ja öfters geben, aber wenn sich's um organisierte Nazis handelt, die auf die Tour am Ende sogar noch an Waffen kommen, ist das doch nochmal eine andere Nummer. Bereits im Januar war der Connewitzer Netto von sieben Vermummten überfallen worden, die jedoch nicht die Kasse mitnahmen, sondern dem Wachmann eins mitgaben, der aktiver NPDler war. Er wurde übrigens anschließend gefeuert.
Gnadenlos untergegangen ist die NPD am 11.5. in Cottbus mit ihren zwei Infoständen. Der erste beflyerte versehentlich Antifas und endete daraufhin sehr schnell aus Angst vor Unannehmlichkeiten, und daraufhin wurde der zweite gar nicht erst aufgebaut. Stattdessen gab es eine spontane Antifa-Demo. Die NPD-Demo am folgenden Tag hatte mehr Polizeiunterstützung. Trotz insgesamt neun Sitzblockaden gelang es den 700 GegendemonstrantInnen letztlich nicht, die 100 Nazis aufzuhalten, warten und Umwege laufen mussten diese allerdings öfters, so dass sie nur die Hälfte ihrer Strecke schafften, obwohl der ganze Spuk fünf Stunden dauerte. Abseits des Geschehens wurden einige Menschen von Schlägerfaschos verletzt, außerdem gab es Übergriffe von PolizistInnen auf friedliche SitzblockiererInnen und von Naziordnern aufs Nazifußvolk. In Siegen überfielen außerdem vier Vermummte einen Israel-Propagandastand, zwei der rechtsradikalen Täter wurden erwischt.
Am 16.5. demonstrierten in Berlin-Dahlem 50 Leute gegen einen Nazianwalt, am 18. in der Bremer Bahnhofsvorstadt 80 gegen einen brutalen rassistischen Übergriff. Am gleichen Abend veranstaltete die rechtsradikale Danish Defence League (eine schlechte Kopie eines schlechten englischen Vorbildes) ein Fest in ihrem Clubhaus in Bov an der deutschen Grenze. Zuvor versuchten noch 40 von ihnen, ein islamisches Kulturhaus in Horsens anzugreifen, wurden aber von der Polizei auf Abstand gehalten.
Die Faschos, die einer Punkband in Burgstädt bei Chemnitz den Proberaum angezündet haben, sind mit Bewährung und Geldstrafen davongekommen. Den Sachschaden von 25.000€ soll einer der Nazis in 70-Euro-Monatsraten abzahlen, so dass sich die Band in 30 Jahren eine neue Ausrüstung kaufen kann. Dafür wurde der schwarze Farmarbeiter, der in Südafrika den Neonazi Eugène Terreblanche erschlagen hat, wegen Mordes verurteilt. Motiv sei nicht die Politik gewesen, sondern nicht gezahlter Lohn und sexuelle Übergriffe.

AK Antifa

Kampf gegen Krieg

Die Proteste gegen die Zerstörung des Dorfes Gangjeong auf der Insel Jeju (Südkorea) für den Bau eines Marinestützpunkts gehen weiter. 94% der BewohnerInnen hatten gegen das Projekt gestimmt, 1000 Cops nahmen 500 EinwohnerInnen einfach mit; einige davon sitzen jetzt für länger im Knast. Dennoch gibt es eine Initiative, die fordert, dass Jeju eine entmilitarisierte Friedensinsel wird.
Die Bundesmarine und weitere Seestreitkräfte bekamen beim Hamburger Hafengeburtstag vom 9.-13.5. wieder mal unkritisch ein Podium für ihre Kriegspropaganda geboten, der Marinehubschrauber ist natürlich nur für die Seenotrettung da, das Marineorchester spielt doch so schön usw. AntimilitaristInnen sorgten mit Plakaten, Aufklebern und Transpis rund ums Hafengelände erst mal für sichtbare Gegenpositionen, am Samstag wurden einzelne Bundeswehrfahrzeuge blockiert und verjagt, und am Sonntag gab's für das Marinemusikkorps Begleitung auf Tröten und Trillerpfeifen, während sich in die große Hafengeburtstags-Auslaufparade eine Barkasse mit antimilitaristischen Transpis einschmuggelte und so die große Show ein wenig konterkarierte.
Etwas vehementer wurde der Natogipfel in Chikago zum Thema Afghanistan am 20./21.5. kritisiert. Am Samstag zuvor demonstrierten 3000 Leute dagegen, obwohl sich die Polizei schon die ganze Woche mit massiven Übergriffen, überfallartigen Hausdurchsuchungen usw. redlich (aber nicht unbedingt gesetzeskonform) bemüht hatte, jeglichen Widerstand zu zerschlagen.
Der Export deutscher Kampfpanzer nach Saudi-Arabien ist immer noch nicht vom Tisch. Die Aktionskunstgruppe "Zentrum für politische Schönheit" hat jetzt zu einem radikalen Mittel gegriffen: Auf die EigentümerInnen des Panzerkonzerns Krauss-Maffei-Wegmann setzt sie 25.000 Euro Kopfgeld aus. Die Prämie gibt's für Hinweise, die dazu führen, dass eineR von 19 namentlich genannten HauptanteilseignerInnen ins Gefängnis wandert. Der Clou: Nachdem es anscheinend nicht verboten ist, einem autoritären Regime Waffen für die Unterdrückung von Freiheitsbewegungen zu liefern, sollen die KopfgeldjägerInnen eben schauen, ob sie jemand von denen nicht irgendwas anderes nachweisen können, das eher bestraft wird – Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder sonstige Wirtschaftskriminalität könnten sich als heiße Tips erweisen. Infos sind auf 25000-euro.de zu finden.
Und auf Zypern bildet sich gerade ein internationales antimilitaristisches Netzwerk. Die antiautoritäre griechisch-zypriotische SchülerInnen- und StudentInnengruppe Skapoula lädt Kollektive mit ähnlichen Idealen aus der ganzen Region dazu ein, Widerstand gegen Nationalismus und die kriegerische Durchdringung aller Lebensbereiche auf Zypern, in Griechenland und der Türkei zu leisten. Erst mal soll es eine gemeinsame Erklärung geben und ab Juni sind koordinierte Aktionen geplant.

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Frankfurt belagert

Die Occupy-Bewegung hat sich mal wieder lautstark zu Wort gemeldet. Zunächst fand zum Jahrestag von "M15", dem Start der Platzbesetzungen in Spanien, ein internationaler Aktionstag statt, zu dem in über 1000 Städten Hunderttausende auf die Straßen gingen. In Spanien selbst gab es zahlreiche Platzbesetzungen, von denen sich aber nur eine einzige (in Barcelona) halten konnte, der Rest (Madrid, Valencia...) wurde von der Polizei aufgelöst. In London kam es zu Zusammenstößen, in Berlin gab es einen Sternmarsch, der ebenfalls in eine Platzbesetzung münden sollte, was aber durch ein entsprechendes Polizeiaufgebot und das Verbot der Abschlusskundgebung verhindert wurde (na gut, der Großteil der 5000 TeilnehmerInnen war auch einfach zu brav für irgendwas nicht ganz Erlaubtes).
In Frankfurt fanden in der folgenden Woche unter dem Motto "Blockupy" Aktionstage statt. Kernidee war eine Blockadeaktion am Freitag im Bankenviertel rund um die Europäische Zentralbank als symbolisches Zentrum der EU-Finanzpolitik, die die Eurokrise mit rigiden Sparprogrammen auf Kosten der Ärmeren zu lösen versucht und in Staaten wie Griechenland bereits Züge eines Kolonialregimes annimmt. Die Aktionstage und alle drei Dutzend angemeldeten Veranstaltungen wurden "natürlich" von den Behörden samt und sonders verboten, nicht mal die "Ordensleute für den Frieden" sollten ihre Mahnwache durchführen dürfen. Gerichtlich konnte das totale Veranstaltungsverbot immerhin auf Donnerstag und Freitag eingegrenzt werden, so dass insbesondere die Abschlussdemo am Samstag erlaubt wurde.
Ebenfalls gerichtlich gekippt wurden die 419 präventiven Aufenthaltsverbote, die die Polizei insbesondere an Leute verschickt hatte, die rund um die Demo zur EZB-Baustelle am 31. März kontrolliert worden waren. Interessant dürfte noch werden, wieviel von den Verfahrenskosten an der zuständigen Frankfurter Wache hängenbleibt. Nach der Aufhebung der ersten gut 25 Stadtverbote erklärten die Cops, die übrigen würden "nicht durchgesetzt", woraufhin alle Betroffenen aufgerufen wurden, trotzdem noch per Eilantrag Widerspruch einzulegen, um die Kosten für die Cops in die Höhe zu treiben. Die reagierten allerdings schnell und widerriefen dann doch noch sämtliche Stadtverbote auch offiziell. Das alles hinderte sie aber nicht daran, während der Aktionstage massenhaft neue zu verteilen.
Im Vorfeld trieb dann erst mal eine pro-kapitalistische Aktion die Messlatte für die Beteiligung der anderen Seite gewaltig in die Höhe. Am Samstag, 12. Mai gab's nämlich in einem Frankfurter Einkaufszentrum eine Bombendrohung, so dass es komplett geräumt werden musste – betroffen waren 35.000 Leute! Am Abend demonstrierten dann in Darmstadt 100 Antifas mit einer Tanzdemo gegen die Repression, am Montag 300 in Frankfurt selbst.
Der hessische Verwaltungsgerichtshof dehnte das Veranstaltungsverbot sogar nochmal auf den Mittwoch aus. An der Rave-Demo am Mittwochabend beteiligten sich trotzdem 700 Leute, die Cops ließen sie aber nicht laufen, so dass sie mehrere Stunden lang vor dem Hauptbahnhof raveten, bis sie aufgelöst wurden. Außerdem wurde am Mittwoch das Occupy-Camp vor der EZB geräumt (das letzte seiner Art in Deutschland, das sich seit dem Aktionstag vergangenen Oktober gehalten hatte), weil es der geplanten Sperrzone rund um die Bank im Weg stand. Die BewohnerInnen und viele solidarische Menschen leisteten gewaltfreien Widerstand, d. h. sie ließen sich wegtragen; die Polizei war nicht ganz so gewaltfrei. Lustige optische Effekte besonders auf den Uniformen ergaben sich dadurch, dass viele der BesetzerInnen sich eigens für die Räumung in mit weißer Farbe gefüllte Planschbecken setzten.
Die meisten BlockiererInnen wollten am Donnerstag anreisen. Die Polizei stoppte am Morgen zwei Busse aus Hamburg, drei aus Berlin sowie weitere aus Italien und Griechenland. Es gab Stadtverbote bis einschließlich Sonntag, also sogar für die erlaubte Abschlussdemo. In der Stadt war zunächst ein Treffpunkt um 12 Uhr am Hauptbahnhof angesagt, die Polizei war aber auch da, was Meinungsverschiedenheiten gab. Eine zweite Demo ging von der Uni aus, hatte aber auch bloß 200 Meter bis zum Kessel. Es folgten mehrere ziemlich chaotische Demos mit meist mehreren hundert Leuten, viele Kleinaktionen und die Errichtung eines Zeltlagers auf dem Römerberg, das jedoch letztlich ebenfalls geräumt wurde. Teilnehmerzahlen sind schwer zu schätzen, es müssen aber mehrere Tausend gewesen sein.
Das Kapital verkündete großmächtig, dass ihm das alles am Arsch vorbeigeht, im Kleingedruckten rieten allerdings die Großbanken ihren MitarbeiterInnen, nur getarnt in die Innenstadt zu gehen. Eine EZB-Sitzung wurde verlegt, die Deutsche Bank schickte ihre HändlerInnen nach Mannheim und die Commerzbank machte für den Rest der Woche gleich ganz dicht. Die meisten Banken schickten ihre einfachen Angestellten schon ab Mittwoch in den Zwangsurlaub, die Chefs wurden an "geheime Orte" ausgelagert. Von wegen Normalbetrieb. Was die DemonstrantInnen nicht dicht bekamen, blockierte sowieso die Polizei...
Am Freitag, dem eigentlichen Blockadetag, verschärfte sich das Chaos aus Spontandemos, Kesseln und Einzelaktionen noch. Bereits ab dem frühen Morgen versuchten Tausende, in das Bankenviertel zu gelangen. Bis zu 2000 Leute waren in einer Demo vom Hauptbahnhof aus unterwegs, zahlreiche weitere versuchten irgendwie ins Blockadegebiet einzusickern. Mehrere Hundert schafften es bis vor die EZB. Die Polizei brauchte sogar die Wasserwerfer. Irgendwie wurde in Frankfurt-Hausen eine Sparkasse beschädigt und in der Insterburger Straße ein Bundeswehrstandort mit 40 Farbflaschen und einer Parole markiert, in Sachsenhausen dagegen fand vor der Deutschen Bank eine Protestaktion gegen Lebensmittelspekulation (mit 200 Leuten) statt. Parallel dazu entwickelte sich das totale Chaos in den Gefangenensammelstellen, wo beispielsweise mal eben 15 Wannen BFE einreiten mussten, um den Widerstand von Festgenommenen zu brechen, die sich nicht knipsen lassen wollten. Insgesamt zählte der EA in der ganzen Aktionswoche 1420 Ingewahrsamnahmen, die Polizei bot bis Freitagabend 600.
Zur Abschlussdemo am Samstag kamen dann 30.000 Leute zusammen (die Polizei gab zwischenzeitlich bis zu 25.000 zu, die offizielle Mediensprachregelung lautete "mehrere Tausend" – na, 30 sind schließlich auch mehrere, oder?). Die Polizei beschränkte sich hauptsächlich darauf, einen Teil der Demo zu nerven, den sie als schwarzen Block bezeichnete, die CSU soll jedoch angeblich dementiert haben, überhaupt vor Ort gewesen zu sein.
Zahlreiche Soliaktionen fanden auch außerhalb Frankfurts statt. In Eschborn wurden am Freitag Börse und Deutsche Bank blockiert, in Offenbach demonstrierten am Abend 300 Leute. In Venedig wurde das deutsche Konsulat stundenlang besetzt (77 Leute festgenommen, aber alle am späten Abend wieder frei) und in Rom die Straße vor der deutschen Botschaft (über 100). Weitere (meist sehr spontane) Demos und Aktionen gegen die Repression gab es am Freitagabend in Leipzig (über 100), Dresden (10), Magdeburg, München, Berlin, Köln, Rom, Neapel, Mailand und Mantua, am Samstagnachmittag dann nochmal in Berlin (100), Hamburg (80) und Gießen (65, die mal kurz vom Pestpocken-Festival loszogen) sowie am Sonntag in Potsdam.
Und in Bangkok wurde am 19.5. zum Gedenken an die Niederschlagung des Rothemden-Aufstands ein Geschäftsviertel von Tausenden DemonstrantInnen besetzt, das war offensichtlich kein Problem und es gab auch keine Berichte über Repression. Unglaublich, die Zustände in diesen Bananenrepubliken.

Das Wienerle

Reichtum, Verelendung und Widerstand

Der antidemokratische Schweinsgalopp kommt nun doch ins Stocken. Der "Fiskalpakt", also die unkündbare Verpflichtung sämtlicher EU-Länder zur gnadenlosen Haushaltsdisziplin bis in alle Ewigkeit, ist nach der Abwahl der einen Hälfte von Merkozy von den Tagesordnungen der Parlamente verschwunden. Nur BRD-Präsident Gauck meint, da sei schon nix mehr dran zu ändern und das Bundesverfassungsgericht würde dieses Teil auch nicht mehr stoppen, weil es ja nicht die Politik der Regierung konterkarieren könne – interessant, was so ein ehemaliger Freiheitsheld den RichterInnen so für Vorschriften machen möchte.
In Italien hat die Monti-Regierung inzwischen einige radikale Einschnitte in Arbeits- und Sozialrecht geschafft, die schon die Berlusconi-Regierung geplant hatte, aber gegen den Widerstand von Gewerkschaften usw. nicht durchbekam. Offenbar pennen die jetzt alle, wo das schöne Feindbild weg ist.
Keine Wahl hatte das Volk in Griechenland und dann hat es auch noch falsch gewählt. Die bisher großen Parteien (Konservative/Sozis), die bisher die Politik mit ihrem Wechselspielchen dominiert hatten, bei dem immer die eine regiert und den ganzen Mist durchgesetzt und die andere pathetisch dagegen gemeckert hatte, sind diesmal gemeinsam untergegangen. Trotz entsprechender Befürchtungen haben die rechtsradikalen Parteien davon kaum profitiert, die Nazibewegung Chrysi Avgi hat zwar fast 7% bekommen, dafür hat die etwas weniger radikale Laos kräftig verloren und scheitert knapp an der 3%-Hürde. Großer Gewinner war ein Linksbündnis, so dass es ein Patt und Neuwahlen gibt. Übrigens gibt's im griechischen Wahlrecht noch eine Besonderheit, die eigentlich für stabile Mehrheiten sorgen soll: Die stärkste Partei kriegt 50 Sitze extra. Das waren diesmal knapp die Konservativen. Vorsorglich wurde schon mal klargestellt, dass die linke Liste Syriza, die nur zwei Prozent schwächer war, diesen Bonus nicht kriegen kann, weil sie ein Parteienbündnis sei.
Erste direkte Folge der Wahl war übrigens, dass der Ölpreis fiel (wegen der schlechteren Wirtschaftsprognosen). Die Bildzeitung, die sonst immer so auf dieses Thema abfährt, hat den GriechInnen allerdings nicht für den billigen Sprit gedankt.
Am Vortag der Wahlen demonstrierten in Berlin an die 150 Leute ihre Solidarität gegen das Spardiktat, und eine Woche danach brannte in Potsdam vor der Haustür des Chefs der EU-Griechenland-Task-Force ein Auto. Das gehörte allerdings seiner Frau.
In Bolivien wurden mit einem 72-stündigen Generalstreik eine Erhöhung des Mindestlohns und die Durchsetzung des 8-Stunden-Tags u. a. im Gesundheitswesen gefordert. Und in Bremen-Gröpelingen demonstrierten 50 Leute von anarchosyndikalistischen und antifaschistischen Gruppen gegen die Leiharbeitsmesse im EKZ Waterfront; sie verteilten Flyer an die BesucherInnen.
Die Facebook-EigentümerInnen zeigen Euch derweil, wie das geht mit dem Geldverdienen. Sie haben einen Teil ihres Ladens in Form von Aktien verkauft. Diese Firma macht zwar bloß 1/10 des Gewinns von Google, ihr Aktienwert war dafür 10x so hoch. Ergibt zusammen, dass die Facebook-Aktien im Verhältnis zu den Google-Aktien hundertfach überteuert waren, wobei sich schon die Google-Aktien als überteuerter Internetblasenhype herausgestellt hatten. Ein paar Leute sind jetzt stinkreich geworden und ein Haufen Leute schaut in die Röhre. Und warum das Ganze? Ganz einfach, seriöse Anlagemöglichkeiten gibt's in diesen Krisenzeiten sowieso keine, drum lassen sich die Leute jeden Schmarrn andrehen.
Nachdem ja die Frau Timoschenko gar nicht will, dass Ihr die EM boykottiert, fordern Euch anarchistische StudentInnen trotzdem dazu auf, weil sie ihre Wohnheime räumen müssen, um Platz für Fans zu machen. Weitere Gründe sind die Tötung von Straßenhunden (oft mit Gift, das auch von Haustieren gefressen wird, die gar nicht gemeint waren), die Ausbeutung auf den EM-Baustellen und die Zerstörung von Parks und historischen Objekten für diese Bauten.

Der Sozialdetektiv

Ja Mai...

Einige Berichte von Maidemos erreichen die Zecke erst mit Verzögerungen. In Carrara (Italien) beteiligten sich mindestens 500 Leute an einer anarchistischen Maidemo, in Paris fast 2000, in Kiew mehrere Hundert, und sogar in der armenischen Hauptstadt Eriwan gab es eine anarchistische, antikapitalistische Demo.
In New York fühlte sich der 1. Mai nach einem Dreivierteljahr Occupy irgendwie anders an. Zehntausende kamen auf die Demo und auch rundherum passiert viel mehr als früher an Protest, Aktion und unabhängigem Denken. Und natürlich gab's US-weit Besetzungsversuche und Dutzende Verhaftungen.
In Marokko nutzten MigrantInnen den 1. Mai, um Papiere und gleiche Rechte für alle zu fordern und gegen Rassismus zu protestieren. Viele von ihnen wollten ursprünglich weiter Richtung Europa, blieben aber an den Grenzen und somit in Marokko hängen, wo sie jedoch auch nach langjährigem Aufenthalt oft nur rechtlose BilligsklavInnen sind. Entsprechende Kundgebungen gab es in Casablanca und Salé, und in Rabat beteiligten sie sich an der Großdemo der Gewerkschaften ("Großdemo" sind da allerdings bloß 500 Leute).
In Amsterdam gab's von der Polizei für die Anarch@s gleich eins auf die Mütze und 23 Festnahmen, weil dort kürzlich Vermummungen und hölzerne Transpistangen verboten worden waren. In Istanbul gab es erst zwei Wochen nach der Maidemo eine Razzia v. a. gegen AnarchistInnen mit 60 Festnahmen; 15 Leute wurden später HaftrichterInnen vorgeführt, die neun davon wegen Verdachts auf Sachbeschädigung bzw. Erregung öffentlichen Ärgernisses in U-Haft schickten; die anderen 51 sind also erst mal raus. Am 18. protestierte ein solidarisches Dutzend vor der türkischen Botschaft in Berlin.
In Montevideo/Uruguay gab es eine gemeinsame Aktion verschiedener anarchistischer Strömungen und eine anarchosyndikalistische Maiaktion gegen die offizielle (regierungstreue) Gewerkschaftspolitik. Wegen einer dabei angeblich begangenen Sachbeschädigung wurde David Lamarte, ein alter Anarchopunk, im Schnellverfahren verknackt, das Strafmaß kann noch zwischen drei Monaten und drei Jahren festgelegt werden. Bei Redaktionsschluss lief dort eine Solidemo für ihn.
Zum Tag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai gab's in Lübeck eine abendliche Spontandemo mit Soundsystem. Nach einer halben Stunde versuchte die Polizei, sie zu stoppen, und griff schließlich zu Gewalt. Die meisten TeilnehmerInnen konnten flüchten, nur fünf wurden abgegriffen, die Cops sammelten aber auf blöd noch 16 weitere Leute im Stadtgebiet ein, denen sie vorwarfen, dabeigewesen zu sein. Einigen Festgenommenen wurde Zeug wie z. B. Halstücher ("Vermummungsgegenstände") untergeschoben, einer stellte dagegen nach seiner Freilassung fest, dass sein Geld fehlte.
In Weißenburg gab's einen Gedenkakt auf dem Russenfriedhof, in Brandenburg gab es einige Kranzniederlegungen mit je 20 Antifas; offizielle Veranstaltungen waren nicht viel größer. In Gießen gab's einen antifaschistischen Spaziergang mit knapp 40 Leuten und in Demmin feierten 500 Menschen gegen 200 trauernde Verliererfaschos, 100 setzten sich ihnen aktiv in den Weg. Weitere Befreiungsdemos gab's dann am folgenden Samstag, als z. B. in Siegburg 100 Leute demonstrierten (wobei die Bullen dort um vier Uhr früh die anschließende Party im Juz sprengten).
Frustrierte Faschos waren am 8. Mai auch in Eriwan unterwegs, zwei von ihnen griffen frühmorgens den DIY-Club mit Brandsätzen an. Die Feuerwehr behauptete zunächst, das Feuer sei durch einen Kurzschluss entstanden, allerdings zeigte die Überwachungskamera eines benachbarten Ladens überdeutlich zündelnde Klischeeglatzköpfe mit weißen Schuhbändeln. Die beiden wurden verhaftet, Abgeordnete einer nationalistischen Partei zahlten jedoch 80.000 Euro Kaution für sie. Der Club wird von einer Punksängerin und einem Menschenrechtler betrieben, die bei den Aufräumarbeiten prompt erneut von einer fünfköpfigen Gruppe bedroht und bespuckt wurden. Das DIY ist angeblich ein Pfuhl von Homosexualität, Zerstörung der armenischen Kultur und Bedrohung der nationalen Sicherheit. Es existiert seit letztem Frühjahr und wird seither von NationalistInnen bedroht.
In München versuchten 50 Leute, eine Demo zum Befreiungstag durchzuführen. Allerdings handelte es sich um ein Aufgebot der SDAJ und zehn IsraelfahnenschwenkerInnen, die sich nicht ganz einig wurden, so dass die zwei Nazis, die am Rand noch rumprovozieren wollten, Mühe hatten, überhaupt aufzufallen. Die Befreiung wurde letztlich in zwei getrennten Demos gefeiert, die sich gegenseitig auf den Wecker gingen.
Auch in Berlin kocht dieser Streit um die richtige Israelrezeption weiter. Der Hamburger Laika-Verlag wurde wegen des Buchs "Mitternacht auf der Mavi Marmara", das sich mit dem tödlichen Überfall der israelischen Marine auf die Gaza-Hilfsflotte 2010 befasst, von den "Linken Buchtagen" im Berliner Mehringhof ausgeschlossen. Eine politische Begründung wurde nicht gegeben; offenbar wurde das auch nur von einer einflussreichen Einzelperson im Mehringhof beschlossen. Damit eskaliert der Konflikt zwischen dem sogenannten antinational-antideutschen Lager um Bahamas und Jungle World (das ziemlich nationalistisch und im Grunde auch ziemlich deutsch denkt) und dem Rest der linken Bewegungen weiter; wobei sich die Bahamas schon längst nicht mehr als "links" bezeichnet. Aktuell gibt es Stress um den Bahamas-Kongress, der über Pfingsten an der HU stattfinden soll.

Der Baum

Im Namen des Volkes

Ausländerfeindlicher Populismus rechter Splitterparteien wird ja immer wieder zurecht kritisiert. Blöderweise betrifft das Problem auch die sogenannte Mitte, und zwar nicht nur in Form von Randfiguren wie Sarrazin, der sich ja immer noch Sozialdemokrat schimpfen darf, oder Lafontaine, der sich gelegentlich entsprechende Ausrutscher leistet und trotzdem als Ersatzhoffnungsträger der Linken gilt. Die Einstellung "dem Ausländer eins drauf kommt im Zweifelsfall immer gut" findet sich genauso in Regierung, Behörden und Gerichten.
So wurde gerade erst höchstrichterlich entschieden, dass ein Italiener, der seine achtjährige Stieftochter vergewaltigt hat, nach Verbüßung seiner Haft Deutschlandverbot bekommen kann, obwohl das EU-rechtlich zumindest zweifelhaft ist. Begründung war, er stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. In Italien ist das natürlich nicht der Fall, denn dort gibt's gar keine Achtjährigen. Ähm, Ironie aus, also wenn sie das wirklich glauben, dann müssen sie ihn in Sicherheitsverwahrung nehmen, das ist ja in Deutschland möglich (in den meisten anderen Ländern, einschließlich Italien, gibt's sowas nicht). Selbst wenn sie ihn einfach laufen lassen, können sie ihm irgendwelche Auflagen reindrücken, und hier kennen sie ihn wenigstens schon, so dass sie ihn im Auge behalten könnten. Also rein in der Sache ist die Ausweisung die ineffizienteste Lösung des Falles, aber hier ging's nur darum, im Sinne einer Ausländer-raus-Mentalität einen Präzedenzfall durchzukriegen; der Schutz kleiner Mädchen geht Behörden wie Gerichten offensichtlich sonstwo vorbei.
In einem anderen Fall haben wenigstens die Gerichte die Behörden korrigiert, die einfach mal ausländerfeindliches Zeug verfügen in der Hoffnung, die können sich eh nicht wehren. Statt Hartz IV bekommen nämlich AusländerInnen bisher zumeist bloß freundliche Schreiben, sie könnten sich doch woanders einen Job suchen. Einen entsprechenden Vorbehalt hatte die deutsche Regierung beim Europäischen Fürsorgeabkommen gemacht. Der wurde jetzt von den Sozialgerichten Berlin und Leipzig kassiert. Und gleich geht das Geschrei los, dass hier AusländerInnen überhaupt irgendwas kriegen (soweit sie nicht gerade damit beschäftigt sind, uns die Arbeitsplätze wegzunehmen).
In Griechenland kriegen Flüchtlinge dagegen grundsätzlich garnix, und die daraus resultierende Kriminalität, weil die auch was fressen müssen, ist prima Munition für die Hetze von Naziparteien wie Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte). Wäre natürlich auch ne Möglichkeit, ihnen einfach das Nötigste zum Leben zu geben, aber die Faschos setzen lieber auf Gewalt. Vor einigen Tagen versuchten Chrysi-Avgi-Leute und aufgehetzte AnwohnerInnen, ein ehemaliges Fabrikgelände in Patras zu stürmen, auf dem Flüchtlinge untergekommen waren. Angeblich war zuvor ein Grieche von Afghanen getötet worden. Es kam zu schweren Straßenkämpfen mit der Polizei. Während die anderen Parteien auch kein Rezept gegen die Krise haben, erklären die Nazis einfach, die MigrantInnen wären schuld, und gegen die kann man sehr wohl was machen. Entsprechend häufen sich die gewaltsamen Übergriffe bis hin zu solchen Pogromszenen.
Andere Länder scheinen solche Zustände auch noch vorbildlich zu finden. Niederländische Behörden haben Anfang Mai alle abgewiesenen irakischen AsylbewerberInnen, die nicht freiwillig zurückwollen, aus den Unterkünften geworfen. Die Betroffenen errichteten daraufhin auf einem Stück Brachland in Ter Apel ein selbstorganisiertes Camp, in das auch andere Flüchtlinge zogen, so dass dort schließlich 350 Leute wohnten. Das Rote Kreuz wollte für sie sorgen, bekam das aber "von oben" verboten. Die IrakerInnen bekamen am 22.5. vom Einwanderungsministerium die Erlaubnis, für drei Wochen (bis zum Besuch eines irakischen Ministers) wieder in den Unterkünften zu wohnen. Die anderen 167 (v. a. Somalis und IranerInnen) blieben im Camp, das allerdings am nächsten Tag geräumt wurde. 115 Flüchtlinge, die nicht freiwillig gingen, und zwei holländische SympathisantInnen wurden festgenommen.
Sogar in Israel gab es Ausschreitungen gegen EinwanderInnen: In Tel Aviv gab es diese Woche eine Ausländer-raus-Demo, am Rande wurden wahllos dunkelhäutige Menschen angegriffen.
Am 5.5. demonstrierten in Bern 300 Leute gegen die Asylbunker-Pläne und deren Profiteure. Die Behörden haben der Privatfirma ORS den Hochfeld-Bunker übergeben, um dort Flüchtlinge unterzubringen. 160 Leute, darunter Kinder, leben dort im wahrsten Sinne des Wortes unterirdisch in 40-Personen-Räumen quasi unter Knastbedingungen ohne jede Privatsphäre. In den Niederlanden beteiligten sich tags darauf über 100 Leute an einer Soli-Tour zu drei Abschiebeknästen. Und Belgien schiebt mal wieder nach Afghanistan ab. Ein Betroffener ist seit dem 2.5. in Kabul verschollen, im Brüsseler Abschiebeknast warten noch sieben weitere auf den Flieger. Im Abschiebeknast Merksplas ist am 10.5. ein Aufstand ausgebrochen, 40 Cops rückten ein und knüppelten alles nieder. Fünf Leute wurden als "Rädelsführer" herausgepickt und in Isohaft gesteckt. Über solche "Disziplinarmaßnahmen" kann die Knastleitung übrigens frei entscheiden, juristische Begründung oder gar Widerspruchsmöglichkeiten gibt's nicht.
Widerspruch gibt's dafür im dänischen Flüchtlingslager Sigerslev, wo 18 syrische KurdInnen seit dem 7.5. gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge im Hungerstreik sind. Auch das Würzburger Protestcamp der iranischen Flüchtlinge geht weiter, obwohl drei TeilnehmerInnen gerade ausgestiegen sind. Die anderen sieben fordern immer noch eine Verbesserung der Zustände im Lager.
Am 8.5. demonstrierten in Dresden 130 Leute gegen die Abschiebung einer 22-jährigen Roma und ihres Kindes nach Serbien. Rechtlich war das Ganze zweifelhaft, allerdings hatten die Behörden vorher schon ihren Bruder eine Weile in Abschiebehaft genommen und der Frau einfach gesagt, wenn sie jetzt nicht unterschreibt, dass sie freiwillig ausreist, geht's ihr und dem Kind genauso. Der Abschiebebus konnte längere Zeit blockiert werden, bis die Polizei den Protest aus dem Weg knüppelte; Namen und Dienstnummern hatten sie natürlich wieder mal keine, dafür wird sieben polizeilichen Gegenübern Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen.
Berlin wollte ja eigentlich seinen neuen Großflughafen einweihen und hat dazu am 12./13.5. ein Volksfest veranstaltet. Das interessierte so ziemlich keine Sau, weil es mit der Eröffnung heuer eh noch nicht klappt. Nur die Protestfraktion war anwesend und beschwerte sich mit kreativen Aktionen über den Flughafen-Asylknast, der dort für das "Flughafenverfahren" eingerichtet werden soll, also für den kurzen Prozess, in dem Flüchtlingen noch auf offiziell "internationalem" Gelände sozusagen im rechtsfreien Duty-Free-Raum möglichst schnell der Stempel "unbegründet" verpasst werden soll. Es gab Infostände, Luftballons, Irritationstheater und jede Menge Schikanen und Repression. Am Flughafen Zürich dagegen scheiterte am 15.5. eine Dublin-Ausschaffung nach Ungarn, als in der Abflughalle an die 20 Leute für das Bleiberecht des Betroffenen demonstrierten; die AusschafferInnen bestreiten einen Zusammenhang.

AK Flucht & Migration

Aktivistischer Umweltschutz

Der Atomzirkus ist immer wieder mal mit unvorhergesehenen Schwierigkeiten konfrontiert. Bekannt sind die Blockaden der Mülltransporte, aber viel besser ist es natürlich, zu blockieren, bevor der Müll entsteht. Ein Urantransport aus der Brennelementfabrik Gronau wurde am 7.5. in Münster von über dem Gleis hängenden Personen für acht Stunden gestoppt.
Einen Zirkus gibt's auch um den Atommüll aus dem Forschungszentrum Jülich, der aus der WAA Dounreay zurückkommt. In Jülich ist dafür nämlich überraschenderweise gar kein Platz. Also behalten die SchottInnen den Müll und schicken dafür andere Fässer mit weniger, aber dafür stärker strahlenden Abfällen. Soll alles "erst mal" nach Gorleben. Es rollen also trotz des letztes Jahr verkündeten Endes der Transporte 2014 doch wieder Castoren dorthin.
Gundremmingen B ist nach der Revision wieder am Netz. AnwohnerInnen staunten am 14.5. noch über eine unerwartete Schnellabschaltung des anfahrenden Reaktors, die aber angeblich ein planmäßiger Test war. Wird schon passen.
Am 13.5. sollte in Sagerheide bei Rostock eine Inspektion der Genfelder stattfinden. Gentech-GegnerInnen wollten mal gucken, was da heuer so freigesetzt wurde. Erstaunliches Ergebnis: Nix! Nachdem auch der Schaugarten Üplingen heuer keine gefälschten Gene zeigt, wurde das mit einer spontanen Sektparty gefeiert. Es scheint in ganz Deutschland heuer nur vier Einzelfelder zu geben, und zwar mit Modena-Kartoffeln von BASF in Baalberge und Gatersleben (beide Sachsen-Anhalt).
Ja, und wohin nun mit dem Scheiß? Na klar: Nach Afrika. Syngenta hat gerade angekündigt, in den nächsten zehn Jahren dort eine halbe Milliarde Dollar investieren und 700 SpezialistInnen einstellen zu wollen. Damit will der Konzern in diesem Zeitraum fünf Millionen LandwirtInnen "erreichen", schwerpunktmäßig in einer Reihe von Bürgerkriegs- und Hungerländern. Von Gentech steht nix in der Pressemitteilung, aber eigentlich ist klar, was da gespielt wird.
Das Dauer-Klimacamp im Hambacher Forst mit den Baumbesetzungen steht immer noch. Der Wald soll ab Oktober gerodet werden, damit der Braunkohlebagger durchkann.
In Wilhelmshaven wurden am 10.5. zwei AktivistInnen, die vor einem Zirkus Flyer gegen dessen Tierquälerei verteilten, von Zirkusleuten angegriffen und leicht verletzt. Paul Watson von Sea Shepherd wurde am 14.5. am Frankfurter Flughafen wegen eines Auslieferungsantrags aus Costa Rica verhaftet. Konkret ging es um seine Beteiligung an einer Aktion gegen das Haifisch-Finning, bei dem Hunderten von Haien die Rückenflossen abgeschnitten werden. Nach internationalen Protesten wurde Watson am 18. freigelassen. Gegen den Schlachthof in Wietze findet zur Zeit eine Protestradeltour statt, die jetzt am Ziel ist. In der Nacht auf den 24.5. wurde dort ein leerer Tiertransporter sieben Stunden lang blockiert; insbesondere die acht Leute, die auf das Dach des Lasters geklettert waren, bereiteten der Polizei Probleme.
Und in Kempten fand am 21.5. ein Prozess gegen zwei Leute statt, die Graffiti geschrieben und Jagdhochsitze umgeworfen haben sollen. Nachdem einer der Angeklagten sich recht offensiv verteidigte und die Staatsanwältin mehrmals Ansätze machte, den Saal zu verlassen, wurde dessen Verfahren abgetrennt. Der andere, ein Jugendlicher, ließ sich auf einen Deal ein, obwohl das auf Druck der Staatsanwältin sechs Monate auf Bewährung bedeutete (die Richterin wäre mit viel weniger zufrieden gewesen). Außen am Gericht entstanden während der insgesamt 3½-stündigen Verhandlungen ein paar Soligraffiti. Als die Polizei deswegen die Personalien einer Person aufnehmen wollte, meldeten sich gleich zehn weitere, die ebenfalls kontrolliert werden wollten, um die Aufklärung des Vorfalls zu erleichtern.

Die Hippietante

Gewählt, na und?

Auch in Russland hatte das Volk mal wieder keine Wahl, deswegen ist der olle Putin die nächsten sechs Jahre wieder Präsident. Erstaunlicherweise geben die RussInnen jetzt trotzdem keine Ruhe, im Gegenteil, Putins Amtseinführung am 7.5. löste eine neue Protestwelle aus. Schon am Vortag kamen -zigtausende auf eine Demo nach Moskau. Eins der Mottos lautete "Zar ins Museum, Gott in den Himmel, Dieb ins Gefängnis" und besagt, dass Putin irgendwohin gehört, aber nicht an die Macht. Die Oppositionsparteien waren diesmal viel schwächer vertreten als bei den bisherigen Demos, stattdessen scheint sich sowas wie eine Basisbewegung zu entwickeln. Auch viele AnarchistInnen sind wieder mit dabei (jetzt erst recht, wo's nur noch gegen die Regierung geht und nicht mehr um Propaganda für irgendwelche Leute, die selber bloß an die Macht wollen).
Es kam kurz vor Ende der Demo zu einer Straßenschlacht und 450 Festnahmen, darunter mindestens 30 AnarchistInnen, die in den ersten Reihen voll dabei waren, als Flaschen, Steine, Stöcke, Rauchbomben und Mollis flogen. Die Abschlusskundgebung mit den Reden wurde gar nicht mehr abgehalten, die Polizei löste die Versammlung gewaltsam auf, aber die AnarchistInnen konnten eine Brücke halten und von dort aus noch eine Spontandemo starten, an der sich 2000 Leute beteiligten. Auch diese Demo wurde von der Polizei gestoppt, die 250 Entschlossensten schafften es aber weiter bis zur Jakimanka-Wache, wo die Festgenommenen hingebracht worden waren. Die kamen gegen Mitternacht raus, die Nervigsten wurden aber gleich wieder verhaftet.
Die Polizei beklagte 30 Verletzte (Reizgas, Messerstiche und jede Menge Kieferbrüche) und materielle Verluste; in der Moskwa schwammen reihenweise Bullenhelme, und offenbar wurde viel Zeug geklaut (mutmaßlich auch von den Cops selber). Ein Putin-Sprecher kritisierte, die Polizei habe viel zu lasch reagiert, sie hätte die Lebern der DemonstrantInnen auf den Gehsteig schmieren sollen. Was so einer halt so zu sagen hat. Es gab übrigens auch eine Kundgebung für Putin, da gingen aber nur 3000 Leute hin.
Verhaftet wurden auch bekannte Oppositionsführer, die gleich zu Ordnungshaft verurteilt wurden (bis zu 15 Tage). Führerlos entwickelte sich daraufhin Erstaunliches, nämlich eine russische Variante der Occupy-Bewegung. Nachdem sie einige Tage lang von Platz zu Platz getrieben worden war, entstand rund um das Denkmal des kasachischen Dichters Abaj Kunanbajew ein Camp unter dem Motto "Okkupaj Abaj", für das es wiederum am 13. eine Solidemo mit 15.000 TeilnehmerInnen gab. Statt Parteiabzeichen symbolisierten jetzt weiße Bänder und Blumen den Widerstand. Abaj konnte sich über eine Woche lang halten. Tagsüber war dort wenig los, abends kamen dann meist so 2-3000 Leute, von denen ca. 250 auch dort übernachteten. Das Essen kam von anarchistischen Food Not Bombs-Gruppen. Es gab zahlreiche ähnliche Aktionen in St. Petersburg, Samara, Perm, Jekaterinburg usw.
Am 14. wurde das Moskauer Camp tagsüber geräumt, "um den zertrampelten Rasen zu richten", abends kamen die Leute aber wieder. Zwei Tage später war die Räumung dann "endgültig", das Camp zog jedoch einfach weiter zum Kudrin-Platz (auch bekannt als "Platz der Revolution"), wo es am Abend zu einem Polizeiangriff auf die Food Not Bombs-Küche kam. Die Cops nahmen fünf FNBlerInnen, Teile der Küchenausrüstung und die Spendenkasse mit. Aus Protest wurden erst die Wannen der Sonderpolizei OMON und dann der ganze Mittlere Ring blockiert. Die OMON-Wannen verloren ziemlich viel Luft aus den Reifen, insgesamt wurden 20 Leute festgenommen, aber das Camp konnte sich halten.
Nach einem Vortrag über Umweltprobleme in Russland auf dem besetzten Platz wurde am 17. auch Eugenia Tschirikowa, die bekannte Waldschützerin aus Chimki, verhaftet. Ihre Erklärungen über die "Putinomika", die Putin-Wirtschaft (Umweltschutz fällt flach, sobald einer von Putins Kumpels dabei verdient), und ihr Aufruf für das Ökocamp im rodungsbedrohten Wald von Shukowo gefielen den Bütteln offenbar nicht. Mit ihr wurden einige weitere Leute brutal festgenommen, Tschirikowa wurde am Arm verletzt und erst mal unter Begleitung einer ganzen Bullenwanne ins Krankenhaus gebracht. Sie saß bei Redaktionsschluss noch. Das Ökocamp im Wald von Chimki ist aber weiter aktiv und der Eichenhain steht auch noch, allerdings wurden dort inzwischen Bäume zur Fällung markiert.
Vermisst wird Andrej Lukjanow, der an der Platzbesetzung vom Staatsschutz (E-Zentr) herausgepickt und verhaftet wurde, seine Angehörigen konnten ihn nicht kontaktieren und nichts über seinen Aufenthalt herausbekommen. Eventuell wurde er mit Oleg "War" Worotnikow verwechselt, der wegen Aktionen seiner KünstlerInnengruppe "Wojna" (u. a. eines unter dem Motto "Palastrevolution" aufs Dach gestellten Streifenwagens und eines zu Silvester aus Protest gegen Massenfestnahmen abgefackelten Ural-Gefangenentransportbusses) gesucht wird.
Außerdem wurden am 11.5. vor der russischen Botschaft in Berlin für die Freilassung der Putin-Kritikerinnen Pussy Riot ein Transpi aufgehängt, Flyer verteilt und vier Leute wegen irgendwas mit Versammlungsgesetz festgenommen.

Der Wolf

Schaffen und zerstören

Schweine! Die dritte Räumung der besetzten Schule "Es.Col.A" in Porto, von der beim Redaktionsschluss der letzten Zecke nur Gerüchte vorlagen, war tatsächlich auch die letzte. Einen Tag nach der feierlichen und angekündigten Wiederbesetzung am 25.4., an der sich mehrere tausend Leute beteiligten, rückten die Bullen dort wieder ein und zerstörten die Infrastruktur und Teile des Gebäudes so gründlich, dass damit nichts mehr anzufangen ist. Der 25.4. ist in Portugal als Jahrestag der Nelkenrevolution, also des Sturzes der Diktatur, ein hochsymbolisches Datum. Zeitgleich mit der Aktion in Porto besetzten AktivistInnen in Lissabon ein Gebäude, das sie zu einem sozialen Zentrum gestalteten, und in Coimbra wurde ein Feld besetzt, um es kollektiv zu bewirtschaften. Die Es.Col.A ist zerstört, die Idee dahinter hat aber viele neue Fans gefunden und diesen Geist kriegen auch tausend Cops nicht mehr zurück in die Flasche, denn hier geht's längst nicht mehr um Schöner-Wohnen-Projekte mit Partykeller (die natürlich auch ihre Berechtigung haben), sondern um gesellschaftliche Antworten, wie man sich in der Krise gemeinsam ein erträgliches Leben gegen die verordnete Verelendung organisieren kann. So ähnlich wie es schon vor ein paar Jahren vom Orden der Liberins formuliert wurde, der dazu aufforderte, die Brachen des Kapitalismus zu nutzen, die sich überall dort auftun, wo Betriebe oder ganze Stadtteile einfach nicht mehr rentabel sind (auch wenn's in Lindau damit leider bisher nicht geklappt hat und Djabba momentan verhindert ist).
Ebenfalls nach der Räumung wieder besetzt wurde die Bevernstraße 2 in Berlin. Sie hat uns aber leider nicht erzählt, was weiter draus geworden ist. Und ebenfalls nix mehr zu besetzen gibt's im Besetzten Haus Erfurt, das wurde ja bekanntlich schon 2009 für einen Parkplatz und ein Gartencenter plattgemacht. Den Parkplatz besetzte am 18.5. immerhin mal die "Rotzfreche Asphaltkultur", die in Form von 40 MusikerInnen dort ein Konzert für rund 120 Interessierte und sehr viel Laufkundschaft gab. Die Polizei erschien erst nach zwei Stunden, als die Kultur schon am Zusammenpacken war.
Von der Räumung bedroht ist auch das "Institut für vergleichende Irrelevanz" (IvI) in Frankfurt/Main. Am 22.5. rückte vormittags ein Rollkommando an, das zwar zurückgeschlagen werden konnte, aber trotzdem schon mal die Haustür mitnahm und Strom und Wasser abstellte; der endgültige Rauswurf ist für die Woche ab dem 4.6. angekündigt. Mittags demonstrierten 200 Leute in der Innenstadt, am Abend gab's eine Soliaktion mit 60 Leuten in Mainz und am 31. ist eh Wohnraumdemo in Frankfurt.
In Berlin bleibt Gentrifizierung das große Thema. Am 20.5. zog eine Lärmdemo mit 500 Leuten durch Neukölln, um die Öffnung des Tempelhofer Feldes für alle zu fordern, das teils zu einem Park mit Eintrittsgeld und teils zu einem Villenviertel gemacht werden soll. Die Polizei ruft zur Zurückeroberung der Kieze auf und die subkulturelle Szene schließt sich dem gerne auf ihre Weise an, nämlich mit dem "Carnival of Subculture"-Festival am 25.5 auf dem Boxhagener Platz. Im Görlitzer Park jagen Zivis zu Fuß und auf Fahrrädern Leute, die von einer lokalen Bürgerwehr als DealerInnen bezichtigt werden und hauptsächlich durch schwarze Hautfarbe aufgefallen sind.
So ein ähnlicher Kaliber war ja auch der selbsternannte Nachbarschaftsschützer, der in Florida Trayvon Martin erschossen hat und erst nach massiven Protesten verhaftet und angeklagt wurde. Wie's ausschaut, war's das aber auch schon, denn wegen der langen Verzögerung gibt's laut Untersuchungsbericht praktisch keine Spuren mehr (Klamotten gewaschen, ZeugInnen vergessen usw.) und es wird wohl nicht gelingen, die Schutzbehauptungen des Täters zu widerlegen.
BewohnerInnen von Leipzig-Connewitz haben Briefe von einem CDU-Stadtrat bekommen, in denen dieser angeblich im Auftrag der Polizei nach Erfahrungen mit der "linksalternativen Szene" fragt. Ob das der nächste Auswuchs der Stasi/Blockwart-Mentalität oder der nächste Streich der Kommunikationsguerilla war, ist nicht so ganz klar – Satire wird ja heutzutage von der Realität immer wieder überholt.

AK Bauen & Besetzen

Die Mühlen des Gesetzes

Der Knast-Hungerstreik in Israel scheint zu Ende zu sein. In einem förmlichen Abkommen wurde vereinbart, dass insbesondere die Besuchsmöglichkeiten verbessert werden. Zuletzt waren 1600 palästinensische Gefangene beteiligt gewesen, darunter sehr viele der insgesamt 308 Leute in Administrativhaft (die von Polizei oder Militär ohne weitere Begründung verhängt werden kann und gegen die keine gerichtliche Berufung möglich ist). Außerdem gab es draußen täglich Solidemos. Die Sache kam richtig in Schwung, nachdem zwei hungernde Administrativhäftlinge wegen Lebensgefahr entlassen wurden.
In deutschen Knästen geht es natürlich viel humaner und gerechter zu. Deswegen sitzt Peter W. auch nur deshalb seit 17 Jahren in totaler Isohaft, weil er so gefährlich ist. Genauer gesagt hat er damals bei einem Ausbruchsversuch eine Geiselnahme begangen, und weil er sich dafür beim Wachpersonal bediente, sind die ihm natürlich nicht ganz gewogen. Drum soll jetzt seine Haft auch noch direkt in eine Sicherungsverwahrung übergehen. Davor musste ein Gutachter aber erst mal seine Gefährlichkeit bestätigen, und der Kerl hat doch tatsächlich behauptet, Peter sei gar kein Monster, sondern könnte sofort in den Normalvollzug verlegt werden, eine Therapie bekommen und dann auf Bewährung entlassen werden. Der Direktor erklärte bloß, zum Thema Isohaft hätte man den Gutachter gar nicht gefragt, also gelte das nicht.
Laura Gomez von der CGT Barcelona ist am 24.4. wegen einer Straßentheater-Aktion beim Generalstreik vom 29.3. verhaftet worden, ebenso weitere rund 100 AktivistInnen. In Berlin und Hamburg gab's Mitte Mai Soli-Aktionen von der FAU mit 40 bzw. 15 Leuten. Laura wurde am 17.5. schließlich auf Kaution freigelassen.
Für den wegen einer Antifa-Demo inhaftierten Deniz gab's auch Soli-Aktionen, am 5. demonstrierten in Stuttgart 100 Leute für ihn.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann, der früher selbst Opfer eines Berufsverbotes wurde und als Lehrer nicht an eine öffentliche Schule durfte, findet das inzwischen richtig. Zitat: "Ich finde, Kommunisten gehören nicht in den öffentlichen Dienst." Er habe ja auch abgeschworen.
Das Landgericht Rostock hat am 19.4. entschieden, dass rein präventiver Polizeigewahrsam gegen Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt, der Freiheitsentzug nur im Strafverfahren erlaubt. Nur falls jemand von Euch mal in Verhinderungsgewahrsam landen sollte...
In Labytnangi am Nordende des Urals beschwerte sich ein Einwohner bei der Staatsanwaltschaft darüber, dass er vom örtlichen Polizeichef zusammengeschlagen worden war. Staatsanwaltschaft und Gericht griffen hart durch, das Urteil lautet zwei Jahre Lagerhaft – für den Beschwerdeführer, wegen übler Nachrede. Die im ärztlichen Attest dokumentierten Verletzungen, befand das Gericht, habe sich der Querulant selbst zugefügt.

Die Buchhaltung

Punkrock!

Am Friedrichshafener Seeufer fand am 28.4. mal wieder ein Punx Picknick statt, wie immer vorher öffentlich angekündigt und mit entsprechendem Bullenstress, weshalb diesmal auch nicht viel mehr als 100 Leute kamen (letztes Jahr waren's noch fast 300). Die Polizei erklärte das Picknick zum gefährlichen Ort, registrierte alle, die dort hinwollten, und ließ Minderjährige und Hartalk schon gar nicht ans Zeppelinhaus. Ärger bzw. ein paar Festnahmen gab es, als ein Einkaufswagen die Einkäufe direkt bis zum Picknick bringen wollte. Schließlich löste die Polizei das Picknick gleich ganz auf, worauf es sich einfach hinter dem Musikpavillon wieder traf, nochmal gekesselt und schließlich ganz aufgelöst wurde; immerhin dauerte das Spielchen den ganzen Nachmittag und hinterher behaupteten die Cops per Presseerklärung, es sei alles ganz toll friedlich und ordentlich abgelaufen. Die Minderjährigen und der Hartalk trafen sich unterdessen in der Innenstadt und feierten gemeinsam fast ungestört bis in den Abend hinein. Am selben Tag gab es angeblich auch ein Punx Picknick in Ulm, davon hat die Zecke aber leider keinen Bericht gekriegt.

Der Verzerrer

Repression und Widerstand in Russland

Am 19.4. wurde die U-Haft gegen drei der russischen Protestpunketten von Pussy Riot bis zum 24.6. verlängert. Es gab Soliaktionen in 40 Städten, darunter München, Dresden, Berlin und Warschau. Auch vor dem Gericht in Moskau protestierten gut 100 Leute, von denen 30 verhaftet wurden. Ein Solikonz in Samara wurde gleich von vornherein verboten. Übrigens gab es anonyme Drohungen gegen Angehörige und einen Anwalt, wobei nicht ganz klar ist, ob das von staatlicher Seite kommt oder ein Auswuchs der gottgefürchtigen Hetzkampagne gegen die drei wegen des Pussy-Riot-Auftritts in der Moskauer Erlöserkathedrale ist. Der Staat steckt jedenfalls hinter einem Angriff auf die Kanzlei eines Pussy-Anwalts, deren Konten wurden nämlich von der Steuerbehörde blockiert, was allgemein als Ansage gewertet wird, gefälligst die Finger von dem Fall zu lassen.
Solikundgebungen gab es auch für den aus Russland ausgewiesenen finnischen Exil-Anarchisten Antti Rautiainen, z. B. an der russischen Botschaft in Warschau. Die Lindauer Amnesty-Gruppe schickte der russischen Regierung deswegen einen bösen Brief mit einer Menge Unterschriften. Antti selber sieht's locker; dadurch, dass er "freiwillig" ausgereist ist, hat er zumindest offiziell keine Einreisesperre, reist jetzt einfach mal ein bisschen rum und probiert dann im Sommer mal, was passiert, wenn er ein Visum für Russland beantragt. Illegal in Russland zu bleiben, wäre zwar auch möglich gewesen, das machen z. B. viele Leute aus Weißrussland, aber die Möglichkeiten eines Lebens im Untergrund waren ihm dann doch zu eingeschränkt. Rein rechtlich hätte er übrigens sogar eine Daueraufenthaltsgenehmigung kriegen müssen, weil er mit einer Russin verheiratet ist.
In Kaliningrad wurde am 20.4. der Menschenrechtler Michail Kostjajew zu zwei Jahren Arbeitslager wegen Betrugs verurteilt. Er hatte in Litauen Asyl beantragt, traute sich dann aber doch mal wieder über die Grenze und wurde prompt verhaftet. Kostjajew war in verschiedenen Bürgerinitiativen aktiv, z. B. gegen die Putin-Partei Einiges Russland oder den geplanten AKW-Neubau an der Ostsee. Angeblich hat er Geld für einen Tierschutzfonds unterschlagen, den Fall hat ihm aber offenbar der Staatsschutz eiskalt ans Knie konstruiert. Gegen das Urteil erklärte er einen Hunger- und Durststreik.
Mitte April fand in Woronjesh ein überregionales anarchistisches Forum statt. Es beteiligten sich Mitglieder der in Russland aktiven anarchistischen Organisationen und unorganisierte AnarchistInnen aus Woronjesh, Belgorod, Krasnodar, Pensa und Moskau. Vorgestellt wurden Organisationen wie die Autonome Aktion (AD), die Gruppe Libertärer KommunistInnen, die Berufsübergreifende Union der Arbeitenden (MPST) und die Revolutionäre Konföderation der Anarcho-SyndikalistInnen N. Machno. Organisiert wurde das Forum von MPST-Woronjesh und ihm nahestehenden AnarchistInnen.
Unterdessen beginnen in den Wäldern rund um Moskau wieder die Kämpfe gegen die Abholzung, und zwar neben Chimki noch im Zagower Wald bei Shukowo und in Butowo, wo Luxus-Urlaubshütten gebaut werden sollen. In Shukowo wurde ein Protestcamp eingerichtet; dort konnten die Arbeiten am 16.4. gestoppt werden, obwohl Wachleute mit Stahlstangen auf die WaldschützerInnen losgingen. Am 21. wurde in einer Massenaktion mit 300 Leuten (hauptsächlich aus Shukowo selbst) trotz erneut gewalttätiger Gegenwehr des Personals das Baugelände entzäunt. Herbeigerufene Polizei und Sondereinheiten verhafteten etliche TeilnehmerInnen, andere blockierten den Abtransport der Gefangenen und wurden gleich mitgenommen, und zum Schluss wurden nochmal Leute auf dem Heimweg am Bahnhof abgegriffen, so dass insgesamt an die 50 Leute eingefahren sind. Die Rodung ist übrigens komplett illegal, und es ist nicht einmal klar, in wessen Auftrag sie überhaupt erfolgt. Entstehen soll dort ein Luftfahrtzentrum mit Forschungsinstitut und Flugschau-Gelände. Und natürlich eine Zufahrts-Autobahn mit möglichst vielen Spuren.

Der Wolf

Verführert

Am 20.4. feierten wieder mal ein paar Nazis Führers Geburtstag, zumindest soweit sie die Möglichkeit dazu hatten. In Kiew überfielen sechs von ihnen den anarchistischen Studierendenaktivisten Andrej Mowtschan und verletzten ihn, und in Berlin wurde ein Hochschulcafé leicht beschädigt und massiv beklebt. In Berlin-Lichtenberg trafen sich NPDlerInnen in einem Naziladen zum Feiern, wurden allerdings von einer Gegenkundgebung vor der Tür gestört. Außerdem gab's Kundgebungen vor der Wohnung eines NS-Kriegsverbrechers in Hohenschönhausen und in der angeblichen Nazihochburg Schöneweide. Ein ähnliches Bild bot sich in Leipzig, wo im nationalen Zentrum Odermannstraße eine Holocaustleugnerin einen Vortrag halten sollte. Zwar wurden 80 Antifas vor der Haustür nach direkten Konfrontationen gleich von den Cops abgeräumt und gekesselt, so dass 40 Faschos ins Haus konnten, die Nazi-Oma traute sich dann aber doch nicht her.
Tags darauf demonstrierten 40 Leute in Hopsten bei Münster Solidarität mit den Opfern des Nazi-Brandanschlags eine Woche zuvor. Die Polizei hatte ein paar geständige Verdächtige festgenommen. Die sind aber angeblich gar nicht rassistisch, sondern die finden bloß, dass Ausländer in so einem kleinen Dorf nichts zu suchen haben. Ach so.
Die Augsburger Faschos haben ihr Projekt "Nationales Augsburg" am 24.4. aufgelöst, nachdem sie's nicht mal auf die Reihe gekriegt hatten, ihren jährlichen Bombardierungs-Trauermarsch Ende Februar zu etablieren. 2011 sagten sie ihn nach der Ankündigung von Gegenprotesten ab, 2012 haben sie's gar nicht erst probiert, was zu organisieren. Führer Friedmann und seine Getreuen werden aber natürlich trotzdem bis zum Endsieg weiterkämpfen.
In Dachau gedachten 15 Leute mit einem Abendspaziergang eines Aufstands kurz vor Kriegsende, als geflohene KZ-Häftlinge und der von der SPD unterwanderte Volkssturm die SS vorübergehend aus der Stadt warfen, und in Berlin gab's am 28.4. eine antifaschistische Street-Parade zum Jahrestag der Befreiung Neuköllns, wobei sich wieder mal Ultradeutsche und StalinistInnen (die sich jeweils für was anderes halten) um Amifahnen prügelten.
Das Dresdner Verwaltungsgericht hat am 26.4. die Extremismusklausel für rechtswidrig erklärt. Die rechtslastige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder wollte auf Fördermittel angewiesenen Initiativen vom Verfassungsschutz vorschreiben lassen, mit wem sie zusammenarbeiten dürfen und mit wem nicht. Die meisten unterschrieben letztlich eine entsprechende Selbstverpflichtung namens "Demokratieerklärung", nur das Pirnaer AKuBiZ weigerte sich und bekam jetzt Recht. Das Familienministerium erklärte daraufhin, auf dieses Recht zu scheißen bzw. vorläufig die bestehende Praxis nicht ändern zu wollen.
In Limbach-Oberfrohna bei Chemnitz gab's Ende April zwei gewaltsame Übergriffe auf vermeintliche oder tatsächliche Linke, und in Erfurt hing aus Protest gegen einen bevorstehenden Sarrazin-Auftritt vom Morgen des 3.5. bis mindestens zum Redaktionsschluss ein 20-Meter-Transpi gegen Rassismus quer über den Juri-Gagarin-Ring.
Auch zum 1. Mai meinten wieder ein paar Nazis, das Publikum belästigen zu müssen, welches es ihnen nicht dankte. In Hof durften 400 Faschos, durch die Polizei vom Rest der Menschheit abgeschirmt, ihren Aufmarsch abhalten, während 4000 Bürgers, darunter ein Innenminister, auf einer Bravdemo dagegen waren. Der antifaschistische Einsatz muss fatal gewesen sein, jedenfalls hat sich bis Redaktionsschluss niemand gemeldet. Ebenso keine Rückmeldung haben wir von den Protesten gegen einen Faschoaufmarsch in Mannheim.
In Wittstock waren die Verhältnisse anders, dort waren 170 Faschos mit ernsthaftem direktem Widerstand von 500 Leuten konfrontiert und blieben nach 200 Metern an den Blockaden hängen (nach anderen Berichten waren es nur 100 Meter, die zweiten 100 Meter waren dann der Rückweg). Knapp 40 von ihnen stiegen auf der Abreise in Neuruppin aus und griffen sofort das Juz MittenDrin an, wurden aber zurückgeschlagen, was zu Polizeidrohungen gegen das Juz führte. Ca. 65 weitere Nazis zogen am Stadtrand von Wittstock noch eine Spontandemo an ihrem Parkplatz ab.
In Neumünster bei Hamburg blockierten mehrere hundert Leute den Auftaktort einer NPD-Veranstaltung, insgesamt waren 2000 antifaschistisch gesinnte Menschen vor Ort. Die Faschos versuchten deshalb, schon den Weg von den Bahnhöfen dorthin als Aufmarsch zu gestalten, was zu Konfrontationen und letztlich zu einer Massenverhaftung (der Nazis!) führte, so dass die 30 Nazis, die's bis zum Startpunkt schafften, alleine auch nicht mehr weitermachen wollten. Die NPD war beleidigt und meldete umgehend die gleiche Veranstaltung für den 5.5. nochmal an.
Ein Faschoaufmarsch in Neubrandenburg war mit vielen und intensiven Blockaden konfrontiert, die Cops bemühten sich aber redlich, den Nazis die Straße freizuknüppeln. Letztlich wurde die Nazidemo stark verkürzt. 250 Nazis, mehrere hundert BlockiererInnen, 1000 immer schlechter gelaunte Cops und entsprechende Übergriffe. In Berlin hatte die NPD drei Kundgebungen angemeldet, zur ersten in Hellersdorf kamen noch bis zu 80 Faschos und mehrere hundert GegendemonstrantInnen, während die Zahlenverhältnisse im Laufe des Tages immer antifaschistischer wurden.
Pro NRW bemühte sich in Solingen gleich direkt einen Bürgerkrieg anzuzetteln, indem sie mit Mohammedkarikaturen zu einer Moschee zogen, wo sie sich mit Salafisten verabredet hatten, die sich dann auch brav mit den Cops prügelten und am Rande noch zwei Antifas von der Gegenkundgebung zerlegten. Sind halt auch nicht grad die Sympathen.
In Warschau kam es zu keiner direkten Konfrontation, dort gingen die Linken auf ihre Demos und ein paar hundert Nazis auf eine Demo "Autonomer Nationalisten", die sich bemühten, den Stil der örtlichen AnarchistInnen zu kopieren, was bis zu geklauten Logos des anarchosyndikalistischen ZSP geht.

AK Antifa

Kriegen keine Ruhe!

Im Februar 2011 protestierten acht junge Leute gegen einen Bundeswehr-Werbestand auf einer Ausbildungsmesse in Stuttgart, indem sie den Lehrgegenstand mit Ketchup visualisierten. Zwei von ihnen wurden Mitte April wegen der kollateral veranstalteten Sauerei auf Teppichfliesen und Uniformen zu 20 bzw. 30 Arbeitsstunden verknackt. 20 UnterstützerInnen gestalteten den Prozess am Stuttgarter Amtsgericht mit. Das Amtsgericht wollte das Verfahren übrigens erst einstellen, auf Antrag der Staatsanwaltschaft ließ das Landgericht Stuttgart das aber nicht zu.
Gegen einen Auftritt des (von Guttenberg nach dem Massaker von Kunduz als Bauernopfer gefeuerten) Ex-Generals Schneiderhahn am 25.4. in Langenargen gab es eine kurzfristig organisierte Gegendemo, die nicht ganz so gut besucht war wie der Vortrag, auf dem der Militarist der Europa-Union die totale Militarisierung der EU predigte. Witzigerweise fiel sogar ihm der überdimensionierte und trotz Krise und Sparpaketen nie in Frage gestellte Rüstungshaushalt Griechenlands auf; sein Gegenrezept lautete natürlich nicht Abrüstung. Die GegendemonstrantInnen beschwerten sich u. a. über Rüstungsexporte vom Bodensee und forderten eine wirkungsvolle Strafverfolgung von Kriegsverbrechen deutscher SoldatInnen durch ein unabhängiges Gericht. Bisher "managt" das die Kemptener Staatsanwaltschaft, die an Weisungen des bayrischen Justizministeriums gebunden ist.
Zwei Tage später fanden sich auf dem Lüneburger Marktplatz 500 frisch aus Afghanistan und anderen Ländern zurückgekehrte KriegerInnen zum "Rückkehrerappell" ein. 80 Leute fanden einen "Rückkehrappell" an alle BundeswehrlerInnen im Auslandseinsatz angebrachter. Trotz Polizeieinsatz, weiträumiger Absperrung und hartnäckiger Überwachung des örtlichen Infoladens gelangen ihnen zahlreiche Störungen des Spektakels. Die heranmarschierenden SoldatInnen wurden gleich mit Trillerpfeifen, Sprechchören und Transpis begrüßt, und trotz zahlreicher Platzverweise gelang es der der Polizei während des einstündigen Trauerspiels nicht, den Widerspruch zum Verstummen zu bringen. Es gibt ein paar Beleidigungsanzeigen wegen "Mörder"-Rufen.

Netzwerk vaterlandsloser Gesellen

Ausländerjagd

In Athen ist am 29.4. das erste von 30 geplanten Internierungslagern für Flüchtlinge in Betrieb gegangen: Amygdaleza bei Athen, mit 1200 Haftplätzen. Seit dem Mittwochmorgen hatten in Athen Hundertschaften der Polizei Razzien durchgeführt und ganze Häuserblocks durchsucht, um Menschen ohne Papiere zu jagen. Der Minister für öffentliche Sicherheit erklärte, Athen sei in ein paar Tagen "gesäubert" und Griechenlands Probleme mit der illegalen Einwanderung könnten so "gelöst" werden. Gleich am ersten Tag wurden über 200 Leute nach Amygdaleza eingeliefert, Mitte Mai soll es schon voll ausgelastet sein, dann sollen weitere Lager eingerichtet werden. In Griechenland gibt es angeblich eine Million Menschen ohne Papiere. Das Problem ist, dass Asylanträge nur bei einer bestimmten Polizeiwache in Athen gestellt werden können und die pro Arbeitstag nur 20 Fälle bearbeitet. Unterdessen kamen erneut vier Flüchtlinge bei Verfolgungsjagden zwischen Schleusern und Polizei bzw. Frontex sowie bei rassistischen Übergriffen ums Leben.
Der Europarat hat vorgeschlagen, unterlassene Hilfeleistung auf See verbindlich international zu kriminalisieren. Anlass ist das Desaster mit 63 toten Flüchtlingen letztes Jahr, für das offenbar niemand von den beteiligten Nato-Schiffen zur Verantwortung gezogen werden kann.
Gegen die britische Kinder-Wohlfahrtsorganisation Barnardo's gab's bei einem Benefizkonzert Proteste aus der Noborder-Ecke. Barnardo's betreut nämlich einen Familien-Abschiebeknast in Sussex und liefert so das menschenrechtliche Feigenblatt, das die Inhaftierung von Kindern ermöglicht. Laut seinen eigenen Richtlinien hätte Barnardo's wegen verschiedener Verstöße in dem Knast längst aus dem Vertrag aussteigen können und müssen, beließ es aber bei Protestbriefen ans Ministerium; stattdessen ist die Einrichtung weiterer solcher Knäste geplant. Es kam zu einem gewaltsamen Übergriff aus dem Publikum auf die Protestierenden, vermutlich durch einen Barnardo's-Angestellten, und nach ein paar Minuten wurden sie vom Saalschutz rausgeworfen.
Gegen den neuen Asylknast auf dem neuen Flughafen Berlin-Schönefeld demonstrierten am 28.4. 400 Leute.
In der Nacht auf den 27.4. gab es in Tel Aviv Brandanschläge auf mindestens vier Wohnungen von afrikanischen Flüchtlingen und einen Kindergarten. 100 Leute demonstrierten tags darauf dagegen.
Gegen die Diktatur in ihrer Heimat und Abschiebungen dorthin demonstrierten am 28.4. in Brüssel zahlreiche GuineerInnen. Nach einer Massenabschiebung im Vormonat waren dort etliche Betroffene verschwunden. Ein geplanter Frontex-Abschiebeflug aus den Niederlanden in den Irak wurde dagegen abgesagt, weil die irakische Regierung dagegen war. 97 IrakerInnen mussten daraufhin aus den Abschiebeknästen entlassen werden.
Nach Protesten und der Anmeldung einer Demo rudern die thüringischen Behörden zurück: Die Drohung, das ukrainisch/algerische Ehepaar Cherif getrennt abzuschieben, sei bloß ein freundlicher Hinweis auf die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise gewesen und nicht bös gemeint. Die Demo am 7. findet trotzdem statt und richtet sich jetzt allgemein gegen Abschiebungen.

AK Flucht & Migration

Platz zum Leben

Aus der Traum vom Freiraum in Lindau: Die alte Escher-Wyss-Gießerei am Motzacher Tobelbach ist Anfang Mai abgerissen worden. Das Gelände muss jetzt erst mal von Altlasten befreit werden. Nachdem sich die Firma Cofely als Nachfolger von Escher-Wyss und Axima letzten Sommer schon eine erneute Änderung des Bebauungsplans genehmigen ließ und sich trotzdem ewig nichts tat, gab es noch Hoffnungen, dass das Gelände auch unter den neuen Bedingungen unverkäuflich bleibt, aber jetzt scheint sich doch irgendein Investor erbarmt zu haben, der auf dem Nordosthang Luxusvillen bauen will. Die seit den 70ern leerstehende Gießerei war seit 2005 mehrfach von AnhängerInnen des Ordens der Liberins besetzt und jeweils schnell wieder geräumt worden. Nach der Verhaftung des Ordensältesten Djabba Liberin 2007 kam es am 1. Mai 2008 noch zu einer symbolischen Partybesetzung, die Bewegung verlief sich jedoch und die Gießerei verfiel zusehends durch Wetter und Vandalismus; schon bald nach der letzten Party stürzte das Hallendach teilweise ein, weil die hölzernen Dachträger weggegammelt waren.
Am 21.4. wurde in Leipzig-Plagwitz ein Haus besetzt, war allerdings bis zum Abend schon geräumt. An der Besetzung und einem Straßenfest vor der Tür beteiligten sich zeitweise 250 Leute. Einige BesetzerInnen ketteten sich zum Schluss noch im Haus an, was die Räumung aber auch nur verzögern konnte.
Im besetzten Vox-Gebäude in Athen-Exarchia hätte eigentlich ein Eröffnungskonzi stattfinden sollen, was allerdings nach draußen verlagert werden musste, weil die Cops das Gebäude geräumt und mit Stahlplatten dichtgemacht hatten. Die KonzertbesucherInnen rissen die Stahlplatten aber einfach weg, und so war das Vox am Ende doch wieder besetzt.
In Honduras haben Tausende von LandarbeiterInnen mehrere große Ackerflächen mit insgesamt 12.000ha besetzt, um dort selber ihr Zeug anzubauen. Während sie der Meinung sind, ungenutztes öffentliches Land zu nutzen, was nach honduranischem Gesetz erlaubt ist, glaubte die Regierung, dass die Flächen Privatfirmen gehören und das deswegen verboten ist. Eine große Zuckerrohrplantage wurde auf polizeiliche Anweisung friedlich geräumt, zehn weitere Farmen waren aber auch nach einer Woche noch besetzt.
In Paranaque, einem Vorort der philippinischen Hauptstadt Manila, sollte am 23.4. ein besetztes Haus geräumt werden, wogegen solidarische Menschen eine Blockade auf der Zufahrtsstraße bauten. Die Polizei schoss zwei Demonstranten an und erschoss den 21-jährigen Hausbesetzer Arnel Leonel. 30 Leute wurden verhaftet und einmal dürft Ihr raten, ob der Todesschütze darunter war. Die Räumung wurde verhindert.
Geräumt wurde dagegen am 19.4. die besetzte freie Schule in Porto. Es folgten jede Menge Demos dagegen, und schließlich am 25.4. die Wiederbesetzung. Die Cops leisteten keinen Widerstand, ritten aber am nächsten Tag wieder dort ein. Bei Redaktionsschluss war die Lage unklar, einer Meldung zufolge ist die Hütte momentan geräumt.
Eine Sauvage, also eine unbewilligte Tanzdemo, wurde am 27.4. in Basel von 200 Leuten durchgeführt. Am Wochenende zuvor hatten es die Cops noch geschafft, eine solche Aktion gewaltsam aufzulösen und die Soundanlage zu beschlagnahmen, was eigentlich der angekündigten Null-Toleranz-Politik entspricht, die heuer durchgezogen werden soll. Diesmal wurde ein zum Abbruch vorgesehenes ehemaliges Autohaus in der Nähe des Bahnhofs für eine Nacht besetzt. Die Cops stressten am Anfang zwar und ballerten ein bisschen mit Gummischrot herum, zogen sich dann aber zurück und wurden von einer Barrikade auf Distanz gehalten. Um zwei Uhr verließen die Partygäste dann gemeinsam das Gelände. Geht doch.
In Warschau wurde zur EM 2012 ein tolles neues Stadion gebaut. Dabei brachten die Verantwortlichen das Kunststück fertig, grottigste Arbeitsbedingungen am Bau zu liefern, wobei es mehrere Tote durch Unfälle gab, und gleichzeitig das teuerste Stadion der Welt zu bauen. Da müssen ein paar Leute ganz schön was abgezweigt haben. Die Gegend um das Stadion wurde kräftig gentrifiziert, d. h. die Mieten stiegen, es gab Zwangsräumungen, Häuser, die (bzw. deren BewohnerInnen) nicht ins Bild passten, wurden abgerissen und teilweise sogar abgefackelt, und der Markt rund ums Stadion, auf dem Tausende von KleinhändlerInnen ihren Unterhalt verdienten, wurde beseitigt; stattdessen gibt's da jetzt Parkplätze. In Zeiten knapper Staatsfinanzen schon erstaunlich, was da passiert; Eltern, die gegen die Privatisierung der Essensversorgung an öffentlichen Schulen protestieren, rechnen vor, dass allein die Fanmeile vor dem Kulturpalast achtmal soviel kostet wie die Stadt durch die Entlassung der SchulköchInnen einsparen will.

AK Bauen & Besetzen

Bahnhof gerettet?

Das Schlimmste scheint abgewendet: In der Diskussion um die Lindauer Bahnhöfe haben sich OB Ecker und die Reutin-Initiative darauf geeinigt, dass die Gleisverbindung von der Insel nach Aeschach entgegen dem Wortlaut des erfolgreichen Bürgerbegehrens nicht rausgerissen wird, weil sonst der geplante S-Bahn-Betrieb kaum durchführbar wäre. Die RSE, die die Inselanbindung übernehmen soll und das von Anfang an gefordert hatte, fände es auch besser, den Verkehr Insel-Aeschach erst gar nicht einzustellen, aber das wird noch diskutiert.
Eine interessante Frage ist noch, wer das Bürgerbegehren jetzt überhaupt vertritt. Zunächst kam es ja aus der CSU-Ecke. Nach dem verlorenen ersten Bürgerentscheid zur Kombi-Lösung waren bis auf den damaligen CSU-OB-Kandidaten Rothfuß alle VertreterInnen des Bürgerbegehrens für die Hauptbahnhof-Verlegung abgesprungen, während die CSU sich gleichzeitig von Rothfuß trennte und stattdessen Klaus Tappeser als OB-Kandidaten aufstellte. Ein Vertreter allein kann zwar gar nichts machen, aber der Bürgerentscheid fand trotzdem statt, weil das Bürgerbegehren bereits eingereicht war und für einen Rückzug ebenfalls ein Konsens erforderlich gewesen wäre. Nachdem Tappeser die Wahl verlor und Rothfuß den Bürgerentscheid gewann, mussten die Parteifähnchen wieder nach dem neuen Wind gehängt werden – ein Vorgang, der noch nicht ganz abgeschlossen ist.
So tritt Rothfuß jetzt im Endeffekt als alleiniger Verhandlungsführer des Bürgerbegehrens auf, der nach eigenem Gutdünken Kompromisse schließt oder ablehnt, auch wenn er sich immer nur als Vertreter der Reutin-Bürgerinitiative bezeichnet. Dass ihm dabei irgendeine Basis reinreden würde, ist nicht ersichtlich, und das ist vielleicht auch besser so, weil es sich zumindest beim Fußvolk der Ini großteils um radikale AutofahrerInnen handelt, die an einem funktionierenden Bahnverkehr in Lindau überhaupt kein Interesse haben. Probleme kriegt er dann erst in ein paar Jahren, wenn ihn diese Leute an seinen Wahlversprechen von einem staufreien Lindau messen und wahrscheinlich lynchen werden, denn laut Prognose des Kemptener Straßenbauamts bringen, wenn der Hauptbahnhof nach Reutin kommt, schon allein die FußgängerInnen, die dort zusätzlich über die Straße wollen, den absoluten Verkehrskollaps am Berliner Platz.

Jim

Natur schützen

Die Besetzung von vier Bäumen im Hambacher Forst, der dem Braunkohletagebau weichen soll, wird von Polizei und RWE vorerst geduldet und von den BesetzerInnen fleißig ausgebaut. Bis jetzt wird der Ball flach gehalten. RWE-MitarbeiterInnen machen sich Sorgen, dass jemand in die kilometergroße Tagebaugrube fallen könnte, der Förster sorgt sich, dass die Besetzung neben Baggern und Kraftwerken die Viecher verrückt machen könnte, während sie den Wald vor der Abholzung schützt, und die RWE-hörige Lokalpresse berichtet einfach erst mal gar nicht. Auch noch interessant die These der RWE-MitarbeiterInnen, die Luftverschmutzung in der Umgebung des Tagebaus stamme aus dem jetzt abzuholzenden Wald.
Am offenbar letzten deutschen Freiland-Genversuchs-Acker in Üplingen gab es vom 20.-22.4. eine aktivistische Inspektion und Gegeninformationsveranstaltungen.
Eine "Karawane gegen Kinderkrebs" hat ein Kinder-Krankenbett von Göttingen ans AKW Grohnde geschoben (gut, ein Stück weit hat ihnen auch ein Zug geholfen) und unterwegs verschiedene Protestkundgebungen abgehalten, u. a. an einer EON-Niederlasssung. Es beteiligten sich zeitweise über 50 Leute. AKWs verursachen Krebs auch schon im ganz normalen Betrieb ohne Supergau, wie die Kinderkrebsstudie gezeigt hat. Während der Abschlusskundgebung am Tschernobyltag schwirrte über dem AKW übrigens ein Hubschrauber herum, der der Polizei auch unbekannt war und da eigentlich gar nicht sein dürfen hätte. Nebelmaschinen und Abfangjäger wurden trotzdem nicht gesichtet und der Hubschrauber verschwand freiwillig wieder, ohne einen Terroranschlag durchzuführen.
In Frankreich ist die Sicherheitslage nicht besser, wie Greenpeace wenige Tage später mit einem Experiment zeigte: Ein Aktivist konnte unbehelligt mit einem Motordrachen auf das Gelände eines AKWs fliegen und dort mit Rauchbomben um sich schmeißen. Die Betreiberfirma beruhigte die Öffentlichkeit, sie sei zu keinem Zeitpunkt in Gefahr gewesen und der Typ sei ja auch verhaftet worden.
Ein ganz anderes Sicherheitsproblem wurde am Schweizer AKW Leibstadt festgestellt: Dort befinden sich Legionellen im Kühlwasser! Der Kühlkreislauf werde jetzt mehrfach komplett gechlort, bis man das Wasser wieder unbedenklich in den Fluss einleiten und als Trinkwasser... ähm?!?
Und im Großraum Lindenberg/Isny/Lindau gibt es künftig mit der Gruppe FORUM Westallgäu gegen Atomkraft einen eigenen Ableger der Gundremminger Anti-Atom-Initiative "Forum gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik".

Die Hippietante

Strafverfolgung

Der EA Frankfurt teilt mit, dass die Pigs offenbar gegen alle, die bei der antikapitalistischen Demo am 31. März festgenommen oder gekesselt und anschließend kontrolliert wurden, Ermittlungsverfahren einleiten wollen. Es gibt sogar ne Extra-Soko mit 25 Nasen. Stellt Euch auf entsprechend aufwendige Soli-Arbeit ein, und wenn Ihr betroffen seid, kontaktiert den EA unter ea-frankfurt.org oder frankfurt.rote-hilfe.de und vergesst nicht, Gedächtnisprotokolle zu schreiben.
Am 19.4. wurde am Landgericht Karlsruhe ein Antifaschist vom Vorwurf freigesprochen, als Rädelsführer der Antifa-Aktionen am 1. Mai 2009 in Ulm Landfriedensbruch und Uniformierung begangen zu haben. Ein Gutachter identifizierte ihn zwar "eindeutig" anhand von Fotos, nur blöderweise zeigten diese Fotos unterschiedliche Personen. Dunkler Pulli, Jeans und Gürteltasche kommen halt irgendwie öfters vor. Ungeklärt blieb deshalb, ob ein dunkler Kapuzi schon als Uniform zählt, und nicht mal die Wertung der versuchten Teilnahme an einer angemeldeten Kundgebung als Landfriedensbruch wurde vom Gericht in Frage gestellt.
Zwei Tage später erwischte es dann auf einer Demo in Ludwigshafen den nächsten Antifaschisten. Deniz K. wurde unter dem Vorwurf des versuchten Totschlags verhaftet, weil er am 31.3. bei der Antifa-Demo in Nürnberg zwei Polizisten mit einer fingerdicken hölzernen Fahnenstange auf die Helme geschlagen haben soll. Nicht verhaftet wurden die Cops, die bei dieser Demo zwei Leute ins Krankenhaus geprügelt haben. Soli-Kundgebungen gab es in Duisburg, Basel und Nürnberg am Knast. Am 27. demonstrierten dann in Nürnberg 150 und in Duisburg 30 Leute für seine Freilassung.
Die Hausdurchsuchungen bei AntifaschistInnen in Sachsen gehen weiter. Innenminister Ulbig will damit angeblich die antifaschistische Jugendkultur zerschlagen. Am 26.4. traf es einen Leipziger. Neben den Dresdener Nazidemoblockaden geht's auch wieder um das Osterfeuer in der Heeres-Offiziersschule. Am 30.4. demonstrierten in Leipzig 600 Leute gegen die Durchsuchungswelle mit mittlerweile 40 Betroffenen.
Wegen der Denunzierung der behördlichen Nazimethoden bei der Jagd nach illegalisierten ausländischen Kindern als Nazimethoden waren schon vor Jahren vier Leute in Tours verurteilt worden. Am 10.4. war in Orléans Berufungsverhandlung gegen drei davon, wobei die Strafen verschärft wurden. Der arme beleidigte Innenminister soll statt 3000 jetzt 6000 Euro Entschädigung kriegen, und zwar, weil das Verfahren so lang gedauert hat. Dazu kommen noch diverse Gebühren, Anwalts- und Gerichtskosten. Berufung wird eingelegt, zahlen müssen die drei aber trotzdem erst mal, weil das keine aufschiebende Wirkung hat. Nur die eigentliche Strafe von 500€ pro Nase ist auf Bewährung.
Am 24.4. wurde in Ribnitz-Damgarten Gericht über die Abnahme eines NPD-Plakats von einem Laternenpfahl gehalten. Das Gericht ermahnte den Täter, sich künftig nicht mehr bei solchen Taten erwischen zu lassen, und reduzierte die angedrohten 10 Tagessätze auf 10 Sozialstunden.
Stress gab's auch wieder im bzw. ums Internet. Angeblich weil die Uni Pittsburgh sich durch wiederholte anonyme Bombendrohungen genervt fühlte, wurde am 18.4. ein Server von Riseup in New York beschlagnahmt, weil darauf ein Mixmaster-Programm lief, das es ermöglicht, E-Mails zu anonymisieren, was z. B. für widerständige Menschen in repressiven Staaten ziemlich lebenswichtig sein kann. Eigentlich war von vornherein klar, dass auf dem Server keine Daten zu finden sind, und die Bombendrohungen gingen auch ohne ihn weiter. Daten der NutzerInnen von riseup-Mailkonten waren nicht betroffen, nur die Adressen funktionierten ein paar Stunden lang nicht. Vom Netz gingen dagegen rund 300 E-Mail-Konten, bis zu 80 Mailinglisten und ein ganzer Schwung Webseiten, denen nicht mal vorgeworfen wurde, etwas mit den Bombendrohungen zu tun zu haben.
Auch Blogsport hat Ärger, und zwar wegen der Bemühungen eines Anwalts, der einen Blog gegen Air France KLMs Geschäfte mit Versuchstieren schließen lassen wollte. Letztlich wurden einige Infos zensiert, aber der Blog konnte nach 12 Tagen Unterbrechung weiterlaufen, und die finanziellen Drohungen gegen Blogsport selbst scheinen vom Tisch zu sein.
Die Medienfreiheit im Äther bekommt das Volk weiterhin nur sehr behutsam dosiert verabreicht. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) schaltet das Freie Radio in Potsdam zum 23.5. ab, weiteren Radio-Initiativen wird die Sendezeit massiv gekürzt. Sie geht an einen Musiksender und den eigenen offenen Kanal der MABB. Das geht ganz ohne Begründung.
Auf einem Europol-Treffen am 25.4. in deren Zentrale in Den Haag sollte es u. a. um AnarchistInnen und das No-Border-Netz gehen. 35 AnarchistInnen protestierten vor der Europol-Zentrale mit einer öffentlichen Lesung zum Thema Europol. In Berlin demonstrierten aus diesem Anlass 200 Leute gegen Europol und die Kriminalisierung von "Euro-Anarchisten" u. a. vor dem Terrorabwehrzentrum des BKA.

Prozessgruppe

Knast heißt Hunger

Pit Scherzl, Vorsitzender der Interessenvertretung Inhaftierter (IvI), befindet sich nach seinem abgebrochenen Hungerstreik nun schon seit zwei Monaten in Isohaft in der JVA Rheinbach. Und zwar nur zu seinem eigenen Schutz, denn gegenüber den Wachteln haben ihn Mitgefangene bedroht. Wer das gewesen sein soll, möchten die Büttel ihm nicht erzählen. Ach so.
In Hamburg sind laut Bildzeitung Ende April gleich 23 Gefangene in den Hungerstreik getreten, um bessere Haftbedingungen und mehr Kontaktmöglichkeiten zu verlangen. Und in Israel sind mittlerweile 1500 "Verwaltungshäftlinge" im Hungerstreik. Verwaltungshaft kann (natürlich nur gegen PalästinenserInnen) von Polizei und Militär ohne Gerichtsurteil und sogar ohne Begründung verhängt werden und beliebig lange dauern. Es kommt zu Soli-Hungerstreiks außerhalb der Knäste und zu wöchentlichen Solidemos (nicht nur von PalästinenserInnen).
Vollkommen empört ist die gesamte Politik darüber, dass die Ukraine Häftlinge mit Verdacht auf Bandscheibenvorfall nicht sofort in ein Land ihrer Wahl ausreisen lässt. Merken wir uns einfach mal, für den Fall des Falles. Weil Deutschland so ein demokratisches Menschenrechtsland ist, gehen wir davon aus, dass es sich selbstverständlich daran hält und der Eindruck, kranke Häftlinge kämen hier erst raus, wenn sie schon fast tot sind, ganz bestimmt falsch ist, auch wenn gerade erst in der letzten Zecke wieder mal sowas stand.
Nee, im Ernst, Politik wird wie immer nach Sympathien und Interessen gemacht. Julia Timoschenko war "dem Westen" wegen ihrer Abgrenzung zu Russland sympathisch, und der russischen Regierung ist sie jetzt sympathisch, weil sie damals den Öl- und Gasvertrag mit den hohen Preisen unterschrieben hat, für den sie dann verknackt wurde (witzigerweise bekam sie einfach keine besseren Preise, weil sie der russischen Regierung damals unsympathisch war, und unterschreiben musste sie, weil die Gasprom sonst der Ukraine den Hahn zugedreht hätte).
Der ukrainischen Bevölkerung war sie vor ihrer Amtszeit sympathisch, weil sie gegen die Regierung war; sie wählte sie und setzte das Wahlergebnis mittels der sogenannten orangen Revolution durch. Und weil sie in ihrer Amtszeit außer nationalistischen Parolen und Klientelwirtschaft nix auf die Reihe gekriegt hat, nicht einmal eine Verbesserung der Menschenrechtslage, kräht da drüben jetzt kaum ein Hahn nach ihr, was für ne ehemalige Revolutionsheldin schon ein ziemlicher Abstieg ist.
Der Prozess gegen sie war natürlich politisch motiviert und unfair, für den Gaspreis konnte sie ja nichts. Fairerweise hätte man sie hingegen für alles mögliche Andere (Korruption, Bereicherung, Menschenrechtsverletzungen) verknacken können, aber das will die jetzige Regierung nicht, weil sie dieses Andere alles selber auch begeht und da keinen Präzedenzfall schaffen möchte.
Am 21.4. demonstrierten in Frankfurt/M. 1200 v. a. kurdische Menschen gegen die Isohaft von Abdullah Öcalan und in Berlin, London-Brixton, Mexiko Stadt und mehreren französischen Städten jeweils Hunderte für die Freilassung von Mumia Abu-Jamal.

AK Mauerspecht

Revolutionäre Erbsen zählen

Offenbar steht in Deutschland nur noch ein einziges Occupy-Camp, nämlich das in Frankfurt an der EZB, und auch dort läuft schon eine Medienkampagne gegen den "Schandfleck", womit leider nicht die EZB gemeint ist. Die wird erst Mitte Mai wieder kritisiert, wenn die Blockupy-Aktionstage Frankfurt erschüttern werden. Eine weitere Kritikzielscheibe gibt dort die Deutsche Bank ab, z. B. als einer der wichtigsten Akteure im globalen Agrar-Spekulationsgeschäft. Beim Aufkauf von Ackerland ist sie speziell in Lateinamerika und Asien fett mit dabei, und mit einer Investitionssumme von fünf Milliarden Dollar ist sie der größte Spekulant im Geschäft mit Nahrungsmitteln.
In Karlsruhe gab es bereits am 21.4. eine antikapitalistische Mai-Vordemo mit 40 TeilnehmerInnen. Eine spontane Nachdemo besuchte und schloss die Zeitarbeitsfirma Randstad, während eine prokapitalistische Jubeldemo sich um die Macht der Banken und Konzerne sorgte.
Nach der New Yorker anarchistischen Buchmesse gab es eine Demo mit 150 Leuten, die zu einer Party in einem Gemeinschaftszentrum führte. Weil unterwegs ein paar Mülltonnen umfielen, Graffiti entstanden und angeblich auch zwei Polizisten bei einem Angriff von 25 AnarchistInnen verletzt wurden, razzte die Polizei kurzerhand die Party und verhaftete drei Leute. Anlass der Zusammenstöße war der Versuch der Demo, in einem Starbucks zu demonstrieren, der sie aber kurzerhand aussperrte. Daraufhin wurde von außen angeklopft, was das Management dazu brachte, sich unter den Tischen zu verstecken, obwohl dort auch laut Polizei keine Fenster beschädigt wurden.
Am 1. Mai waren auch heuer wieder jede Menge revolutionäre Maidemos angesagt, und es war auch alles Mögliche los, nur ehrlich gesagt, die Revolution gab's dabei auch diesmal nicht. In Berlin gab es im Rahmen der "Aufstandstage" bzw. "insurrection days" mehrere Tage lang Demos, Aktionen und insbesondere Hausbesetzungen. Die wurden alle schnell wieder geräumt; bei einigen soll es sich auch um heimtückische Scheinbesetzungen gehandelt haben. Immerhin konnte am Samstag ein Spontankonzert für den Erhalt der "Kirche von Unten" (gekündigt zum 31.12.) im Mauerpark stattfinden, aber auch das wurde vorzeitig von den Bütteln beendet. Und dann folgten auch schon die eigentlichen Maidemos: Am Abend des 30. April kamen vielleicht 4000 Leute auf eine Demo im Wedding, die sich auflöste, nachdem die Polizei versuchte, sie einzukesseln. Am 1. gab's dann als neuen Gag vor der 18-Uhr-Demo eine unangemeldete 17-Uhr-Demo gegen Gentrifizierung, an der über 2000 Leute teilnahmen. Pünktlich bis zur 18-Uhr-Demo schafften sie es nicht, aber das war auch wurscht, denn die lief erst um halb acht los.
Um 18 Uhr wollten dann bis zu 25.000 Leute (Angabe der Berliner Zeitung!) für die Revolution demonstrieren, was Berliner Rekord gewesen sein dürfte. Es gab immer wieder kleinere Konfrontationen mit der Polizei und Sachbeschädigungen, und um neun wurde die Demo am Jüdischen Museum von der Polizei mit einem Frontalangriff auf die Demospitze brutal aufgelöst, offenbar weil die die Straßenschlacht aus propagandistischen Gründen genau dort haben wollte. Danach verlief sich das aufständische Volk in den Partymeilen, den öffentlichen Raum hatten die Cops ziemlich im Griff.
Dass die 17-Uhr-Demo nicht ungehindert zur 18-Uhr-Demo kam, lag übrigens daran, dass der Zugang von niedersächsischen Cops abgesperrt wurde und die entsprechende Anweisungen von Berliner Zivis, die Demo doch einfach durchzulassen, ignorierten. Wenigstens haben sie sich diesmal nicht gegenseitig verprügelt.
Antikapitalistische Vorabenddemos gab's auch in Fürth und Kiel mit je 300 Leuten und in Köln mit 50, von denen mangels Anmeldung auch noch acht festgenommen wurden.
In Zürich waren am 1.5. laut Cops 12.000 Leute auf der Demo, es gab nur minimale Zusammenstöße, und die übliche Nachdemo fiel diesmal offenbar aus. In Nürnberg demonstrierten 3000 Leute für eine revolutionäre Perspektive und feierten anschließend auf dem traditionellen internationalistischen Straßenfest im Gostenhof. In Stuttgart gingen die Radikalen erst mal auf die DGB-Demo, anschließend beteiligten sich 700 Leute an der revolutionären Veranstaltung. Auch in Oldenburg waren es über 500 Leute. Eine explizit anarchistische Demo gab's in Dresden mit knapp 90 Leuten.

Die Revolutionsqualitätskontrolle

Unterdrückungsapparate

Nach der Hinrichtung der angeblichen U-Bahn-Attentäter ist in Weißrussland jetzt erstmals eine Mehrheit der Bevölkerung gegen die Todesstrafe. 50% sind dagegen, 41% dafür. Vor zwei Jahren stand es noch 55:37 für die staatlichen Morde.
Auch in den USA rückt die Abschaffung der Todesstrafe näher. Nach Illinois, New Jersey und New Mexico ist jetzt auch Connecticut als 17. Bundesstaat dabei, die amtliche Lynchjustiz zu beenden. Sobald es in 26 Staaten keine Hinrichtungen mehr gibt, könnte man einen Versuch unternehmen, die Todesstrafe vom Supreme Court im ganzen Land verbieten zu lassen. Weltweit gibt's zur Zeit fast 19.000 Menschen, die zum Tod verurteilt sind und auf ihre Hinrichtung warten, davon 3200 in den USA, die immer noch den 5. Platz der weltweiten Hinrichtungsstatistik belegen (nach China, Iran, Saudi-Arabien und Irak).
Mumia Abu Jamal wird ja nicht mehr hingerichtet, der sitzt bloß seit über 30 Jahren, und wenn er alt genug wird, sitzt er auch nochmal 30 Jahre. Wenig überraschend hat das Oberste Gericht von Pennsylvania am 23.3. einen Antrag auf ein neues Verfahren abgelehnt, der da schon ein paar Jährchen herumlag. Am Karsamstag forderten 600 Leute mit einer Menschen- und Transpikette rund um die Berliner US-Botschaft Mumias Freilassung (und die weltweite Abschaffung der Todesstrafe, abgesehen davon), weitere Aktionen sind rund um seinen Geburtstag am 24.4. geplant.
Nach dem Gesetz ist vor dem Gesetz. Nachdem in den USA in den letzten Monaten zwei exzessive Internet-Überwachungs-Gesetze gescheitert sind, bringt der Kongress mit CISPA schon den nächsten Versuch auf den Weg. Und international ist ACTA auch noch nicht vom Tisch.
In Britannien fordert ein 87-jähriger Anti-Kriegs-Aktivist aus Brighton per Gericht die Löschung der "Inlandsextremismus"-Datei über politische AktivistInnen. Wenn er sein Recht auf Meinungsfreiheit wahrnehme, möchte er bitteschön weder als "Inlandsextremist" bezeichnet noch von einem staatlichen Überwachungsapparat belästigt werden. Die Polizei gab vor Gericht zu, seine Teilnahme an 66 Protestaktionen in den letzten vier Jahren in einer Geheimakte aufgezeichnet zu haben. Aus der Akte geht hervor, dass sie persönliche Daten über ihn gesammelt haben und dass dabei wiederum z. B. die Daten seiner Tochter erfasst wurden. Diese Daten dienen "anderen Diensten" als Informationsquelle und werden auch an "Kunden" weiterverkauft, z. B. an Konzerne, die sich dafür interessieren, weil sie von Protestaktionen betroffen sein könnten. Der Anwalt der Bullen erklärte dazu, wer sich öffentlich engagiere, könne doch nicht im Ernst erwarten, dass seine Privatsphäre respektiert werde.
Lustiges Spitzelraten in Berlin: Nachdem eine Frau aus dem Umfeld der Antifaschistischen Linken Berlin im Internet als VS-Spitzel geoutet worden war, versuchte die ALB, diese Vorwürfe zu untersuchen, fand aber keinerlei Belege und wurde auch von den anonymen VerfasserInnen des Outings nicht kontaktiert, so dass vermutet wird, dass es sich um ein Fake handelt. Gestrickt wurde es offenbar aus Informationen aus dem Facebook-Account der Frau. Demnach könnte es sich um eine gezielte Zersetzungsaktion von Faschos handeln, die die Daten dort abgegriffen haben; staatliche Stellen hätten dafür bessere Daten zur Verfügung gehabt.
In Spanien sollen Internetaufrufe zu Versammlungen, bei denen es zu Ausschreitungen kommt, künftig als Straftat gelten. Du musst also gar nicht zu Gewalt aufrufen, es reicht schon, dass Du zu einer Versammlung aufgerufen oder einen Aufruf weitergeleitet hast – sobald es dort (aus welchem Grund auch immer) kracht, können sie Dich packen. Aktionen in und Blockaden vor öffentlichen Einrichtungen sollen automatisch als "Störung der öffentlichen Ordnung" gelten, und die Beteiligung an "Störungen der öffentlichen Ordnung" wiederum als "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung". Da wird also mal wieder mit der ganz großen Kelle eine repressive Suppe angerührt, die dank des Interpretationsspielraums alle möglichen Formen des Widerstands mit unkalkulierbaren Strafrisiken bedroht und die Leute davon abschrecken soll, sich zu wehren. Anlass sind angeblich Ausschreitungen beim Generalstreik am 29.3.
Kriminalisiert werden auch wieder mal die Anti-WEF-Proteste in der Schweiz. TeilnehmerInnen der gekesselten Demo in Bern am 21.1. kriegen gerade Strafbefehle. Die Rote Hilfe empfiehlt, unbedingt fristgerecht per Einschreiben Einsprache zu erheben und die Akten anzufordern, bevor eine Vorladung kommt. Und natürlich schnell die Rote Hilfe zu kontaktieren (rotehilfe-at-aufbau-punkt-org).
Nachdem die letzten Aktionen der Bullen gegen den antifaschistischen Widerstand in Dresden in der Öffentlichkeit eher ungeschickt rüberkamen, ums mal dezent zu formulieren, findet das ganze jetzt etwas leiser statt, sie sparen sich sogar die bisher üblichen reißerischen Pressemitteilungen. Trotzdem gab's am 4. und 12.4. in Dresden weitere Hausdurchsuchungen. Außerdem möchte das LKA das Rätsel lösen, wo denn diese ganzen ultrafitten NinjaaktivistInnen herkommen, die jedes Jahr den Naziaufmarsch durch sportliches... äh... Rumsitzen zerschmettern, und ließ sich deshalb nach entsprechenden Hinweisen vom "Vollfit", einem Fitnessstudio, die Kundenkartei geben. Das Vollfit erwies sich als nicht so ganz fit in der Birne, rückte die Daten ohne richterlichen Beschluss und ohne die Betroffenen zu informieren raus und ließ sogar eine Videoüberwachung seiner Räumlichkeiten zu.
Die Gruppe Reporter ohne Grenzen beschwert sich darüber, dass mehrere unabhängige weißrussische JournalistInnen nicht mehr ins Ausland dürfen und gleichzeitig einem tschechischen die Einreise verweigert wurde.
In St. Petersburg versuchte die Polizei in der Nacht auf den 22.1., aus dem 15-jährigen Nikita Leontjew ein Geständnis wegen Diebstahls herauszuprügeln. Nikita bestand auf seiner Unschuld und erlag noch in derselben Nacht seinen Verletzungen. Am 2.4. gab es einen fehlgeschlagenen Versuch, den Tatort anzuzünden.
Im Prozess um die Verbrennung von Oury Jalloh auf der Dessauer Polizeiwache soll nach der erneuten Befragung eines Brandexperten am 20.4. entschieden werden, ob ein neues Brandgutachten in Auftrag gegeben wird. Den Auftrag des BGHs, Ourys Todesumstände lückenlos aufzuklären, hat das Gericht ja bisher bei weitem nicht erfüllt. Während es die Anklage gegen den Schichtleiter um "Freiheitsberaubung mit Todesfolge" erweiterte, weil Ourys Inhaftierung rechtswidrig war, hat es die These, Oury hätte sich, obwohl er an allen vieren angekettet war, selbst angezündte, nie ernsthaft in Frage gestellt, obwohl die Beweisaufnahme das immer unmöglicher erscheinen ließ – aber dass ihn die Bullen angezündet haben, ist natürlich noch viel unmöglicher.
Nachdem Bilbao Anfang April gegen Schalke im Europapokal eine Runde weitergekommen war, wurde dort gefeiert. Irgendwie gab es dabei Stress mit der Polizei. Dabei geriet der 28-jährige Iñigo Cabacas in der Nähe des Stadions in eine Polizeiattacke, bekam aus nächster Nähe ein Gummigeschoss an den Kopf, legte sich mit Schädelbruch drei Tage ins Koma und starb dann. In Hamburg ist am 20.4. eine Solidemo für ihn.
Ein aidskranker Langzeit-Gefangener der JVA Bruchsal, der seit Anfang 2011 um seine Freilassung wegen Haftunfähigkeit gekämpft hat, ist am 10.4. gestorben, nachdem er am Vortag mit akuter Lungenentzündung endlich aus dem Knast ins Krankenhaus verlegt worden war. Sein Entlassungsantrag wegen Haftunfähigkeit gammelte seit Sommer unbearbeitet beim Landgericht herum, auch der Einsatz eines Anwalts half nichts, ebensowenig ein Begnadigungsgesuch an Ministerpräsident Kretschmann und die Atteste des Gefängnisarztes, der die akute Lebensgefahr bestätigte.
"Vorzeitig" entlassen wurde dagegen am 12.4. der seit 2006 inhaftierte ebenfalls schwerkranke Menschenrechtler Alischer Karamatow. Der sollte eigentlich noch drei Jahre absitzen, weil er Bauern dazu erpresst hatte, arme unschuldige Verwaltungsfunktionäre zu beschuldigen, sie abzuzocken. Zumindest haben Staatsanwaltschaft und Gericht das gesagt. Eigentlich hätte er auch schon seit drei Jahren draußen sein sollen, weil er nämlich schon seit 2008 an Tuberkulose erkrankt ist und man nach einem Jahr ständiger Krankheit wegen Haftunfähigkeit entlassen werden muss. Hoffen wir mal, dass wenigstens der überlebt.
Zu seiner Freilassung haben internationale Proteste beigetragen, u. a. von der Lindauer Amnesty-Gruppe. Weniger Glück hatte der Journalist Muhammad Bekdshanow, der ebenfalls in Usbekistan sitzt und nur wenige Tage vor Ende seiner 13-jährigen Haftstrafe nochmal fünf Jahre Nachschlag wegen "Verletzung der Gefängnisordnungsregeln" bekam. Seit 1999 in Haft, hält er derzeit vermutlich den Weltrekord unter den inhaftierten JournalistInnen, zumindest wenn man Mumia Abu Jamal nicht mitrechnet.
In Griechenland gibt's wieder mal einen Knast-Hungerstreik, und zwar verweigern aus Protest gegen ihre unverhältnismäßig verschärften Haftbedingungen und sonstige Schikanen seit Anfang April immer mehr Mitglieder und SympathisantInnen der "Verschwörung der Feuerzellen" das Essen. Die U-Haft einer Gefangenen wurde daraufhin nicht mehr verlängert, gilt aber trotzdem noch bis Juni. Sie sitzt seit 16 Monaten ausschließlich wegen eines gefälschten Ausweises. Draußen gibt's im In- und Ausland solidarische Proteste und Brandanschläge.
Aus dem Gefängnis von Arlon (Belgien) sind zwei Gefangene entkommen, indem sie zwei Wärter überwältigten und ihnen die Schlüssel abnahmen. Das Personal trat daraufhin für einen Tag in den Streik.
Seit dem 1.3. führen 15 KurdInnen in Straßburg einen Hungerstreik vor dem Europaratsgebäude durch, um mehr Rechte für KurdInnen in der Türkei und vor allem die Freiheit von Abdullah Öcalan zu fordern.

Prozessgruppe

Peacemakers bei der Arbeit

Helden-Jubiläum bei der Bundeswehr: Nach einem Selbstmord im Kosov@ Ende März hat sie endlich ihren 100. Auslandstoten. Ohne Selbstmorde sind's allerdings erst 80. Der Job scheint nicht so toll zu sein wie die Werbung immer behauptet.
Wegen des Dresdner Osterfeuers von 2009, bei dem ziemlich viele Bundeswehrfahrzeuge draufgegangen waren, wurde in Finsterwalde eine vor einem Monat bereits gerazzte Wohnung am 19.4. nochmal acht Stunden lang zerlegt, und zwar diesmal im wörtlichen Sinne mit Hilfe einer Spedition, die den Bullen half, Möbel auseinanderzubauen, um vielleicht doch noch irgendein verstecktes Beweismittel zu finden. Die Opfer dieses Bastelworkshops sind übrigens gar nicht die Beschuldigten, sondern deren Eltern.
Bis zu 300 Leute haben sich am Ostermontag am Bodensee-Ostermarsch mit Aktionen auf beiden Ufern beteiligt. In der Schweiz wurde die Steinacher Firma Hartchrom besucht, die u. a. Geschützrohre bearbeitet. In Friedrichshafen wurde wegen des angedrohten Panzerexports nach Saudi-Arabien zur Blockade der MTU aufgerufen, die die Motoren herstellt. In Berlin beteiligten sich 900 Leute am dortigen Ostermarsch, in Frankfurt 1300 und in Stuttgart über 1000; außerdem gab's noch einen Haufen andere Aktionen, aber nix war so spektakulär, dass es die Redaktion erreicht hätte. Thema waren meist Rüstungsindustrie und Rüstungsexporte. Die EU hat übrigens die USA im letzten Jahrzehnt bei den Rüstungsexporten überholt, und innerhalb der EU liegt Deutschland neuerdings vor Frankreich. Und trotz gegenteiliger Propaganda werden mit den EU-Waffen hauptsächlich Diktaturen in Spannungsgebieten unterstützt, z. B. die arabischen Golfstaaten.
Die asiatischen Länder versuchen es unterdessen mit eigenen Waffen und sind dabei dem Ziel, einen effektiven Atomkrieg auch auf ihrem Kontinent möglich zu machen, einen großen Schritt nähergekommen. Die nordkoreanische Opa-Kim-Jubelrakete erwies sich zwar als Kracher, weil der Protokollchef des Großen Bruders kurzfristig draufgekommen ist, dass Feuerwerk für so einen Anlass doch sowieso viel angebrachter ist als ein langweiliger Satellitenstart, aber Indien legte diese Woche mit einer Langstreckenrakete nach, mit der es seine Atomwaffenbestände bis in die hintersten Ecken Chinas verteilen kann.
Südkorea hat im Gegensatz zu seinen Nachbarn keine Atombomben und muss sie sich deswegen von den Amis leihen. Auf der Insel Jeju gibt's deswegen schon seit fünf Jahren ständig Ärger, weil die BewohnerInnen des Dorfes Gangjeong der US-Marine kein Land für eine Raketenbasis überlassen wollen. Die südkoreanischen Sicherheitskräfte haben deshalb den Schutz der 6%igen Minderheit im Dorf übernommen, die für die Basis ist, und zahlreiche Mitglieder der aggressiven störenden Mehrheit vorübergehend festgenommen, damit der Bau beginnen konnte. Dafür wird jetzt erst einmal die kilometerlange Felsklippe am Strand weggesprengt (Touris kommen da eh keine mehr, wenn das mal militärische Sperrzone ist). Bauleitung macht übrigens die Firma Samsung, die Ihr ja eigentlich eher als Handyhersteller kennt.
Mit einer Gegenstimme hat sich der Amerika-Gipfel am 14.4. für die Legalisierung aller Drogen ausgesprochen, weil ihre Kriminalisierung riesige Prohibitionsgewinne in kriminelle Netzwerke treibt und die damit einen Krieg führen, der von Mexiko ab südwärts den ganzen Kontinent verwüstet.

Netzwerk Vaterlandsloser Gesellen

Grasse Sprüche

Günther Grass hat unter dem Titel "Was gesagt werden muss" ein Gedicht geschrieben, in dem er u. a. die Politik der israelischen Regierung kritisiert. Die üblichen Verdächtigen finden das jeweils toll oder schlimm und der Streit eskaliert dem althergebrachten Schema entsprechend, SS-Günni kloppt sich mit der Israel-Stasi, der ganze Rest gräbt sich rundherum in seinen bewährten Gefechtspositionen ein, und die Scharfmacher unterscheiden sich von den besonnenen Stimmen eigentlich bloß graduell in der Menge Dreck, die sie aufeinander werfen.
Weil der Text nicht ganz so einseitig ist wie seine Rezeption, ergeben sich beim genauen Lesen einige lustige Konstellationen. Die iranische Regierung lobt also Grass in den höchsten Tönen dafür, dass er ihren Präsidenten als Maulhelden bezeichnet und eine "unbehinderte und permanente Kontrolle" des iranischen Atomprogramms fordert, mal ganz abgesehen davon, dass er den Holocaust immerhin als deutsche "Verbrechen, die ohne Vergleich sind" erwähnt, obwohl das doch laut Ahmadinedschad alles gelogen ist; unter anderen Umständen wäre so ein Schreiberling mindestens ausgepeitscht worden.
Es stellt sich wieder mal das alte Problem: Es gibt, vor allem natürlich in Deutschland, immer noch so dermaßen viele AntisemitInnen, dass man praktisch keine Kritik an Israel äußern kann, ohne dass sofort eineR von denen sabbernd und geifernd aus dem Busch gesprungen kommt und mit Schaum vor dem Mund verkündet: "Genau! Die Juden! Ich hab's doch immer schon gewusst!" Grass hat das zu lösen versucht, indem er in dem Text seine antifaschistische und sogar pro-israelische Grundhaltung so deutlich zum Ausdruck bringt, dass einem Nazi, der auch nur einen Funken Selbstachtung hat, eigentlich die Galle hochkommen müsste, wenn er z. B. seine deutsche Herkunft als "von nie zu tilgendem Makel behaftet" bezeichnet. Es funktioniert deshalb nicht, weil der Sabberfascho aus dem Busch so strunzblöd ist, dass er das gar nicht checkt, oder so verbohrt, dass er es vor lauter Freude über die Bestätigung seiner Vorurteile ignoriert. Und psychologisch gesehen ist Rassenwahn eh ein Ausgleich für fehlende Selbstachtung.
Jetzt fragt Ihr Euch vielleicht, was Grass denn eigentlich sagen zu müssen meint. Er kritisiert einen Rüstungsexport, nämlich die Lieferung eines (weiteren) deutschen U-Bootes, von dem aus noch dazu Raketen mit Atombomben abgeschossen werden können, an Israel. Rüstungsexporte in Spannungsgebiete sind aus gutem Grund verboten, und der Nahe Osten gehört da selbstverständlich dazu, gerade jetzt, wo nicht ganz klar ist, ob der Iran Atombomben baut und die israelische Regierung laut überlegt, dagegen mit Bombenangriffen vorzugehen. So weit ist die Kritik OK. Aus dieser Ausgangslage reimt sich Grass aber zusammen, dass die israelische Regierung das U-Boot haben will, um diesen Angriff mit Atombomben (die sie ja schon hat) durchzuführen, so dass die Lieferung dieses U-Boots ein wesentlicher Beitrag zu einem unmittelbar bevorstehenden, richtig krassen Kriegsverbrechen wäre.
Tatsächlich ist kaum anzunehmen, dass die israelische Regierung einen Atomkrieg vom Zaun brechen will, denn für so ein kleines Land wäre das glatter Selbstmord. Die atomare Drohkulisse ist wohl eher dazu gedacht, die Nachbarstaaten von Gegenschlägen abzuhalten (was funktionieren kann oder auch nicht); andererseits bewirkt auch schon die konventionelle Bombardierung von Atomanlagen eine radioaktive Sauerei schwer zu kalkulierenden Ausmaßes, und dass die Lieferung von Rüstungsgütern das Militär stärkt und die Bereitschaft zu Militärschlägen erhöht, egal ob diese Waffe bei diesem konkreten Einsatz verwendet wird oder nicht, ist auch kaum zu bestreiten.
Grass kritisiert, dass solche Rüstungslieferungen von Deutschland nach Israel "als Wiedergutmachung deklariert" werden, auch wenn es nur ums Geschäft geht. Praktisch handelt es sich wohl um eine Art Ausgleich für die Rüstungslieferungen an Israels Nachbarstaaten, z. B. die berüchtigten Saudi-Panzer. Das Spielchen funktioniert ja auch in anderen Konfliktregionen ganz gut, siehe die Aufrüstung von Griechenland und Türkei, die beide als gute Natopartner deutsche Waffen kaufen dürfen, obwohl sie sie hauptsächlich gegeneinander richten. Da wäre wohl eher die praktische Seite des Rüstungsgeschäfts zu kritisieren als dessen ideologisches Deckmäntelchen.
Die iranische Regierung behauptet unterdessen, ihr Atomprogramm diene lediglich friedlichen Zwecken. Natürliches Uran ist zu 0,7% spaltbar. AKWs kann man mit Uran betreiben, das auf 3-4% angereichert ist. Für Atombomben braucht man eher 30-40%. Und das Uran, das sie da letztens auf 20% angereichert haben, war nur für medizinische Zwecke. Ach so, na wohl bekomm's. Rein völkerrechtlich darf die iranische Regierung natürlich genauso AKWs bauen wie jede andere. Und dafür, dass sie es besser bleiben lassen sollte, hat sie genausoviele Gründe wie jede andere Regierung, oder sogar noch ein paar mehr, denn der ganze Iran ist ein extrem gefährdetes Erdbebengebiet, und dort Atomkraftwerke hinzustellen ist genauso bescheuert wie in Japan. Aber in extrem geschlossenen Weltbildern ist dann wahrscheinlich auch noch der Jude schuld, wenn's rummst.
So, jetzt schaut Euch mal vorsichtig um... und wenn's irgendwo sabbert, wisst Ihr, was Ihr zu tun habt.

Atom-Combo

Kalter Ostwind

Gegen den inhaftierten Moskauer Antifa Schkobar gibt's eine zusätzliche Anklage. Nachdem die Beweislage im Fall der Randale auf einem Punkkonzi eher dünn ist und die U-Haft am 15.5. auslaufen würde, wollen die Pigs ihm jetzt offensichtlich was völlig frei Erfundenes ans Knie konstruieren – am 17.4. wurde er einem Unbekannten gegenübergestellt, der ihn beschuldigte, ihn am 4.12. überfallen zu haben. Ebenfalls am 17.4. wurde außerdem der Anarchist Alexej "Sokrat" Sutuga bei einer Sammelaktion für die Gefangenenhilfsorganisation Anarchist Black Cross (u. a. zugunsten von Schkobar) verhaftet. Er sitzt mittlerweile im Untersuchungsknast Butyrka, und ihm wird ebenfalls eine Beteiligung an dem Konzert-Zwischenfall vorgeworfen.
Der seit 13 Jahren in Moskau lebende finnische Anarchist Antti Rautiainen hat seiner Ausweisung wegen "Extremismus" am 11.4. Folge geleistet. Er will aber versuchen, sein Aufenthaltsrecht juristisch oder politisch zurückzubekommen. Seine Anwältin hat bei der Einwanderungsbehörde allerdings die Gründe für die Ausweisung nicht sehen dürfen, denn die sind ja vom Geheimdienst FSB geliefert worden und deshalb geheim. Ätsch. In Moskau demonstrierten am Abend des 11. rund 50 Leute für ihn, am Rande provozierten ein paar Faschohools, flohen aber beim Anblick einer Kamera. Auf der Kundgebung sprach auch Andrej Marguljew von der Chimki-Bewegung, gebürtiger Moskauer, der seit 20 Jahren staatenlos ist und dem die Einwanderungsbehörde gerade erst erneut aus politischen Gründen die Einbürgerung verweigert hat.
Antti fühlt sich durch den Vorwurf, eine Bedrohung für die Sicherheit der Russischen Föderation zu sein, sehr geschmeichelt, bezweifelt aber, dass das zutrifft. Bisher musste sich die von Antti mitbegründete "Autonome Aktion" damit begnügen, von den unfähigsten FSB-Spitzeln überwacht zu werden, weil sie nicht besonders interessant war und jeder halbwegs fitte Kopf bei diesem Verein sich in die Abteilung für Wirtschaftskriminalität versetzen lässt, wo man von den Schmiergeldern wenigstens ordentlich leben kann. Und selbst ein Genosse, der vom FSB zu Überwachungstätigkeiten erpresst wurde, bekam gesagt, Antti sei uninteressant und harmlos, der sei ja nur in Russland, um sich vor dem finnischen Militärdienst zu drücken.
Während der Eichenhain im Wald von Chimki bei Moskau quasi in letzter Minute vor der Abholzung für das Projekt der Vinci-Autobahn gerettet wurde, wurde eine andere Umweltsauerei über den Winter durchgezogen: Mit einem Kanal wurde ein einige Kilometer langer Abschnitt des ökologisch wertvollen Flusses Kljasma trockengelegt, die ersten 200 Meter dieses Abschnittes wurden sogar komplett zugeschüttet. Bei diesen Arbeiten traten nun keine Strohfirmen mehr auf, sondern sie werden ganz offen vom französischen Vinci-Konzern durchgeführt und von der ebenfalls französischen Firma Pur Projet "überwacht", die sich als Umweltorganisation darstellt, tatsächlich aber nur Propaganda betreibt und den russischen UmweltschützerInnen vor Ort eigentlich bloß dadurch aufgefallen ist, dass sie versucht hat, sie zunächst mit viel Blabla und dann mit Geld zum Abhauen zu bewegen.
Chimki-Aktivistin Eugenia Tschirikowa bekam am 16.4. stellvertretend für die ganze Bewegung in San Francisco den Goldman-Umweltpreis verliehen und wurde von 3000 Gästen abgefeiert. Am Morgen des gleichen Tages wurde Chimki-Aktivist Alexej Dimitrijew, der wenige Tage zuvor den Bericht über die Verschüttung der Kljasma verfasst und eine Bürgerinspektion der Baustelle geleitet hatte, am Aufzug vor seiner Wohnung abgepasst und von mindestens zwei Leuten krankenhausreif geprügelt, die ihm außerdem das Handy klauten; war ne ziemliche Sauerei im Treppenhaus.

Der Wolf

Nazis ärgern

Lustige Werbeaktion für den Protest gegen eine Sarrazin-Lesung in Erfurt: Vor der Arbeitsagentur lief eine Fake-Sarrazinjugend auf und forderte die Zwangssterilisation von Erwerbslosen und MigrantInnen, weil sich Sarrazin ja in seinem Buch darüber beschwert, dass diese Unterschichten sich zu sehr vermehren. Schließlich rottete sich eine Gegenkundgebung zusammen, die beim Publikum deutlich besser ankam, und vertrieb die "Sarrazinjünger".
In Paris gibt es offenbar eine rassistische Mordserie: In den letzten fünf Monaten wurden vier "nicht registrierte" Menschen erschossen, und zwar alle mit derselben Waffe. Es gab in diesem Zusammenhang eine Verhaftung, Details wurden bis Redaktionsschluss nicht bekanntgegeben.
In Dorfmark bei Eschede (Niedersachsen) haben am Karfreitag 140 Leute gegen das alljährliche Treffen des rassistischen und antisemitischen "Bundes für Gotteserkenntnis" (nach ihrer Gründerin auch "Ludendorffer" genannt) demonstriert. Demonstriert wurde auch gegen ein gleichzeitig stattfindendes Treffen militanter Faschos in Eschede, ein Zusammenhang beider Veranstaltungen ist anzunehmen, was auch durch einen Vorfall am Sonntag bestätigt wird, als aus dem Tagungslokal plötzlich der Oberfascho Steffen Hupka herauskam und wartende JournalistInnen angriff. Der frühere Direktor des Lindauer Bodensee-Gymnasiums Hans Binder war erst kürzlich aus dem Verein ausgetreten, nachdem er als Mitglied und Leiter einer Ludendorff-Gedenkstätte geoutet worden war. Ob er trotzdem auf dem Treffen war, ist nicht bekannt, wer Lust hat, kann ja mal die Fotos im Internet durchgucken.
In Nordhausen griff auf der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Bombardierung der Stadt der NPD-Kreisvorsitzende die Oberbürgermeisterin tätlich an, als die ihm seinen Kranz zurückgab; er wurde festgenommen.
Der "Nachbarschaftsschützer", der in Sanford (Florida) den 17-jährigen Trayvon Martin wegen seines Kapuzis und seiner dunklen Hautfarbe als "verdächtig" einstufte und deswegen gleich in Notwehr erschoss, ist endlich inhaftiert und wegen Mordes mit bedingtem Vorsatz angeklagt worden. Er hält sich aber weiterhin für unschuldig. Die Bullen hatten ihn zunächst laufen lassen, weil sie "keine strafbare Handlung erkennen konnten", obwohl das mit der "Notwehr" des gut gebauten Täters gegen einen unbewaffneten schmächtigen Jugendlichen eigentlich ziemlich offensichtlich Käse ist. Die Verhaftung erfolgte nach heftigen landesweiten Protesten. In vielen Städten gingen Tausende gegen Rassismus auf die Straßen, viele mit Kapuzenpullis.
In Bialystok in Nordostpolen wurde in der Nacht auf Ostermontag ein Antifaschist von zwei Blood&Honour-Faschos zusammengeschlagen, die als Wachleute an einer Disco arbeiteten. Er starb kurz darauf im Krankenhaus. Es gab Antifa-Demos in Bialystok und Kattowitz, wo 50 Antifas verhaftet wurden.
In Berlin-Neukölln demonstrierten am Freitag, 13.4. 900 Leute gegen die lokale Naziszene, die parallel dazu in Marienfelde mit 50 Leuten auf die Straße ging, was weitere 200 Antifas nach Kräften behinderten, indem sie ihre Parolen übertönten und ihnen im Weg standen bzw. saßen, so dass der Aufmarsch schon nach der halben Strecke zu Ende war. Eine Woche zuvor war in Neukölln-Britz ein 22-jähriger offenbar aus rassistischen Motiven ermordet worden.
Eine Gruppe Faschos warf in der Nacht auf den 14.4. einen Brandsatz auf ein Haus in Hopsten bei Münster, weil dort AusländerInnen wohnen. Das Feuer wurde zum Glück gleich entdeckt, so dass es keine Verletzten gab. Die Polizei erwischte sechs von ihnen, die gestanden und Rassismus als Motiv nannten. Genau 20 Jahre und 10 Tage zuvor war im Nachbardorf Hörstel ein Flüchtlingsheim angezündet worden, wobei ein schlafender Mensch umkam; diese Tat wurde nie aufgeklärt.
Am 14.4. demonstrierten in Neuruppin 70 Faschos, es kam zu zahlreichen Störungen (teils mit kreativen technischen Mitteln, z. B. über Kundgebungsplätzen aufgehängten Lautsprechern) und mehreren Sitzblockaden durch 250 GegendemonstrantInnen. Gruppen von 20-60 Leuten drangen in den für die Nazidemo abgesperrten Bereich vor und ließen sich dann einfach da nieder, wo sie von den Cops erwischt wurden, die sie trotz gewaltsamer Zwischenfälle nicht wieder wegbekamen. Die Faschos schafften es nicht in die Innenstadt und kamen auch außerhalb nur 800 Meter weit. Nachdem acht Antifas direkt bis an die Nazidemo herankamen, griffen die Nazis sie an, was die Polizei zum Anlass nahm, das ganze Spektakel abzubrechen. Auch nachher gab es noch Konfrontationen, wobei die Polizei ca. 10 Antifas festnahm. Weniger erfolgreich war der Widerstand in Plauen, wo zwar 2000 Leute gegen 200 Nazis demonstrierten, die Cops beide Gruppen jedoch effektiv auseinanderhielten, so dass die Faschos ihren Stiefel durchziehen konnten.
In Lollar bei Gießen demonstrierten am selben Tag 250 Leute gegen Nazipropaganda, Hakenkreuzschmierereien, Schändungen jüdischer Friedhöfe und den ganz normalen Alltagsrassismus. Und in Salmbach im Elsass fand eine Saalveranstaltung mit 150 Faschos statt; die JN hatte den Dorfsaal für einen "Freizeitnachmittag" gemietet. Der Bürgermeister war etwas beleidigt.
Die Elite des deutschen Nationalismus hat sich konspirativ und supergeheim zur "Vereinigten Kameradschaft Deutschland" mit 30 Mitgliedern und ca. 20 AnwärterInnen zusammengeschlossen. Die Datenantifa hat den Vorgang dankenswerterweise dokumentiert, so dass Ihr die Pappnasen samt Fotos, ihre Vereinsstruktur und ihre Schandtaten, die sich bisher hauptsächlich gegen die deutsche Sprache und Rechtschreibung richten, jetzt auch auf einigen einschlägigen Internetseiten bewundern könnt.

AK Antifa

Reisestress

Die libysche Übergangsregierung erweist sich, was den Umgang mit MigrantInnen betrifft, als würdige Nachfolgerin des Gaddhafi-Regimes. Anfang April wurde ein weiteres Abkommen mit Italien unterzeichnet. Italien hilft bei der Ausbildung der libyschen Polizei, dafür verhindert Libyen, dass Leute ohne Papiere Richtung Italien ausreisen. Stattdessen sollen sie mit Hilfe der IOM "freiwillig" in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden.
Vier Überlebende der Flüchtlingstragödie mit 63 Toten im März 2011 auf dem Mittelmeer vor Libyen haben in Frankreich jetzt eine offizielle Klage gegen das Militär eingereicht, weil Nato-Schiffe ihr manövrierunfähiges Boot zwar bemerkt, ihre Hilferufe aber ignoriert hatten.
In der Westtürkei wurden bei einer Großrazzia 110 MigrantInnen verhaftet, die in den Westen weiterreisen wollten. Sie wurden nach Edirne gebracht und sollen abgeschoben werden.
Neben Panzern will Saudi-Arabien von der deutschen Rüstungsindustrie auch einen 9000 Kilometer langen Grenzzaun mit Überwachungsanlagen kaufen.
Im Abschiebeknast Coquelles hat am 4.4. ein Iraner einen Hungerstreik begonnen, weil er nach Ungarn abgeschoben werden soll. Zeitweise weigerte er sich sogar zu trinken. Er behauptet, nie in Ungarn gewesen zu sein, und fordert ein faires Asylverfahren. Die Wachteln erklären, das sei keine politische Aktion, sondern einfach ein Verrückter. In Belgien läuft seit fast drei Monaten ein Hungerstreik von 23 Sans-Papiers; andererseits musste einer der vier Flügel des Abschiebeknasts Vottem gesperrt werden – wegen Personalmangel! Die Begeisterung für die Kooperation im Schweinebusiness scheint sich trotz Wirtschaftskrise in Grenzen zu halten. Die Haftkapazität sinkt dadurch von 130 auf 90. Vorletzte Woche scheiterte dort übrigens ein Ausbruchsversuch, und am 12.4. wurde heimlich in einer Blitzaktion ein Mann abgeschoben, dessen Abschiebung kürzlich erst durch die Intervention eines Senators verhindert worden wer. Auch in einigen deutschen Städten sind wieder Proteste geplant, darunter auch Augsburg.
Die thüringischen Behörden wollen ein algerisch-ukrainisches Ehepaar loswerden, das sie eigentlich nicht abschieben können. In der Ukraine hätte der Algerier ein Problem mit Rassismus, und in Algerien hätte die Ukrainerin eins mit religiösem Fanatismus, weil sie Jüdin ist. Das Ausländeramt löst das Problem jetzt, indem es den beiden einfach eine zweimonatige Frist gesetzt hat, irgendwohin auszureisen, und anschließend getrennte Abschiebungen androht. Damit scheint dem "Schutz von Ehe und Familie" Genüge getan zu sein.
In Berlin hat am 19.4. eine Solidemo für den als "Blind Banga" bekanntgewordenen Flüchtling stattgefunden, der sein Augenlicht durch Polizeigewalt und Haftbedingungen verloren hat (in Deutschland übrigens) und jetzt auch noch in eine verwaltungsrechtliche Zwickmühle zwischen Berliner und Thüringer Behörden geraten ist.
Kabul erlebte letztes Wochenende den größten Taliban-Angriff seit über zehn Jahren, bei dem sogar die "sicheren" Viertel der Nato-Basen und ausländischen Botschaften in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die britische Grenzagentur UKBA lässt sich von solchen Propagandamaßnahmen natürlich nicht beeindrucken. Kabul ist sicher, also wird dorthin munter weiter abgeschoben. Am 17.4. gab es eine weitere Massenabschiebung mit 50 "Fluggästen". Andere sind sich da nicht so sicher, elf Abschiebe-Flugbegleiter wurden suspendiert, weil sie sich selber nicht mehr nach Kabul trauen, obwohl sie ja gleich wieder zurückfliegen dürften. Und das UNHCR hat sein Wiederansiedlungsprogramm in Afghanistan geknickt, MitarbeiterInnen nannten es den "größten Fehler, den das UNHCR je gemacht hat".
Auch nach Serbien gab es am 17.4. eine Massenabschiebung, und zwar handelte es sich um einen Frontex-Charterflug der Air Berlin, der über 120 Flüchtlinge in mehreren Ländern einsammelte. An der Station in Düsseldorf gab es Proteste. Diesmal waren es zwar nur 20 Leute, später 30, es gelang aber trotzdem, einen Protestzug durch die Abflughallen durchzuführen, die Polizei war ultranervös und sogar die Flughafen-Livecam wurde abgeschaltet. Irgendein böser Mensch soll sogar heimtückischerweise irgendwo einen Koffer abgestellt haben.
In Düsseldorf demonstrierten außerdem schon am 14.4. 150 Leute gegen Abschiebungen und Antiziganismus. Auf dem Weg zur Demo wurden einige Leute von Nazis angegriffen, die Polizei nahm drei Nazis und elf (teilweise vollkommen unbeteiligte) AntirassistInnen fest.
Unter dem Titel "Dolphin" speichert Europol ihre Erkenntnisse über alles, was mit "Terrorismus" und "Extremismus" zu tun hat. Unter "Anarchismus" bzw. "Euro-Anarchismus" wird dort jeglicher politisch unerwünschter linker Basis-Aktivismus dokumentiert, darunter Umwelt- und Tierrechtsbewegung und auch die No-Border-Bewegung. Dass Anarchismus eine politische Weltanschauung ist, die sich gegen die Herrschaft von Menschen über Menschen wendet und Hierarchien ablehnt, die die individuelle und kollektive Freiheit unterdrücken, scheint nicht ganz in das freiheitlich-demokratische Weltbild zu passen, das die EU angeblich hat. Die Organisation dieser Datensammlung und die praktischen Konsequenzen für die Verfolgungstätigkeit sind Thema des Europol-Treffens am 24. und 25.4. in Den Haag. Am 26. und 27. treffen sich dann die Innen- und JustizministerInnen der EU in Brüssel und verhandeln u. a. über den Umgang mit Flüchtlingen. Eine neue "EU-Aufnahmerichtlinie" soll u. a. für die bisher schon in Staaten wie Griechenland vorkommende Inhaftierung von Flüchtlingen an der Grenze eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Protestieren könnt Ihr bei proasyl.de oder bei www.flucht-ist-kein-verbrechen.de.

AK Flucht & Migration

Freiraumkämpfe

Auf das besetzte Haus im Grenzstreifen zwischen Nord- und Südzypern gab es einen Angriff durch die Polizei des Südens (einschließlich einer Antiterror-Sondereinheit) mit zahlreichen Verhaftungen und Verletzten. Bewaffnete Männer richteten ihre Knarren auf 16-jährige und durchsuchten auch Frauen. Als Begründung wurden nullkommairgendwas Gramm Cannabis gefunden. Eine Frau, die von oben bis unten grün und blau geschlagen wurde, hat eine Anzeige wegen Angriffs auf einen Polizisten bekommen, ebenso zwei Männer, die in der Nähe des Cannabisfundes festgenommen und ebenfalls zusammengeschlagen worden waren.
Das Haus gehört dem Bergkloster Kykkos. Die UN-Truppe war einverstanden, inwiefern Kykkos zugestimmt oder die Aktion sogar beantragt hatte, ist unklar. Kykkos hatte die BesetzerInnen jedenfalls weder persönlich kontaktiert noch mit irgendwelchen rechtlichen Schritten zum Verlassen aufgefordert; mit nem leeren Haus in der verbotenen Zone kann das Kloster eigentlich eh nix anfangen. Den Verhafteten wird illegales Betreten des Gebäudes vorgeworfen, was aber laut zypriotischem Gesetz nur strafbar ist, wenn es in der Absicht geschieht, eine Straftat zu begehen, also z. B. was zu klauen. Weil der legale Rahmen nur eine sekundäre Rolle spielte, verzichteten die Cops auch darauf, Räumungsbefehle oder Dienstnummern vorzuweisen.
Gegen den Überfall fand eine Demo statt, und das AZ existiert trotz der vorübergehenden Räumung weiter.
Die besetzte Schule von Alto da Fontinha in Porto ist am 19.4. geräumt worden. Die 30 Anwesenden leisteten 200 Cops, die nicht mal einen Räumungsbefehl dabei hatten, passiven Widerstand. Anschließend wurde das Gebäude "gereinigt" (sprich die Infrastruktur zerlegt) und zugemauert. Nachdem sie mehr als fünf Jahre lang leer stand, war dort vor ziemlich genau einem Jahr ein selbstverwaltetes soziales Zentrum eingerichtet worden. Bis vor kurzem hieß es noch, die Räumungsdrohung sei aufgehoben. Ein vom Stadtrat angebotener Vertrag sollte dann allerdings schon im Juni enden und wurde deshalb nicht unterzeichnet. Die Schule war schon mal geräumt worden, die Aktivitäten gingen allerdings auf den Straßen des umgebenden Viertels weiter, so dass die BesetzerInnen schließlich wieder hineingelassen und die Vertragsverhandlungen angekündigt wurden.
Schon nach ein paar Stunden wurde die am Gründonnerstag besetzte "Leeranstalt", eine seit 2009 leerstehende Grundschule in Oldenburg, geräumt; sechs Leute landeten auf der Wache. Plan war eigentlich, da einen Veranstaltungssaal und Wohnraum für sieben Leute unterzubringen. Am folgenden Dienstag demonstrierten 60 Leute gegen die Räumung und für den Plan.
Bereits am 7.3. wurde in Granada ein relativ frisch besetztes Sozialzentrum im Viertel Albaicin geräumt. Elf Personen, darunter auch Leute aus Frankreich und Deutschland, wurden verhaftet und sogar geschlagen, als sie bereits mit Handschellen gefesselt waren. Ein Polizist verletzte sich an der Hand, als er einem der elf mit der Faust auf den Mund schlug, was jetzt als "Attentat auf die Staatsgewalt" geahndet wird. Die anderen haben Verfahren wegen Widerstands am Hals. Sie sind draußen, müssen sich aber bis zum Prozess, der frühestens im Herbst und vielleicht auch erst viel später anfängt, alle zwei Wochen beim Gericht melden, was ziemlich nervt. Für den Widerstand gibt's zwei bis sechs Jahre Knast.
Ein neues anarchistisches soziales Zentrum gibt's auf Puerto Rico, den Infoshop San Turce. Es ist eine ziemlich verratzte Hütte, die viele fleißige Hände wieder benutzbar gemacht haben. Jetzt sind sie gerade dabei, eine Einrichtung samt Küche, Bibliothek und Büro zu organisieren. Falls Ihr zufällig dorthinkommt, bringt ihnen ein gutes Buch mit oder checkt ihre Wunschliste im Internet.
In Wien wurde am 17.4. zum Tag des kleinbäuerlichen Widerstands ein ungenutztes Grundstück der Bundesimmobiliengesellschaft von 60 Leuten besetzt, um dort einen Gemeinschaftsgarten anzulegen. Besetzungen laufen auch wieder im Rahmen von StudentInnenprotesten an der Wiener Uni, die Polizei räumte das Rektorat gewaltsam.

AK Bauen & Besetzen

Prima Klima

Im Reaktor Gundremmingen B wurde (siehe letzte Zecke) bei der Revision Anfang April festgestellt, dass schon wieder Brennelemente undicht geworden waren. Alle 784 Brennelemente wurden überprüft, diesmal waren drei undicht, außerdem wurden noch neun weitere aus nicht genannten Gründen aus dem Verkehr gezogen. Warum ausgerechnet in Gundremmingen ständig solche Lecks auftreten, ist immer noch nicht geklärt, und eigentlich wäre es nicht blöd, wenn sie das mal rausfinden würden, bevor sie das Ding wieder einschalten. Aber laut AKW-Leitung müssen die aussortierten Brennelemente jetzt erst mal ein paar Monate abklingen, bevor sie untersucht werden können, und so lang wollen die bestimmt nicht warten.
Fehlersuche ist auch in Brokdorf angesagt, wo die Haltefedern von Brennelementen gebrochen sind. Nachdem es zunächst hieß, da sein ein "ungewöhnlicher Fehler" aufgetreten, scheint sich jetzt bei der Atomaufsicht doch die Erkenntnis durchzusetzen, dass sowas anderswo auch passieren könnte und man da vielleicht mal nachschauen sollte.
Die polnische Regierung ist momentan sehr begeistert von der Idee, Atomkraftwerke zu bauen, aber bei einer Volksabstimmung an der polnischen Ostseeküste sprachen sich am 17.2. 94% der Abstimmenden (54% aller Wahlberechtigten) gegen den Neubau eines AKWs in ihrer Region aus.
Nachdem letztes Jahr in Deutschland Solaranlagen mit einer maximalen Leistung von 7,5 Gigawatt installiert wurden und die Gesamtleistung damit auf 25GW peak gestiegen ist, was laut Planung des Bundesumweltministeriums von 2007 eigentlich erst im Jahr 2050 erreicht werden sollte, während gleichzeitig auch schon Windkraftanlagen für 29GW stehen, musste die Bundesregierung die Notbremse ziehen und die Solarförderung radikal zusammenstreichen. Jetzt gehen statt der eigentlich fälligen Atomkonzerne reihenweise die Solarfirmen pleite.
Weil die AKWs zwar einen Haufen nie wieder zu entsorgenden Dreck, aber in der Summe gar nicht soviel Strom erzeugen, brauchen wir jetzt also die ultimativ effektive Energiequelle aus dem Wald: Braunkohle! Der Energiekonzern RWE will deswegen den Hambacher Forst bei Köln abholzen, denn da liegt noch unheimlich viel von dem Zeug drunter. Allerdings haben einige Leute im Gegensatz zu RWE schon die allerneuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse gehört, nämlich dass aus Kohle beim Verbrennen Kohlendioxid wird und dass das Kohlendioxid das Weltklima versaut, indem es dann auf der Erde zu warm wird. Unter dem Motto "Wald statt Kohle" haben sie deswegen am 14.4. den Hambacher Forst besetzt. Etwa 40 Leute leben da jetzt auf fünf Bäumen bzw. tummeln sich unterhalb davon auf einer angemeldeten Dauermahnwache. Bisher hält sich die Polizei zurück.
Dank Feldbesetzungen, Feldbefreiungen und Angriffen auf ihre Infrastruktur steht die Agro-Gentechnik in Deutschland vor dem Aus. Für heuer gibt es nur eine einzige Anmeldung für Freilandversuche, und zwar für genmanipulierten Tabak, der auf gesicherten Feldern bei Sagerheide und Üplingen angebaut werden soll.
Am Ostersonntag demonstrierten in Frankfurt knapp 1000 Leute gegen den Pelzhandel, ein kleiner Teil davon im radikaleren Tierbefreiungsblock der veganen Antifa. Die Polizei rechnete offenbar mit viel mehr und vor allem mit viel mehr radikalen Leuten, so dass es letztlich auf eine Latschdemo im Wanderkessel rauslief. Sämtliche kritischen Punkte rundherum waren teils sogar mit Gittern abgeschirmt worden.
In Celle läuft am Amtsgericht ein Bußgeldverfahren gegen eine Gegnerin der Hähnchenschlachtfabrik in Wietze, die seinerzeit das besetzte Baugelände nicht freiwillig verlassen haben soll. Unterstützt von 30 ProzessbeobachterInnen lieferte die Angeklagte ein Musterbeispiel offensiver Prozessführung ab. Nach sieben Stunden und sehr vielen Anträgen gab es immer noch kein Urteil, sondern der Prozess wurde vertagt.
Und in Lindau protestieren TierschützerInnen u. a. aus dem Peta2-Umfeld gegen das Gastspiel des Zirkus Luna, weil der mit eingesperrten Wildtieren, u. a. einem Elefanten, unterwegs ist. Direkte Aktionen sind bisher aber nicht bekanntgeworden.

Das Gangsterblümchen

Meldungen

Am Karfreitag gab es verschiedene Aktionen gegen Tanzverbote. Auf dem Frankfurter Opernplatz tanzten 50 Leute mit der Piratenpartei, und in Chemnitz lockten KIZ und Kraftklub 2000 Leute auf den Innenstadtring, ehe ihnen die Cops nach einer knappen halben Stunde den Saft abdrehten.
In Dresden sollte am 19.4. eine Nachttanzdemo stattfinden. 20 Menschen fanden es aber nicht so toll, dass die Demo von der Linkspartei mit Unterstützung von Jusos und Piraten organisiert wurde und so die Parteien wieder mal eine Aktionsform für sich vereinnahmen, wobei sie durch die Wahl der Route durch die Neustadt inhaltlich nichts außer schampusseliger Eigenwerbung boten, und stoppten die 200 DemonstrantInnen zweimal mit Blockaden. Nach der zweiten Blockade blieb die Demo stehen und tanzte noch eine Weile auf der Stelle, ehe sie (nach insgesamt zwei Stunden Dauer) für aufgelöst erklärt wurde. Die Kritik der BlockiererInnen wurde vor Ort interessiert diskutiert, anschließend wurde allerdings die Internetseite "Dresden nazifrei", der die Blockaden offenbar zugerechnet werden, von beleidigten Anonymoussen für einige Stunden lahmgelegt. Spalterei macht halt Spaß; aber positiv ist zu vermerken, dass die Aktion nicht einfach mit einer Massenschlägerei endete.

In St. Petersburg ist das Schwulengesetz durch, und es gibt auch schon die ersten Anklagen wegen des Verbots "homosexueller Propaganda". Zwei Männer hatten mit einem Plakat Homosexualität für normal erklärt. Verboten sind allerdings auch sämtliche homosexuellen Lebensäußerungen in der Öffentlichkeit. Es droht eine Geldstrafe. Außerdem ist inzwischen in der russischen Duma ein ähnliches Gesetz eingebracht worden, das dann für ganz Russland gelten würde. In den USA dagegen hat ein Berufungsgericht am 8.2. das Verbot der Homo-Ehe in Kalifornien für rechtswidrig erklärt und damit einen Volksentscheid von 2008 gekippt.
In Berlin wird gerade um ein 12-jähriges Kind gestritten, das als Mädchen leben möchte, von den Behörden allerdings für einen Jungen gehalten wird und deswegen mit der Diagnose "Geschlechtsidentitätsstörung" zwangspsychiatrisiert werden soll. Unterstützung bekam es am 18.4. von 100 Leuten, die vor dem Zehlendorfer Jugendamt ihre Solidarität demonstrierten.
Zwei Mitglieder der autonomen Kommune von Cheran (Michoacan/Mexiko) sind am 18.4. von einer Gruppe Holzfäller überfallen und getötet worden. Seit 2008 wurden, mit Rückendeckung durch die korrupte Regionalregierung, die daran mitverdient, 80% der Wälder um die Gemeinde illegal abgeholzt. Deswegen haben sie seit einem Jahr die Zufahrten verbarrikadiert. Nach dem Überfall kam es zu Zusammenstößen. Die DorfbewohnerInnen nahmen schließlich 16 Leute als Geiseln, darunter einen Polizisten und einen Staatsanwalt, und ließen sie erst wieder laufen, nachdem ihnen besserer Schutz vor den Holzfällern versprochen wurde.
Nach den gewaltsam verhinderten Lieferungen der Gaza-Hilfsflotte hat sich dieses Jahr eine "Flytilla" darauf beschränkt, zu versuchen, überhaupt in die besetzten Gebiete hineinzukommen. Während es eine einheimische Gruppe schaffte, die Büttel mit Fahrrädern auszutricksen und so ins Westjordanland zu kommen, kamen die meisten Auswärtigen nicht mal bis Tel Aviv, weil die israelischen Behörden den Fluggesellschaften vorab schwarze Listen zukommen ließen, wer alles nicht einreisen dürfe.
Im Vorfeld meldete bereits die Gruppe Anarchists Against the Wall verstärkten Ärger mit dem Inlandsgeheimdienst Shin Bet, der sich mit sieben von ihnen "unterhalten" wollte. Zwei bekamen Vorladungen, zwei wurden bei Reisen am Flughafen aufgehalten, die anderen drei wurden nicht erwischt. ("Ist das ein Verhör?" – "Nur ein Gespräch." – "Dann kann ich ja gehen." – "Das geht nicht!" ... und solche Spielchen)

Willkommen in der Gärtnerei Bock!

Die Polizei behauptet, bei der antikapitalistischen Demo am 31.3. in Frankfurt sei über eine Million Euro Sachschaden entstanden, aber das wäre nicht das erste Mal, dass so eine Ansage leicht übertrieben ist. Bei den Chaostagen 1994 waren's vier Wochen später bloß noch 50.000 DM.
Unterdessen gehen die prokapitalistischen Aktivitäten weiter. EU-Kommission und EZB wollen einen "EU-Fiskalpakt" durchsetzen, der den Mitgliedsstaaten die Staatsverschuldung auf Dauer verbieten soll. So ganz nebenbei ist dieser Pakt auch noch unkündbar, was inzwischen auch vom wissenschaftlichen Ausschuss des Bundestages bestätigt wurde. EZB-Chef Draghi gibt ganz offen zu, dass damit gleichzeitig der Sozialstaat liquidiert werden soll. Unangetastet bleibt dagegen die Aufrüstungsverpflichtung aus dem Lissabon-Vertrag. Wer beim Militär spart, kriegt Ärger mit der EU-Rüstungsagentur. Also muss die Kohle wohl oder übel aus dem Sozial- und Gesundheitssektor rausgeschnitzt werden.
Verschiedene Organisationen fordern, dass über so eine grundlegende Entmachtung der Parlamente der EU-Staaten das Volk abstimmen darf. In Österreich gibt's deswegen am 11.5. eine Menschenkette ums Parlament, in Deutschland versucht es der Verein "Mehr Demokratie" mit einer Verfassungsbeschwerde. Aber eigentlich kann es nicht das Ziel sein, zu den ganzen Maßnahmen, Rettungsschirmen, Bail-Outs usw. muh oder mäh sagen zu dürfen und dann letztlich so oft abstimmen zu müssen, bis das Ergebnis passt, wie es bei solchen EU-Volksentscheiden ja schon öfters passiert ist. Das ganze System ist am Ende, und wir sollen bluten, damit es für "die da oben" trotzdem noch ein paar Jährchen irgendwie weiterfunktioniert. Und das ist deswegen so, weil im Kapitalismus die, die am meisten haben, auch den größten Einfluss haben und dadurch die Regeln immer weiter zu ihren Gunsten verändern können, so dass die Ungleichheit immer noch krasser wird.
Bei den Milliarden und Billionen, die in der Finanz- und Eurokrise hin- und hergeschoben worden sind, blickt doch keine der beteiligten Regierungen durch, die lassen das ihre Fachleute machen, und die kommen – von den Banken. Normalerweise nennt man das "den Bock zum Gärtner machen". Nur so ist es zu erklären, dass 2008 die Banken pleite waren und mit unheimlich viel Geld von den Staaten gerettet wurden – und jetzt die Staaten pleite sind und sich von den Banken diktieren lassen müssen, was sie zu tun haben, damit sie gnädigerweise noch ein bisschen Kredit bekommen.
Diese ungleiche Machtverteilung so weit zu demokratisieren, dass die Mehrheit einen nennenswerten Einfluss auf die Regeln bekommt, und diesen demokratischen Einfluss dann so massiv einzusetzen, dass die Regeln tatsächlich zu Gunsten der Mehrheit verändert werden, bedeutet nichts weniger als einen totalen Systembruch, das Ende des Kapitalismus genauso wie das des Staates, weil beide in ihrer heutigen Form so absolut auf die Interessen einer klitzekleinen Elite ausgelegt sind, dass da einfach nichts mehr zu reformieren ist.

Die Revolutionsqualitätskontrolle

Punkrock!

Das Bregenzer Osterbiersuchen hat unter dem weihnachtlichen Wetter etwas gelitten, nur rund 20 Leute trauten sich hinterm Ofen vor. Das Bier wurde trotzdem ziemlich vollständig gefunden.
Die Bundesprüfstelle will das erste Album von Feine Sahne Fischfilet indizieren. Ist zwar längst ausverkauft, aber eine Indizierung ist natürlich immer praktisch, wenn man mal einen Grund für ein Auftrittsverbot braucht. Am 3.5. gibt's in Bonn eine Verhandlung mit KunsthistorikerInnen, LehrerInnen und ReligionsvertreterInnen, die Band hat ihre Teilnahme zugesagt (und spielt am Abend in Köln).
Die Untersuchungshaft gegen die drei inhaftierten Mitglieder der russischen Frauenpunkband Pussy Riot ist auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Ihr Anwalt beschwerte sich, denn trotz Untersuchungshaft werde da gar nichts untersucht, es gebe seit sechs Wochen keine Gegenüberstellungen, keine Verhöre, gar nichts, die Anwesenheit seiner Mandantinnen im Bau sei deswegen eigentlich entbehrlich. Ihnen drohen bis zu sieben Jahre Haft. Am 15.4. trat vor der russischen Botschaft in Berlin eine Pussy-Riot-Coverband auf. Natürlich stilecht, also vermummt und unangemeldet; zwei angebliche Teilnehmerinnen wurden festgenommen. Auch in München gab es an diesem Tag eine Aktion. Am 19. war dann internationaler Soli-Aktionstag, Berichte lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Der Verzerrer

Wilder Osten

Weiter in U-Haft sind Marija, Nadjeshda und Jekaterina von der anarchistischen russischen Frauenpunkband "Pussy Riot" wegen ihres Anti-Putin-Punkrock-Gebets in der Moskauer Erlöserkathedrale. Marija berichtet, sie habe ihren Hungerstreik abgebrochen, sei mit der "Disziplinarzelle" bedroht worden, weil sie ihr Bett nicht ordentlich gemacht habe, habe aber zu ihrer Freude selbst beim Knastpersonal regierungskritisches Gedankengut feststellen können.
Es gab ein paar Soli-Aktionen für die drei, auch international: in Warschau zogen am 25.3. ein paar Dutzend Leute zur russischen Botschaft, in Berlin am 1.4. spontan 25 (im Pussy-Riot-Outfit mit knallbunten Hassis). Hingegen erklärte der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill Pussy Riot zum Instrument des Teufels und Meldungen über seine schweineteure Armbanduhr für gelogen. Der Prozess soll Mitte April beginnen.
Die Repression gegen die Antifa geht ebenfalls weiter. Am 4.4. wurde der Privatsender REN-TV durchsucht, um Aufzeichnungen einer Sendung von 2009 über die russische Antifa zu finden (Kommentar des Senders: "Hätten sie doch einfach danach gefragt..."). Laut Polizei geht es um Ermittlungen wegen eines Falls von Hooliganismus (also Sachbeschädigungen oder Schlägereien), möglicherweise im Fall Schkobar. Außerdem bekam der finnische Kriegsdienstverweigerer und Anarchist Antti Rautiainen, der seit 1999 in Moskau lebt, am 29.3. auf Veranlassung des Inlandsgeheimdiensts FSB die Anweisung, das Land innerhalb von 15 Tagen zu verlassen, da er angeblich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sei. Rautiainen legte Einspruch ein und erklärte, dass das ein Widerspruch in sich sei – in Russland stehe die staatliche Ordnung selbst in eklatantem Gegensatz zur Verfassung, und der FSB solle erst mal erklären, ob er nun gegen die Ordnung oder gegen die Verfassung verstoße. Konkrete Straftaten werden ihm nicht vorgeworfen, es handelt sich um einen willkürlichen Akt politischer Repression.
Die russische Polizei macht auch wieder mit gewaltsamen Übergriffen von sich reden. Ein Mann war beim Verhör vergewaltigt worden und an den Folgen gestorben, und in Tomsk verprügelten am 6.3. elf Verkehrspolizisten einen angeblich betrunkenen Fahrer (natürlich nur, um eine brauchbare Blutprobe zu bekommen, nachdem ihnen die Spritzen ausgegangen waren). Ministerpräsident Medwedjew kündigte deswegen Maßnahmen gegen Folter und Übergriffe an. Künftig sollen russische Polizisten eine Dienstnummer an der Uniform tragen; um das durchzusetzen, ist am 22. April ein landesweiter Aktionstag gegen ungekennzeichnete Cops geplant. Die Täter in Tomsk wurden angezeigt, wogegen 100 Leute (hauptsächlich KollegInnen) mit einem Autokorso protestierten; der örtliche Polizeichef berief ein Aufsichtskomitee, das den Fall untersuchen soll, womit er gleichzeitig sicherstellt, dass der Fall in der Familie bleibt – sprich, dass kein externes Gremium das übernimmt.
Außerdem wurde in Russland ein Gesetz über "Berufsverbot für Extremisten" beschlossen, wonach Leute, deren Ansichten dem Staatsschutz nicht passen, nicht im Bildungssektor oder anderen Berufen mit Kontakt zu Minderjährigen arbeiten dürfen. Dazu ist nicht mal eine Verurteilung nötig, es reicht schon ein "Verdacht".

Der Wolf

Flüchtlinge und Rassismus

Seit Mitte März befanden sich in der Würzburger Innenstadt (am Vierröhrenbrunnen) zehn iranische Asylbewerber im Hungerstreik für ihre Anerkennung und die Verbesserung der Zustände in ihrer Gemeinschaftsunterkunft. Ein Zehn-Punkte-Katalog für Letzteres wurde vom Stadtrat einstimmig angenommen, und inzwischen hat auch ein Gespräch mit RegierungsvertreterInnen über die Asylanträge stattgefunden. Daraufhin haben die Iraner am 4.4. den Hungerstreik ausgesetzt, wollen jedoch weiter in ihrem Pavillon bleiben und abwarten, ob die Zusagen auch tatsächlich erfüllt werden.
Eine armenische Familie, die seit 13 Jahren in Hamburg lebt, soll nach Armenien abgeschoben werden. KlassenkameradInnen der beiden Töchter der Familie (11 und 17 Jahre alt) protestieren dagegen. Eine Petition an die Härtefallkommission wurde von 520 SchülerInnen und LehrerInnen unterschrieben, und am 3.4. demonstrierten 250 Leute für ein dauerhaftes Bleiberecht.
Am 30.3. fand ein Aktionstag gegen Dublin-Abschiebungen (also innerhalb der EU) an mehreren deutschen Flughäfen statt. In Hamburg wurde ein Theaterstück, das zur Verhinderung von Abschiebungen aufrief, von den Bütteln mit Verhaftungen und Pfefferspray gestört. Aus Protest gegen Air Berlin, die die Mehrzahl dieser Abschiebungen durchführt, wurden Unfairberlin-Kotztüten verteilt; etwa 150 Leute beteiligten sich an der Aktion. In der Düsseldorfer Abflughalle demonstrierten 100 Leute, in Berlin-Tegel 130 vor und 20 im Terminal und in Frankfurt 250 im Terminal 1 (mit fünf Zwischenkundgebungen, auf denen jeweils abschiebebedrohte Menschen sprachen). In München gab's einen Flashmob beim Lufthansa-Check-In und anschließend eine Demo, 150 Leute waren dabei.
Griechenland will zur "Lösung" seines Flüchtlingsproblems 30 Internierungslager für insgesamt 30.000 Menschen bauen. Die EU zahlt dafür 250 Mio. €. Sofort wurde das Asylgesetz so geändert, dass AsylbewerberInnen für die gesamte Dauer ihres Verfahrens in Haft gehalten werden können, und bei zahlreichen Razzien vor allem in Athen wurden Ende März innerhalb weniger Tage 1200 Flüchtlinge festgenommen. Die werden natürlich immer noch in die alten Löcher gesperrt, die Lager stehen ja noch gar nicht; einige der alten Lager und der Abschiebeknast Filakio im Norden sind dagegen (offenbar zur Renovierung) geschlossen worden.
Bei den Razzien werden die Bullen massiv von Neonazis unterstützt, pogromartige sogenannte "Säuberungsaktionen" werden von ihnen Hand in Hand organisiert. ImmigrantInnen sehen sich immer öfter einem diffusen Schlägermob gegenüber, bei dem Cops, Faschos und "gewöhnliche" RassistInnen kaum noch zu unterscheiden sind – sie werden immer wieder verprügelt, gefoltert und beraubt. Dazu kommt eine immer rassistischere Hasskampagne in den Massenmedien, aus denen in den letzten Monaten die letzten paar JournalistInnen, die kritisch zu berichten versuchten, entfernt wurden.
Der schwer traumatisierte junge Roma Miroslav aus Serbien, der nach einem Selbstmordversuch im Hamburger Abschiebeknast Ende 2010 freigelassen worden war, soll jetzt doch abgeschoben werden. Ihm war damals die Prüfung eines Antrags auf Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zugesagt worden... aber eben bloß die Prüfung, und Ende Februar kam die Ablehnung.
Im Flüchtlingslager Schuscha an der libysch-tunesischen Grenze sitzen immer noch Tausende unter unerträglichen Umständen fest. Das Personal hatte nur Zeitverträge bis Ende 2011 und wurde mittlerweile größtenteils abgezogen. Vielen verweigert das UNHCR außerdem willkürlich die Anerkennung als Flüchtlinge. Bei den Befragungen werden z. B. oft ÜbersetzerInnen aus den Verfolgerstaaten eingesetzt, so dass die Flüchtlinge ihre Fluchtgründe nicht offen schildern können – oder sie werden gleich verfälschend übersetzt. Zu den NigerianerInnen kam gleich der Botschafter, erklärte, er hätte alle ihre Akten gelesen, sie seien alle Lügenschweine und würden von der nigerianischen Regierung angezeigt – daraufhin wurden auch ihre Anträge fast alle abgelehnt. Der Tschad schickte GeheimdienstmitarbeiterInnen, denen die UNHCR-Leute offenbar ebenfalls die Akten der Flüchtlinge zeigten – jedenfalls wurden anschließend im Tschad zurückgebliebene Familienangehörige bedroht.
Aus dem rumänischen Internierungslager Arad wird weiter über Willkür und Polizeibrutalität berichtet; die InsassInnen werden mit Schlägen und Reizgas malträtiert. Am 21.3. versuchten einige JournalistInnen, das Lager zu besuchen, wurden aber abgewiesen; anschließend gab es wohl zur Strafe weitere Schikanen gegen die Flüchtlinge, der "Hofgang" auf dem Korridor wurde auf 30 Minuten halbiert und es gab keine Zigaretten mehr zu kaufen.
In den Niederlanden sind 200 Leute aus Guinea in Abschiebehaft genommen worden, eine Massenabschiebung hat begonnen.
Nach dem Ende des winterlichen Räumungsverbots am 15.3. wurde in Calais sofort ein weiteres von 60 Flüchtlingen besetztes Haus geräumt. Die ohne Papiere konnten gewarnt werden und untertauchen, den anderen versprach die Sozialwohnungsbaugesellschaft, sie bei der Vergabe von Unterkünften zu berücksichtigen – wobei sie in der ganzen Stadt nur neun Wohnungen frei hat. Wäre wohl einfacher gewesen, sie erst gar nicht auf die Straße zu setzen – das geräumte Haus gehört ihr nämlich selber. Eine weitere Räumungs- und Verhaftungswelle mit massiven Polizeiübergriffen gegen MigrantInnen und solidarische Menschen folgte Ende März, offenbar zu Ehren der britischen Olympiabotschafterin, die auf Besuch kam.
Eine UN-Kommission hat die Schweiz besucht und berichtet vollkommen zu Unrecht, da herrsche übelster Rassismus. Außerdem hat die Schweiz gerade ein Rückübernahmeabkommen mit Tunesien abgeschlossen, weil die tunesischen Asylanten so "fordernd und laut" sind und deswegen abgeschoben gehören.
Eine weitere Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass 63 Leute, die letztes Jahr auf einem Boot aus Libyen flohen und dann auf See umkamen, von der Nato gerettet werden müssen hätten. Ihre Notsignale waren zwar registriert worden, die Hilfe beschränkte sich aber auf den Abwurf von Lebensmitteln aus einem Hubschrauber, während sie manövrierunfähig mitten zwischen einer Vielzahl von Nato-Schiffen trieben. Insgesamt schätzt das UNHCR die Zahl der Flüchtlinge, die 2011 im Mittelmeer umgekommen sind, auf mindestens 1500.

AK Flucht & Migration

Rechte Rennerei

Möglichst heimlich und kurzfristig versuchte die JN einen Aufmarsch am 10.3. in Weißenburg zu organisieren. Den 30 Birnen standen dann trotzdem mehrere hundert Leute gegenüber, die sie problemlos übertönten. Die Faschos führten aber anschließend in Treuchtlingen einen nur von sporadischen Protesten begleiteten Fackelmarsch gegen Lärmbelästigungen durch.
In der Nacht auf den 23.3. wurde vor dem Bremer Wagenplatz Querlenker ein Sperrmüllhaufen angezündet, ein Lkw wurde beschädigt; ein rechter Hintergrund wird vermutet.
Aus dem Aktionstag der Nazis wegen der Verhaftungen im Umfeld der gewalttätigen Anti-Antifa-Organisation "Aktionsbüro Mittelrhein" am 24.3. ist offenbar nicht allzuviel geworden. Irgendwo sollen ein paar Hanseln mit Sträflingskostüm gesichtet worden sein. Offenbar wurde die Kommandostruktur getroffen, und das Fußvolk kriegt alleine nix auf die Reihe. Auch eine schon länger geplante Nazidemo in Frankfurt (Oder) war ein ziemlicher Reinfall. Wegen Blockaden durch 600 GegendemonstrantInnen konnten die 120 Nazis nur sehr langsam 300 Meter weit laufen und mussten dann wieder umdrehen.
In Edmonton (Kanada) war an diesem Tag eine Kundgebung der Überlegenheit der weißen Rasse geplant, die 25 TeilnehmerInnen wurden allerdings nach wenigen Minuten von über 100 AntirassistInnen in die Flucht geschlagen. Verletzte und Verhaftungen wurden keine gemeldet.
Eine ganze Welle antirassistischer Proteste hat der Mord eines "Nachbarschaftsschützers" an dem wegen seiner dunklen Hautfarbe und seines Kapuzenpullis "verdächtigen" Trayvon Martin (17) am 26.2. in Sanford (Florida) ausgelöst. Am 25.3. gingen in Washington 2000 Leute auf die Straße, in Sanford 30.000. In den folgenden Tagen kam es zu Protesten in ganz Florida und in weiteren US-Städten. Der Täter beruft sich auf Notwehr, obwohl Trayvon nur mit Eistee und Kaubonbons "bewaffnet" war, und ist bisher nicht in Haft, was sich allerdings dieser Tage ändern könnte, wenn die Geschworenen über die Mordanklage entscheiden.
Der Vermieter des Berliner Thor-Steinar-Ladens bekam am 25.3. Besuch von 60 Antifas und spontane Unterstützung von 20 Nazis, mit denen er ja angeblich nichts zu tun hat. Und in Delitzsch bei Leipzig war eine Antifa-Demo angesagt. 250 Leute demonstrierten gegen einen Naziübergriff gegen den Veranstalter eines Ska-Konzerts und dessen BegleiterInnen, bei dem eine Person auf einem Auge erblindet war (die Zecke berichtete). Das Problem wurde gut illustriert durch einen Mob von ca. 50 Faschos, die hinter der Polizeikette herumprovozierten. Besagter Ska-Veranstalter wurde dann gegen Ende der Demo von einem bekannten Prügelbullen zerlegt und festgenommen, wofür die Cops widersprüchliche Begründungen lieferten (Beamtenbeleidigung und versuchter Angriff auf Nazis). Der sachverständige Soziologe, Oberbürgermeister Wilde, hat übrigens messerscharf erkannt, wo das Problem liegt: Die armen Nazis waren zu dem Überfall "provoziert" worden, weil sie nicht auf das Ska-Konzi durften.
Auch in Dortmund hatten antifaschistische Menschen Stress mit der Polizei. Als 150 Leute des 7. Jahrestags der Ermordung des Punks Thomas "Schmuddel" Schulz am 28.3. gedachten, wurden TeilnehmerInnen willkürlich von Cops angegriffen, mit Schlägen, Knüppeln und Pfefferspray bearbeitet und festgenommen. Unter den Verletzten sind auch FreundInnen von Schmuddel.
Am 31.3. demonstrierten in Nürnberg 600 Antifas gegen Nazistrukturen und Verfassungsschutz. Ein massives Polizeiaufgebot hielt sie von der ursprünglich angemeldeten Route durch die Innenstadt fern, die angeblich bereits durch eine Tierrechtsdemo belegt sei. Versuche, doch noch ins Zentrum zu kommen, endeten blutig. 60 Leute holten das dann bei einer Sponti am Abend in der Innenstadt nach. Für den selben Tag hatten Nazis in Schwandorf, Deggendorf, Pegnitz und Hof Aufmärsche angemeldet, deswegen verteilten sich die Kräfte etwas. Auch in Dortmund-Dorstfeld demonstrierte die Antifa mit ca. 1000 Leuten erst mal selber und dann noch gegen einen Naziaufmarsch. In der Stadt Brandenburg demonstrierten gleichzeitig 150 NPD-Fans, wurden aber von Blockaden erst umgeleitet und dann gestoppt. 40 der Faschos tauchten anschließend noch in Premnitz auf. Außerdem durften in Lübeck 120 Nazis 250 Meter weit laufen, beschimpft von 2500 GegendemonstrantInnen. Auf dem Heimweg hielten noch 26 von ihnen eine Spontankundgebung in Plön ab, dort mussten sie auch nur den spontanen Gegenwind von 300 Menschen anderer Meinung ertragen.
Wieder mal ein Flop war der nächste Versuch der moslemfeindlichen English Defence League, auf dem Kontinent zu landen. Eine "europaweite" Mobilisierung nach Aarhus in Dänemark brachte am 31.3. gerade mal 200 Nasen zusammen. 4000 Leute demonstrierten dagegen. Als ein Teil von ihnen die Nazis direkt angriff, sah die Polizei keine andere Möglichkeit mehr als die Nazis mit Bussen aus der Stadt zu bringen, von denen drei lahmgelegt werden konnten, und rund 70 Festnahmen (größtenteils Antifas).
Ebenfalls am 31.3. war in Varnsdorf (Tschechien) mal wieder eine Demo gegen Roma geplant, es blieb aber bei einer Kundgebung mit Hetzreden. Nachdem es den Roma nun endlich ermöglicht wird, aus Obdachlosenheimen in normale Wohnungen zu ziehen, entstehen wieder neue Ghettos, weil sie hauptsächlich in Neubaublöcken unterkommen und dort andere BewohnerInnen ausziehen. Und das wird nun auch wieder den Roma angelastet.
Und in der Nacht auf den 3.4. wurden die EinwohnerInnen von Oy bei Kempten darüber informiert, dass bei ihnen jetzt ein Chemnitzer Fascho namens Steve Schneider wohnt, im Hotel Tannenhof kochen lernt und sich bei der Dorfjugend einschleimt, indem er für Minderjährige Alk und Kippen einkauft. Dem Tannenhof scheint seine Einstellung, die er durch T-Shirts und Tätowierungen offen zur Schau stellt, übrigens wurscht zu sein. Außerdem versucht der Trottel, über Facebook Schusswaffen zu kaufen.

AK Antifa

Soziale Kämpfe

Der Wuppertaler Arbeitslose Holger, der im dortigen Jobcenter Feuer gelegt hatte, ist am 20.3. zu 3½ Jahren Haft verknackt worden. Obwohl er die Büros im Gefahrenbereich vorher eigenhändig geräumt hatte, unterstellte ihm das Gericht trotzdem, eine Gefährdung von Personen "in Kauf genommen" zu haben. Nebenbei wurde festgestellt, dass der Auslöser seines Ausrasters, nämlich die Kürzung von Zahlungen und die Weigerung, ihm Geld zu geben, tatsächlich rechtswidrig waren.
In Britannien geht der Kampf gegen die Versklavung von Arbeitslosen unter dem beschönigenden Titel "workfare" weiter. Obwohl wichtige Nutznießer wie soziale Einrichtungen und weniger soziale Supermarktketten aufgrund öffentlicher Proteste ausgestiegen waren, sind noch einige Firmen dabei, auf die sich nun die Mahnwachen und Boykottaufrufe konzentrieren. EmpfängerInnen von Sozialleistungen können in Britannien verpflichtet werden, bis zu sechs Monate umsonst zu arbeiten, ansonsten wird ihnen die Sozikohle gestrichen. Diese Jobs, in denen sie "ans Arbeiten gewöhnt" werden und einen "regelmäßigen Tagesablauf" oder gar "die Chance, übernommen zu werden" bekommen sollen (Ihr kennt das Geschwätz aus Ein-Euro-Job und Leiharbeit), sind teilweise Vollzeit- und Schichtarbeit.
Aus Solidarität mit dem verunglückten chilenischen Bombenleger Tortuga brannte am 19.3. in der Berliner Bützowstr. ein Bankomat.
Ende März waren internationale antikapitalistische Aktionstage. In Wiesbaden demonstrierten am 28.3. spontan 50 Leute gegen Kapitalismus und für die Aktionen drei Tage später an der EZB, die Polizei reagierte da schon brutal und mit Festnahmen. Am 29. war Generalstreik in Spanien, in Berlin und Frankfurt besuchten je 50 Leute spanische Einrichtungen, aber auch im ukrainischen Odessa solidarisierten sich zehn Leute mit der spanischen anarchosyndikalistischen Gewerkschaft CNT. In Warschau protestierten ein paar Dutzend Mitglieder der polnischen anarchosyndikalistischen Gewerkschaft ZSP und spanische StudentInnen. Am 30. demonstrierten in Warschau mehrere Tausend Leute gegen die Erhöhung des Rentenalters, Privatisierungen und Entlassungen in Polen.
Am 31.3. gab es dann Aktionen gegen die autoritäre Krisenpolitik der EU in über 40 Städten Europas. In Warschau gingen trotz Schnee und Hagel nochmals ein paar Hundert Leute auf die Straße, in Zagreb und Kiew gab es antikapitalistische Märsche, 400 AnarchistInnen besetzten ein Gebäude, in Utrecht demonstrierten 250, in Athen 150 und in Mailand 10.000 Leute, und in Wien war auch was. In Moskau waren es 40, in Perm 30; in Ufa gab es mehrere Verletzte, als nach der Demo TeilnehmerInnen von Faschos abgepasst wurden. In Russland fanden außerdem die an jedem 31. üblichen 31er-Demos für die Versammlungsfreiheit (Verfassungsartikel 31) statt, wobei die Cops unfreundlicher durchgriffen als auch schon.
Demos gegen das "Workfare"-Programm gab es in Britannien, z. B. in Liverpool, Glasgow und Newcastle. In Frankfurt zogen 6000 Menschen zur Baustelle der neuen EZB-Zentrale, die Demo wurde allerdings wegen ein paar kaputten Bankfenstern, Luxushotels und einer gebunteten Polizeiwache an der Strecke vorzeitig aufgelöst. Es gab 465 Festnahmen, 130 verletzte DemonstrantInnen und einen neunstündigen Kessel. 200 Leute versuchten anschließend noch eine Sponti, in Göttingen wurde in der folgenden Nacht eine mit 65 Vermummten und viel Glasbruch an Banken durchgeführt. Der Kapitalismus existiert aber vorerst weiter.
Die Jubelparaden zum griechischen Unabhängigkeitstag am 24. und 25.3. haben ohne Publikum und somit auch ohne Jubel stattgefunden, weil PolitikerInnen mittlerweile immer und überall Gefahr laufen, von wütenden Sparpaketopfern angegriffen und mit Zeug beworfen zu werden. Athen war mit Bullen zugeschissen, die so ziemlich alle Proteste im Keim erstickten, dafür hat's im Rest des Landes von Patras bis Chania ganz gut gekracht. Griechenland begeht heuer das 100-jährige Jubiläum der Befreiung Nordgriechenlands von der osmanischen Besatzung, angesichts der aktuellen Unterwerfung des Landes unter das Diktat der EU-Troika ist allerdings vielen nicht nach Feiern zumute und dieser Dissens wird wohl das ganze Jubeljahr überschatten.
Auf der Seite des Staates kämpfen neben den regulären Bütteln immer mehr Neonazis, die sich nicht nur bei den Aktionen gegen MigrantInnen hervortun. Angeblich trainieren in den griechischen Bergen schon mindestens vier Milizen für den "Fall des Aufstands", und am 29.3. stürmte eine Gruppe von 20 Faschos den Campus einer Fakultät der Athener Uni.
Am 4.4. begann dann eine neue Protestwelle, die sehr schnell auch gewaltsam eskalierte, nachdem sich am Morgen auf dem zentralen Athener Syntagma-Platz (Syntagma heißt Verfassung) ein 77-jähriger pensionierter Apotheker erschossen hatte, der laut Abschiedsbrief trotz jahrzehntelanger Beitragszahlungen nicht mehr von seiner gekürzten Rente leben konnte und weder seinem Kind zur Last fallen noch im Müll nach Essen suchen wollte. Verschiedenen Berichten zufolge ist die Selbstmordrate in Griechenland in den letzten zwei Jahren um bis zu 40% gestiegen.

Revolutionsqualitätskontrolle

Zur Lage der Freiheit

Die EU-Polizeibehörde Europol sucht mal wieder Arbeit und hat eine neue Zielscheibe gefunden: Die No-Border-Bewegung. Grenzcamps, Proteste gegen die "Festung EUropa" und Kritik an den Frontex-Mauerschützen sollen ein Thema auf dem nächsten Europol-Arbeitstreffen am 24. und 25. April zum Thema "Anarchismus" werden, das sich mit "Angriffen auf Zugtransporte" sowie "den Aktivitäten der italienischen Terrorgruppe FAI und des No-Border-Netzwerks" befassen soll. Mit den "Angriffen auf Zugtransporte" könnten sowohl der "No TAV"-Widerstand im Val di Susa gegen die Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin-Lyon als auch Castorproteste gemeint sein. Das alles soll jetzt also mit einer Briefbombenbastelgruppe (die von wesentlichen Teilen der italienischen anarchistischen Bewegung übrigens für ein Geheimdienst-Fake gehalten wird) in einen Topf geworfen werden.
Auslöser ist Gerüchten zufolge keine spektakuläre Anschlagsserie von AntirassistInnen, sondern schlicht der kurze Draht der EU-Behörden zur Brüsseler Polizei, die beim dortigen Grenzcamp 2010 mit irrsinnigem Aufwand (und 96 grundlosen Festnahmen) verhinderte, dass die GrenzcamperInnen auf eine internationale Gewerkschaftsdemo gehen. Dabei ging es nur um die Gesinnung, die Festgenommenen hatten Verbotenes weder getan noch dabei. Diese absolut grundlose Repression wollen die Cops jetzt anscheinend nachträglich von höherer Stelle adeln lassen, indem sie noch eins drauflegen.
Das Acta-Abkommen zur Internetüberwachung kommt jetzt doch nicht vor den europäischen Gerichtshof, sondern geht am 30. Mai durch den Handeslausschuss INTA und dann gleich ins EU-Parlament, und die Mitgliedsparlamente sollen es gefälligst auch beschließen, weil das ist Pflicht. In Österreich ist außerdem am 1.4. die Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten, Handy-Verbindungsdaten (und damit sogar Bewegungsprofile) müssen also auch dort künftig mindestens sechs Monate lang gespeichert werden.
Die Pigs können halt auch Internet: Nach massiven DDOS-Angriffen sind die Angebote eines bekannten CIA-Kritikers aus dem Netz verschwunden, darunter die anonymisierte Google-Metasuchmaschine Scroogle.
In Minsk wurde am 24.3. ein Food Not Bombs-Soli-Konzert im Kulturhaus der Traktorfabrik von der Polizei gestürmt. Alle 100 Anwesenden wurden festgenommen und wegen "einfachen Vandalismus" angezeigt (was auf ein Bußgeld rausläuft).
In Kolumbien und Israel gibt es wieder Knast-Hungerstreiks. In Kolumbien wehren sich über 600 politische Gefangene aus den sozialen Bewegungen dagegen, als Kriminelle behandelt zu werden. In Israel geht es gegen die Administrativhaft (die von Polizei und Militär ohne Gerichtsverfahren gegen PalästinenserInnen verhängt werden und jahrelang dauern kann); als die Gefangene Hana Shalabi Mitte Februar in Hungerstreik ging, schlossen sich ihr viele andere an. Sie selbst soll jetzt angeblich nach Gaza entlassen werden.
Zu den deutschen Knästen. Pit Scherzl ist nach seinem Hungerstreik jetzt aus der Isohaft raus, allerdings nicht wegen des Streiks, sondern weil die Strafvollstreckungskammer am 29.3. einem entsprechenden Antrag seiner Anwältin nachkam. Und das Anti-Folter-Komitee meint, zwar gäbe es in deutschen Knästen keine Folter, aber sehr wohl Zellen, die so überbelegt und/oder verdreckt sind, dass es nicht nur ein hygienisches Problem ist, sondern schlicht ein Verstoß gegen die Menschenwürde.

Der Mauerspecht

Für eine strahlende Zukunft

Die Anti-Atom-Menschenkette am 11.3. in Südfrankreich ist nicht über die ganzen 235km zustande gekommen, aber 60.000 TeilnehmerInnen sind schon ein Riesenerfolg, vor allem für französische Verhältnisse.
In Deutschland gab es Proteste gegen die Atomkonzerne. In Karlsruhe wurden am 26.3. ein paar gefälschte Atommüllfässer zur EnBW-Zentrale gerollt, um darauf aufmerksam zu machen, wo die echten überall rosten. Und am 29.3. wurde die Präsentation der Vattenfall-Geschäftszahlen in Berlin von einer Gegenkundgebung überschattet; vor der Zentrale gab's ebenfalls symbolische Rostfässer zu sehen. Wie das mit den Altlasten in der Praxis ausschaut, probiert die Schweiz gerade aus: im Sickerwasser eines seit einem Unfall 1969 stillgelegten Versuchsreaktors in einem Bergstollen taucht neuerdings Tritium (radioaktiver Wasserstoff) auf und Ihr dürft gespannt sein, was aus diesem Schatzkästchen in den nächsten 999.957 Jahren noch so alles hervorsprießt.
Die KollegInnen von der EON und RWE haben zur Abwechslung mal eine vernünftige Entscheidung getroffen und steigen aus dem Geschäft mit sechs AKW-Neubauten in Britannien aus, weil sich's nicht rentiert.
Nachdem sich in Gundremmingen niemand drum gekümmert hat, warum da in den letzten Jahren mehrfach Lecks an Brennelementen aufgetreten sind, ist jetzt im Block B, der gerade in Revision gegangen ist, erstaunlicherweise schon wieder eins entdeckt worden. Außerplanmäßig wurde wegen kaputter Brennelemente auch das AKW Brokdorf abgeschaltet; dort waren Federn gebrochen, die die Urankapseln festhalten sollten, und die Atomaufsicht macht sich wohl Sorgen, was passiert, wenn die frei im Reaktor herumkullern.
Wieder angefahren wurde dagegen am 28.3. nach über einem Jahr Stillstand der Berliner Forschungsreaktor in Wannsee. Weil's ja "nur" ein Forschungsreaktor mit ganz wenigen Brennstäben ist, hat er keinen Reaktordruckbehälter, d. h. wenn was passiert, ist das Zeug ratzfatz in der Umwelt. Außerdem ist der Reaktor total veraltet. Erst im März waren die Sicherheitsmängel auf Antrag der Piratenpartei im Berliner Landtag behandelt worden. Demnach reicht das nukleare Potential der Anlage mindestens für einen Atomunfall der Stufe 6 (von 7), was mehrere hunderttausend Leute betreffen würde.

Atom-Combo

Meldungen

In Tel Aviv haben am 24.3. 1000 Leute gegen einen möglichen Angriff auf den Iran demonstriert. Das Geld für solche Kriege solle man lieber für soziale Zwecke ausgeben, statt mit der Sprengung von Atomanlagen am Ende noch die ganze Gegend radioaktiv zu verseuchen. Außerdem haben in Israel mal wieder vier AnarchistInnen den Kriegsdienst verweigert, drei junge Wehrpflichtige und ein 25-jähriger Reservist, der früher mal ein überzeugter Krieger (und Mussolini-Fan) war. Drei von ihnen gehen demnächst wohl in den Knast, der vierte wurde als Pazifist anerkannt, das ist legal. Zwei von ihnen (der Reservist und der Pazifist) sind übrigens durch die Lektüre von Tolstoi-Büchern zu ihrem Entschluss gekommen.
In einer Volksabstimmung haben sich 75% für die Einführung des Nulltarifs auf allen öffentlichen Verkehrsmitteln in der estnischen Hauptstadt Tallinn entschieden.
Baden-Württemberg verbraucht 20% aller deutschen Versuchstiere. Trotz grün-roter Regierung und entsprechender Wahlprogramme wurden aber bisher nicht mal die Affenversuche an verschiedenen Tübinger Instituten eingeschränkt.
Wegen der versuchten Befreiung von Nerzen aus einer Pelzfarm in Iowa (USA) wurde ein Aktivist zu fünf Jahren verknackt, seine Frau und Mittäterin bekam sechs Jahre, von denen sie aber nur 60 Tage absitzen muss (der Rest geht auf Bewährung). Bei der Aktion konnte lediglich ein Nerz aus seinem Käfig befreit werden, und selbst der hat es Berichten zufolge nicht vom Gelände geschafft.
In Berlin ist der Schokoladen wieder bedroht; am 31.3. endete die "Bedenkfrist". Am 22.3. wurde das Tacheles großteils versiegelt, so dass sogar etliche Künstler mit ungekündigten Verträgen nicht mehr an ihre Ateliers kamen. Es gab mehrere Protestaktionen vor der Hütte und Übergriffe von Wachleuten. Und die frischbesetzte Bevernstraße hat auch nur 20 Stunden gehalten.

Zu den älteren Meldungen (vom Winter 2012) geht's hier.