Netzecke
– Das Internetmagazin der Lindauer Auto-Fabriken –

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Der Professor schlägt zurück

So, nun ist es passiert: Prof. Rothfuß, der schon vor der Wahl gescheiterte OB-Kandidat der CSU, gewinnt in der dritten Halbzeit und legt dem künftigen OB Ecker (SPD/FW) ein Ei ins Nest, an dem der noch seine Freude haben wird – die Initiative für die Verlegung des Hauptbahnhofs nach Reutin war im Bürgerentscheid am 18.3. mit 53%:47% erfolgreich, bei einer Stimmbeteiligung von 44%. Das bedeutet eine weitgehende Zerschlagung des Inselbahnhofs. Dieser knappe Sieg wurde ermöglicht durch eine massive Kampagne und diese wiederum durch massive Spenden einiger reicher Lindauer, die demnächst wohl noch reicher werden, wenn z. B. das Grundstücksmonopoly um freiwerdende Bahnflächen auf der Insel losgeht.
Die Stadtratsfraktionen und ihre Basis, die eigentlich alle (bis auf die CSU, die verhielt sich neutral) für die bisher gültige und letztes Jahr in einem Bürgerentscheid bestätigte Kombilösung waren (also Hauptbahnhof auf der Insel und Wiedereröffnung des Reutiner Bahnhofs), hatten nach dem OB-Wahlkampf, der erst am 26.2. mit der Stichwahl zu Ende ging, offensichtlich keine Energie mehr für den Abstimmungskampf, während Rothfuß sich ja schon seit Dezember ausschließlich darauf vorbereiten konnte und sofort nach der OB-Stichwahl loslegte. Und außerdem hatten sie für ihre Gegenkampagne gemäß Schätzungen nur ca. 1/6 der Summe zur Verfügung, mit der Rothfuß die Laternenpfähle beklotzen konnte.
Seine Kampagne zielte vor allem (und das ist der eigentliche Witz) auf die Leute, denen das ganze Bahnthema egal ist – die AutofahrerInnen. Denen wurden ganz viele Parkplätze und ein "staufreies Lindau" versprochen, auch wenn in der Praxis wahrscheinlich das Gegenteil der Fall sein wird, wenn an den Verkehrs-Brennpunkt Berliner Platz jetzt auch noch der Hauptbahnhof kommt. Sogar die Tatsache, dass der Bahnverkehr an der "Aeschacher Kurve" massiv zunehmen wird und deswegen meterhohe Lärmschutzwände gebaut werden müssen, verkaufte die Kampagne als Message, dass der Hauptbahnhof Reutin "mehr Lärmschutz für Aeschach" bringe. (Zur Ehrenrettung der AeschacherInnen muss aber gesagt werden, dass die mehrheitlich mit "Nein" gestimmt haben.)
Bleibt abzuwarten, was daraus wird. Teile des Bürgerbegehrens, insbesondere die Forderung, dass die Insel "eingleisig" angeschlossen werden soll (und damit fast alle Gleise weg müssten), sind wahrscheinlich rechtswidrig, und das ganze könnte für die Stadt ziemlich teuer werden, wenn der Betrieb der Linie auf die Insel an ihr hängenbleibt, weil die Bahn sich da jetzt rausmogeln kann. Bis jetzt dementieren alle Beteiligten, ein neues Bürgerbegehren zu planen, mit dem der Reutin-Entscheid wieder umgeworfen werden könnte, aber wer weiß, was sich in den nächsten Monaten noch so alles ergibt, wenn die Faktenlage klarer wird.

Jim

Raus hier!

Aus Belgien wurden am 6.3. mit einem Charterflug 19 Leute in den Kongo und 4 nach Angola abgeschoben. Diejenigen, die in Kinshasa abgesetzt wurden, kamen gleich mal ins Gefängnis von Kassapa. Nur der sofortigen Mobilisierung von Angehörigen, Medien und Menschenrechtsorganisationen ist es zu verdanken, dass die meisten nach 48 Stunden freikamen. Einen haben sie allerdings offenbar behalten, Berichten zufolge wird er auch gefoltert. Viele der Freigelassenen sind sicherheitshalber untergetaucht, nicht dass sich die Behörden noch was anders überlegen. Das belgische Ausländeramt erklärte allerdings, dass jeder Fall sorgfältig einzeln geprüft werde und dass den Leuten in Kinshasa keinerlei Gefahr drohe.
Aus einem Flüchtlingsknast in Arad (Nordwest-Rumänien) wird über erschreckende Haftbedingungen berichtet. Es gibt häufig willkürliche Polizeiübergriffe auf die über 50 InsassInnen, medizinische Versorgung gibt's nicht, dafür jede Menge Hautkrankheiten, Fernsehen, Heizung und Dusche auch nicht, der Hofgang findet auf dem Flur statt, aber 22 Stunden täglich sind die Leute in den Zellen eingesperrt. Manche sitzen dort schon seit neun Monaten, rechtlich sind sogar 18 Monate möglich. Es ist nicht einmal ein Abschiebeknast, sondern die Inhaftierten sitzen dort ihr "ganz normales" Asylverfahren ab.
Anständige Behandlung für Flüchtlinge forderten auch 150 Leute auf einer Demo am 17.3. in Velbert. Konkret ging es um die Schließung des Heims in der Talstraße. Am 27.3. wird auf einer Stadtratssitzung darüber entschieden, ob die AsylbewerberInnen in Privatwohnungen untergebracht werden.

AK Flucht & Migration

Recht und Freiheit, jaja

Pit Scherzl hat seinen Hungerstreik im Knast nach fünf Wochen am 7.3. vorerst ausgesetzt, allerdings nicht wegen Erfolgen, sondern unter massivem Druck durch Schikane und Isolation. Dafür hat am 1.3. Tobia von der No-TAV-Bewegung in Italien einen Hungerstreik begonnen. Er sitzt im Hausarrest und unterliegt weitgehenden Kontaktverboten, selbst Besuche von Familienangehörigen sind stark eingeschränkt. Ihm wird Widerstand bei einer Räumung auf der TAV-Baustelle vorgeworfen.
Zum Tag der politischen Gefangenen am 18.3. demonstrierten in Berlin 300 Leute, in Stuttgart 90 und in Duisburg war auch noch was. In Stuttgart provozierte am Rande der Demo ein Fascho im Thor-Steinar-Outfit herum, der sich als Zivibulle erwies; ein Demoteilnehmer wurde wegen antifaschistischen Benehmens festgenommen. Toller Trick, Leute. Es gab eine ungenehmigte Spontankundgebung vor dem türkischen Konsulat, und später gingen noch 50 Leute auf einen Knastspaziergang nach Stammheim.
Im Prozess um Oury Jallohs Feuertod will das Magdeburger Landgericht jetzt doch nochmal zumindest "informell" abklären, ob ein neues Brandgutachten vielleicht doch irgendwie sinnvoll sein könnte. Und der Staatsanwalt, der immer noch nicht wegen möglicher Beteiligung von Polizisten ermitteln will, ist jetzt immerhin draufgekommen, dass er zumindest wegen Freiheitsberaubung ermitteln könnte – Oury hätte gar nicht festgenommen werden dürfen, es gab keinen Grund dafür! Wegen der drohenden Einstellung des Verfahrens demonstrierten am 13.3. in Wien 30 Leute vor der deutschen Botschaft gegen rassistische Polizeigewalt. Bereits am Morgen wurde dort eine Gedenkstelle mit Oury Jallohs Bild und Kerzen aufgebaut, dazu wurden Info-Flyer verteilt.
Mit rassistischer Gewalt machte auch der Flüchtlingsaktivist Osaren Igbinoba Bekanntschaft. Am 24.4.2011 hatte er sich an einer Protestaktion vor dem Flüchtlingslager in Zella-Mehlis beteiligt. Die BewohnerInnen luden die DemonstrantInnen ins Haus ein, Lagerleitung und Wachleute warfen sie allerdings gleich wieder raus, wobei einige verletzt wurden. Angeklagt wurde allerdings Osaren, er hätte die Lagerleiterin verletzt. Am 13.3. wurde er vom Suhler Amtsgericht freigesprochen, da es von der Situation zum Glück ein Video gibt, das ihn entlastet.
Die indonesische Polizei war am 24.12.2011 brutal gegen die Menschen in Bima vorgegangen, die sich gegen die Zerstörung ihrer Heimat durch den Bergbaukonzern PT Sumber Mineral Nusantara wehrten; vier Leute wurden getötet und Dutzende verletzt. Zwei Tage später gab es in Makassar eine große Protestaktion. Dabei wurde der 23-jährige Anarchist Hidayat wegen angeblicher Beschädigung einer Bank und einer Polizeiwache verhaftet. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft. Er sitzt immer noch im Sultan-Alanuddin-Gefängnis in Makassar.
Eine von den bekannteren Bands, die trotz kommerziellen Erfolgs immer noch einen gewissen politischen Anspruch haben, sind Anti-Flag. In einem Video kritisieren sie jetzt gemeinsam mit Amnesty International den kürzlich verabschiedeten NDAA (National Defense Authorization Act), der im Prinzip das Guantánamo-Verfahren verallgemeinert: Unter Terrorverdacht können künftig einfach alle überall ohne Anklage und Prozess für unbestimmte Zeit eingesperrt werden. Bisher ging das ja nur mit AusländerInnen außerhalb des US-Territoriums (deswegen mussten sie die bisher extra nach Kuba bringen).
Das Volksverhetzungsverfahren gegen den Besitzer von 18 Anti-Auto-Aufklebern ("Burn a Car") wurde nach fast zwei Jahren Dauer jetzt gegen eine Geldbuße von 180€ und eine Zusage, diese Aufkleber in Zukunft nicht mehr zu verwenden, eingestellt.
Zu Ende ist auch das Verfahren gegen Maori und AnarchistInnen in Neuseeland. Von ursprünglich 18 Angeklagten waren schließlich vier vor Gericht gelandet. Über den Hauptanklagepunkt "kriminelle Vereinigung" konnten sich die Geschworenen trotz fast 20 Stunden Beratung nicht einigen, die vier wurden lediglich wegen einiger harmloserer Anklagepunkte verurteilt. Wenn die Staatsanwaltschaft nicht doch noch versucht, die "kriminelle Vereinigung" in der Revision durchzubekommen, wird im Mai noch über das Strafmaß entschieden und das war's dann. Die vier sind weiterhin auf freiem Fuß. Ursprüngliche Idee der Staatsanwaltschaft war, dass die 18 eine Guerillaarmee zur Befreiung von Maori-Gebieten bilden wollten.

Prozessgruppe

Rechter Stress

In den USA gibt es wieder mal Proteste wegen der Ermordung eines schwarzen Jugendlichen. Trayvon Martin wurde am 26.2. im Rahmen der Aktion "wachsamer Nachbar" von einem durchgeknallten Bürger über den Haufen geschossen, weil er einen Kapuzenpulli anhatte. Der Mörder wurde nicht mal festgenommen, da die Polizei "keine Hinweise auf ein Verbrechen" sieht. Ähm.
Festgenommen wurden dagegen am Abend des 8.3. in Paris elf AktivistInnen der Anarchistischen Föderation und der Antifaschistischen Aktion wegen angeblicher Sachbeschädigung. Sie wurden bis zum Nachmittag des 11. festgehalten, den letzten Tag übrigens komplett illegal, da der Gewahrsam eigentlich nur bis Samstag (10.) 22 Uhr genehmigt war. Vorgeworfen wird ihnen das Kleben von Plakaten gegen Kundgebungen für "nationale Identität", bei denen unter bürgerlichem Deckmäntelchen extremer Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verbreitet werden. Soli-Kundgebungen vor der Wache wurden ebenfalls brutal "neutralisiert".
In Recklinghausen hat in der Nacht auf den 8.3. ein Nazi einen Gesinnungsgenossen auf dem Friedhof mit einer Grablaterne erschlagen, der Hintergrund ist unklar.
Erneut haben Neonazis versucht, das Thema "Kinderschänder" für ihre Zwecke auszuschlachten. In Sinsheim brachte die NPD am 10.3. nur ein paar Handvoll Nasen für eine Kundgebung zusammen. Eine Gegenkundgebung (übrigens mit recht viel "bürgerlicher" Beteiligung bis zur SPD) sollte in einigem Abstand abgehalten werden, ließ sich allerdings nicht davon abhalten, die Nazis einzukesseln. Die Polizei drohte erst mal mit der Reiterstaffel, gab dann aber wegen der Zahlenverhältnisse auf. Die Nazikundgebung, die schließlich stattfand, wurde mühelos übertönt. Im brandenburgischen Insel dagegen kann die NPD seit längerer Zeit mit großer Unterstützung aus der Bevölkerung gegen zwei aus der Sicherheitsverwahrung entlassene Sexualstraftäter und für die Todesstrafe hetzen. Viele InsulanerInnen distanzieren sich zwar verbal von den Nazis, auf den Kundgebungen werden sie aber trotzdem toleriert und können ihren Müll verbreiten. Da ist es eher mal eine Meldung wert, dass auch mal ein paar Leute gegen Nazis und Todesstrafe protestiert haben (35, um ungefähr genau zu sein).
Auch im Netz geht der Kampf mit den Nazis weiter. Nachdem ein Teil von Anonymous unter dem Motto OP Blitzkrieg reihenweise Naziseiten plattmachte oder knackte, griff eine Gruppe von ca. 25 Nazis ebenfalls anonymous die Nazileaks-Seiten an, auf denen gehackte Nazidaten veröffentlicht worden waren. Der Gegenangriff traf dann das Naziportal Altermedia.
In Saalfeld demonstrierten am 10.3. 300 Leute gegen den "rechten Konsens", die Polizei hielt sich zurück, Nazigruppen machten allerdings Stress und schafften es teilweise bis an die Demo. Außerdem beschädigten sie das Auto eines DGB-Funktionärs und bedrohten ihn später auf der Polizeiwache.
Am 13.3. gab es eine BRD-weite Razzia mit 33 Hausdurchsuchungen gegen die gewalttätige Anti-Antifa-Gruppe "Aktionsbüro Mittelrhein" und deren Zentrale, das "Braune Haus" in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Am 24.3. sollte in Bad Neuenahr eine Nazidemo stattfinden, eine antifaschistische Gegendemo war ebenfalls geplant. 24 Nazis wurden verhaftet, gegen sieben weitere wird ermittelt, und einmal dürft Ihr raten, was die Cops mit denen ihrer Datensammlung machen. Sofort gab es Soli-Aktionen. In Dortmund gab es schon am Abend des 13. eine Nazikundgebung und eine Gegenkundgebung mit 60 Leuten. Dem "Aktionsbüro" werden u. a. der Überfall auf die DGB-Demo am 1. Mai 2009 in Dortmund, Übergriffe auf Linke, MigrantInnen und Obdachlose sowie Dutzende Anschläge auf Jugendzentren, Parteibüros, Buchläden und das Aachener DGB-Haus zugerechnet. Einzelne der Verhafteten sollen auch beim Überfall auf das Dresdner Wohnprojekt Praxis beteiligt gewesen sein.
Auch der Führer der hessischen Nazigang "Old Brothers", Patrick "der Schlitzer", ist endlich wieder eingefahren. Allerdings nicht wegen seiner gewaltsamen Übergriffe oder Volksverhetzung (wegen seiner "Gaskammerpartys"), sondern weil er einen Rucksack voll Koks dabeihatte. Man muss halt Prioritäten setzen.
Immer noch wegen der Aktionen gegen die Nazidemo in Dresden im Februar 2011 gab's am 14.3. in Berlin erneut eine Hausdurchsuchung. Grundlage waren offenbar wieder mal die berüchtigten illegal gesammelten Handydaten, jedenfalls wurde neben einer Mütze und einer Jacke, die auf einem Video beim Landfriedensbrechen zu sehen sein sollen, auch das Handy des Betroffenen mitgenommen. Eingestellt wurden dagegen die Verfahren gegen die SprecherInnen des Bündnisses "Heilbronn stellt sich quer", denen öffentliche Aufforderung zu "Straftaten" (also halt zur Blockade) gegen den Naziaufmarsch am 1.5.2011 vorgeworfen worden war. Gegen einige DemonstrantInnen laufen aber weiterhin Ermittlungen.
Am 10.3. wollten Freies Netz Süd und NPD in München eine ganze Reihe von Infoständen machen. Gleich beim Aufbau des ersten Standes kamen 20 kritische Antifas vorbei, auf die einer der Faschos sofort mit einem Schlagstock losging, was zu einer Massenschlägerei führte. Die Polizei griff schließlich auf Seiten der Nazis ein, jagte Antifas, verhaftete zwei und verbreitete dann per Polizeibericht auch noch 1:1 die Naziversion der Geschichte, insbesondere, dass sich nur zwei und nicht 15 Nazis an der Schlägerei beteiligt hätten.
Ein richtiges antifaschistisches Rollkommando war dagegen am 14.3. in Patras (Nordwest-Griechenland) unterwegs. Das zerlegte das zwei Tage zuvor eröffnete Büro der Neonazigruppe Chrysi Avgi ("Goldene Morgenröte"). Wasserleitungen wurden auseinandergerissen, Möbel rausgeworfen, Türen und Wände eingetreten und Propagandamaterial verbrannt. Und das alles am helllichten Tag.
Der in St. Petersburg inhaftierte Antifa Schkobar sitzt auch noch eine Weile, seine U-Haft wurde am 15.3. um zwei Monate verlängert. Ebenfalls weiterhin inhaftiert sind die Angeklagten im RASH-Prozess in Nishny Nowgorod und zwei Bandmitglieder von Pussy Riot. Am 16. und 17.3. gab es Proteste in zahlreichen russischen Städten und im Ausland, z. B. in Chikago, Marseille, Warschau, Bern und vor der russischen Botschaft in Madrid, wozu die CNT-AIT aufgerufen hatte. Nur die GenossInnen in Paris ließen sich Zeit und beehrten ihre Botschaft erst am 20. Außerdem fanden zahlreiche Gedenkaktionen für den ermordeten Antifa Nikita Kalin statt.
In Chemnitz demonstrierten am 16.3. 300 Leute gegen einen neuen Naziladen. Der Laden durfte ursprünglich gar nicht aufmachen, weil er sich "Brevik" nennen wollte, jetzt heißt er halt Tönsberg wie alle, so gab's dann kein Problem mehr mit den Behörden. Nur am Tag der Demo machte er dann sicherheitshalber doch schon mittags zu.
Gemütliche Nazi-Homezone wurde dagegen am 17.3. in Görlitz gespielt, wo 100 Faschos in einer städtischen Halle ziemlich ungestört ein "nationales Fußballturner" durchziehen konnten. Am Morgen des 18. wurden dann acht Leute, die von einem Ska-Konzi im Delitzscher Jugendhaus kamen, auf dem Heimweg von einem Dutzend Nazis überfallen. Ein Tscheche landete mit einer gefährlichen Augenverletzung im Krankenhaus.
In Demmin endete am 21.3. der Prozess gegen zwei Antifas wegen beschädigten NPD-Plakaten. Obwohl den angeblichen Polizeizeugen schließlich nachgewiesen werden konnte, dass sie die Tat gar nicht gesehen hatten, reichte dem Gericht die Anwesenheit der Angeklagten 100 Meter von einem abgerissenen Plakat als Indizienbeweis. Es gab einmal Einstellung gegen 250€ Spende, einmal 50 Tagessätze und eine Spontandemo gegen das Justizsystem nach dem Prozess.
Und nach den zahlreichen Sachbeschädigungen bei linken Personen und Läden in Fürth hat's dort auch endlich mal nen Nazi erwischt, an dessen Auto letzte Woche ein paar hundert Euro Reparaturbedarf entstanden sind.

AK Antifa

Staatsbürgerkunde

Bedenkliche Tendenzen des Verfassungsschutzes offenbarte ein Vortrag im Club am 8.3. VS-Ämter dehnen ihre Tätigkeit weit über den gesetzlichen Rahmen hinaus aus und versuchen sich insbesondere als Bildungsträger z. B. mit entsprechenden Angeboten wie Ausstellungen, Vorträgen und Propagandaschriften an Schulen zu etablieren. Der gesellschaftliche Aufschrei ist erschreckend leise, aber schließlich muss man unter die Geschichte mit der Stasi ja auch mal nen Schlussstrich ziehen. Entsprechend verrennt sich der VS munter weiter, in einer Publikation stellt er sogar eine "Interessensidentität zwischen Verfassungsschutz und Gesellschaft" fest – die nur von der dummen Gesellschaft nicht erkannt werde. Da muss man wohl noch ein bisschen weiter schulen.
Eine der Strippenzieherinnen ist Familienministerin Schröder, die sich einerseits redlich um die Durchsetzung der Extremismustheorie (rechts=links, Punx genauso schlimm wie Faschoglatzen usw.) als Staatsdoktrin bemüht, gleichzeitig aber Ideen aus dem klassischen rechtsradikalen Lager übernimmt, z. B. den Kampfbegriff der "Deutschenfeindlichkeit" für alles, was nicht ausländerfeindlich ist. Ein besonderes Anliegen ist ihr die "Extremismusklausel", mit der sich alle EmpfängerInnen von Fördermitteln verpflichten, nicht nur selber keine "extremistischen" Ansichten zu hegen, sondern auch nicht mit "extremistischen" Dritten zusammenzuarbeiten und diese, wenn sie ihnen auffallen, sogar den Behörden zu melden. Wobei "extremistisch" einfach durch den Verfassungsschutz definiert wird: Wer im Verfassungsschutzbericht drinsteht, ist fällig.
Schlechte Erfahrungen macht damit gerade die Münchner antifaschistische Informationsstelle Aida, die seit Anfang der 90er den rechten Sumpf dokumentiert und neuerdings im VS-Bericht steht. Die hat sogar dagegen geklagt, recht bekommen und stand trotzdem im nächsten Bericht wieder drin. Während also früher z. B. eine Schule bei Aida nachfragen konnte, ob ein bestimmter Referent, den sie einladen wollte, rechtsradikale Ideen vertritt, könnte sie dafür jetzt Ärger wegen Verstoß gegen die Extremismusklausel bekommen. Die sollen gefälligst beim VS nachfragen, der entscheidet sowas künftig. Da eliminieren die "ExtremistenjägerInnen" also nicht bloß antifaschistische Positionen, sondern auch gleich unliebsame Konkurrenz.

Euer Joachim

Umweltaktivismus

Gegen die Atommüll-Konditionierungsanlage Duisburg-Wahnheim, in der schwach- und mittelaktiver Strahlenmüll geschreddert, verarbeitet und verpackt wird, erwacht langsam der Widerstand. Vor der Anlage, die direkt neben einem Wohngebiet liegt, gibt es Proteste, u. a. hat eine 48-Stunden-Mahnwache stattgefunden. Der Müll ging früher in das Gorlebener Fasslager (genau, da wo vor ein paar Jahren mal ein Dach eingestürzt ist, weil es zuviel geschneit hat), jetzt soll er nach Ahaus. Allein dieses Jahr sind 80 Transporte geplant.
In Hinkley geht der Protest gegen den AKW-Neubau auch nach der Räumung der Bauplatzbesetzung weiter. Am Fukushima-Wochenende demonstrierten über 1000 Leute und blockierten die Hauptzufahrt, mehr als 100 bauten Zelte auf und blieben über Nacht.
Zwei Aktivisten von Ökowatch Nordkaukasus haben eine Klage wegen "schwerer Sachbeschädigung mit Hooligan-Motiven" am Hals, für die sie bis zu fünf Jahre in den Knast kommen können. Sie hatten am 13.11. dagegen protestiert, dass im Bezirk Tuapse sieben Hektar Land am Schwarzen Meer illegal für die geplante Sommerresidenz des Bezirksgouverneurs von Krasnodar Alexander Tkatschjow eingezäunt worden waren, indem sie den Zaun mit Parolen wie "Das ist unser Wald" und "Alex ist ein Dieb" beschrifteten. Die ErmittlerInnen stellten einen Sachschaden von 3000€ fest, weil der Zaun nicht mehr funktionstüchtig sei und repariert werden müsse. Die Ökos bestehen allerdings darauf, dass der Zaun selber illegal ist und die Staatsanwaltschaft sich der Verfolgung Unschuldiger schuldig macht. Greenpeace Russland hat 20.000 Unterschriften für die beiden gesammelt, Medwedjew hat eine "Prüfung" angeordnet, aber das Spiel kennen wir ja von ihm. Die beiden sitzen immer noch im Knast. Bei Protesten dagegen wurden mehrere Personen festgenommen, u. a. der Bürgerrechtler Leo Ponomarjow und die Chimki-Aktivistin Eugenia Tschirikowa.

Der Baum

Kriegserklärungen

Der Attentäter von Toulouse ist von der Polizei mit einem Kopfschuss getötet worden. Der Fall ist klar, El-Kaida-Kämpfer erschießt ein paar Soldaten, um gegen den Afghanistan-Einsatz zu protestieren, und ein paar jüdische Kinder, um die Tötung palästinensischer Kinder zu rächen. Der liebe Gott wird begeistert sein und seine Seele zur Belohnung in den Puff schicken, und der französische Staat kann jetzt wieder ein paar Gesetze zur Ermittlung und Kontrolle von Gesinnungen verschärfen. Weniger ins Bild passt, dass der Typ ursprünglich nicht zu El Kaida wollte, sondern zur französischen Armee oder zur Fremdenlegion, die ihn aber wegen seiner Vorstrafen nicht wollten. Offenbar ging's dem gar nicht um die Religion, sondern ums Ballern, und wenn sie ihn genommen hätten, würde er heute selber in Afghanistan oder im Kongo Kinder erschießen (Abwegig? Was war nochmal vor zwei Wochen in Afghanistan?). Und einmal dürft Ihr raten, was die französische Polizei dagegen unternehmen würde.
In München nervte dieser Tage die Bundeswehr ausbildungswillige junge Menschen auf der dortigen Bildungsmesse. Junge Menschen nervten dafür die Bundeswehr mit einer Serie von Störaktionen gegen deren Stand. Mal wurde Kriegspropaganda entsorgt, mal Gegeninformation verbreitet, mal der ganze Stand mit einem großen Anti-Kriegs-Transpi blockiert. Weitermachen!
Die Antimilitaristin Hanna Poddig hat sich entschieden, ihre 90 Tagessätze abzusitzen. Am 15.3. wurde sie von einer Solidemo in die JVA Frankfurt begleitet. Sie wurde für die Blockade eines Bundeswehrtransports 2008 bei Husum verurteilt. Der Bundeswehrtransport diente Angriffen auf fremde Länder, die streng verboten sind und mit 10 Jahren Knast geahndet werden müssen. Dafür gibt Hanna dem Staat kein Geld. Allgäuer AntimilitaristInnen hängten tags darauf an einer Autobahnbrücke bei Kempten Transpis auf, die zur Solidarität mit Hanna und den wegen versuchter Beschädigung von Bundeswehrfahrzeugen ebenfalls noch inhaftierten Mitgliedern der "militanten gruppe" aufrufen.
Wegen der erfolgreichen Beschädigung von Bundeswehrfahrzeugen beim Dresdner Osterfeuer 2009 wird weiterhin ermittelt. Am 15.3. wurden deswegen in Finsterwalde drei Wohnungen durchsucht, den Betroffenen wird vorgeworfen, "Aufklärung im Vorfeld" betrieben zu haben, weil sie laut ihren Handydaten vor dem Feuer in Dresden gewesen seien.

Netzwerk vaterlandsloser Gesellen

Wer kriegt die Krise?

Es tut sich schon einiges im Vorfeld der Aktionen gegen Krise und Kapitalismus am 31.3. in Frankfurt. In Göttingen feierten am 16.3. 600 Leute auf einem Rave unter dem Motto: "Über die Verhältnisse leben – Gegen engere Gürtel und Kapitalismus!" In Frankfurt besuchten an diesem Tag 150 Leute eine HochTief-Filiale und die Immobilienfirma Franconofurt. HochTief kauft im Rahmen der Zwangsprivatisierung als klassischer Krisenprofiteur gerade halb Griechenland zusammen, und Franconofurt hat der Uni gerade das seit neun Jahren besetzte Gebäude des Instituts für vergleichende Irrelevanz (IvI) abgekauft und will es räumen lassen.
Die Gegenseite schläft allerdings auch nicht. Im Eiltempo sind die EU-Staaten dabei, den "Fiskalpakt" durch ihre Parlamente zu prügeln, damit er ratifiziert ist, bevor sich irgendwelcher Widerstand regen kann. Entgegen irgendwelcher Vorgaben über soziale Mindeststandards oder demokratische Verfahren wird damit der Sparzwang zum obersten Grundsatz erhoben – in den meisten Staaten schlicht ein Verfassungsbruch, somit ein koordinierter Staatsstreich in der ganzen EU. Die brauchen sich über autoritäre Tendenzen in Ungarn mal nicht mehr beschweren, wenn sie den gleichen Mist in viel größerem Maßstab durchziehen. In Ungarn hatte die regierende Fidesz-Partei das Verfassungsgericht quasi entmachtet, indem sie ihm die Kompetenz entzog, Urteile zu fällen, die finanzielle Auswirkungen hätten – und genau das gibt's jetzt für alle EU-Staaten.
Es gibt einige Proteste dagegen, andere Leute greifen angesichts der sozialen Lage zu radikaleren Mitteln. In Hamburg wurden in der Nacht auf den 21.3. aus Protest gegen Fahrpreiserhöhungen und Kontrollen 18 Fahrkartenautomaten sabotiert und ein Auto angezündet. Ein ganzes Arbeitsamt versuchte am 1.9. ein Arbeitsloser in Wuppertal anzuzünden, der wurde am 20.3. zu 3½ Jahren verknackt, auch wenn er letztlich bloß einen Teppich angekokelt hat. Dass der Täter dafür gesorgt hatte, dass keine Menschen gefährdet werden, erkannte der Richter an, ebenso wie, dass ihm vollkommen rechtswidrig statt des Hartz IV-Satzes nur 54 Euro ausgezahlt worden waren und er, als er sich darüber beschwerte, unfein behandelt worden war. Das sei aber kein grobes Unrecht seitens der Arge, und aus "generalpräventiven Gesichtspunkten", deutsch gesagt aus politischen Motiven zur allgemeinen Einschüchterung der arbeitslosen Klasse, somit auch kein minderschwerer Fall von Brandstiftung. Rechtskräftig ist das noch nicht, aber der Betroffene bleibt so lange schon mal in U-Haft. Wer keinen Job hat, bei dem besteht schließlich grundsätzlich Fluchtgefahr.
In anderen Ländern funktioniert das mit der Solidarität anscheinend besser. Die konservativ-liberale britische Regierung wollte unter dem Titel "workfare" (statt "welfare", also Wohlfahrt) so ein ähnliches Zwangsarbeitsschema einführen wie es in Deutschland mit den Ein-Euro-Jobs schon seit Schröders Zeiten existiert. Statt dämlichem "genau, arbeiten sollen sie, die faulen Schweine"-Geblöke gab's auf der Insel allerdings einen gesellschaftlichen Aufschrei gegen Zwangsarbeit. Als erstes sprangen die gemeinnützigen Organisationen ab, die die Ein-Pfund-JobberInnen zugeteilt bekommen sollten, und schließlich sahen sich auch die ganzen Konzerne (z. B. die Supermarktketten Sainsbury's und Tesco) genötigt, auf BilligsklavInnen zu verzichten, um keine Boykottkampagnen zu riskieren. Stellt sich die Frage, ob die Leute da drüben einfach noch nicht ganz so verblödet sind wie die hier, oder ob es einfach an der politischen Konstellation lag – dass hier die ganze Scheiße unter Rot-Grün durchgesetzt wurde und die Gewerkschaften "ihrem" Schröder nicht in den Rücken fallen wollten. Was wäre wohl passiert, wenn Labour noch an der Macht wäre?
Das letzte irische Occupy-Camp, Occupy Dame Street, ist nach fast einem halben Jahr am 8.3. geräumt worden. Bullen und Bauhof überraschten die letzten 15 CamperInnen um halb vier in der Frühe. Die Aktivitäten des Camps hatten seit Dezember schon sehr stark nachgelassen, und das beste daran waren angeblich sowieso die Projekte, die von den Leuten angestoßen wurden, die die Schnauze voll hatten und gingen. Vermutlich hatten die Behörden gehofft, dass der Winter den verbliebenen CamperInnen den Rest gibt – und reagiert, als die Kältewelle zu Ende war und der Frühling drohte. Als offizielle Ausrede für die Räumung diente die Parade zum St. Patrick's Day, die unbedingt über Dame Street laufen muss.
In Nordirland dagegen geht noch was, da ist seit dem 16.1. ein leerstehendes Gebäude der Bank of Ireland in Belfast besetzt. Es soll zu einem sozialen Zentrum gemacht werden. Während die Bank mit Steuermilliarden gerettet worden war, weitet sich die Armut in Nordirland aus und die Arbeitslosigkeit ist wieder auf dem Niveau der Bürgerkriegszeit. In der besetzten Bank ist ein ganzer Schwung Obdachlose untergekommen.
Der Ausgangspunkt der Occupy-Bewegung, der Liberty Square in New York, ist am 17.3. wieder mal brutal geräumt worden. Es gab eine Demo gegen Polizeigewalt (50 Leute) und eine Neubesetzung, diesmal am Union Square (300 Leute).

Arge Lage egal

Freiräume verteidigen!

Gegen die Einschränkungen für das Reutlinger AZ Zelle hat am 10.3. ein Zelle-Rave mit 100 Leuten die Stadt gerockt. Sie trafen sich in der Innenstadt ohne Anmeldung und Erlaubnis, ein anwesender Kinderwagen entpuppte sich plötzlich als Soundsystem, und anschließend tanzte die Menge zum Marktplatz. Die Stadt fordert, dass die Zelle sich eine Gaststättenkonzession zulegt und die dazugehörigen Auflagen erfüllt (u. a. professionelle Securities, die auch das Zelle-Umfeld terrorisieren sollen). Die Zelle hat erstens keinen Bock drauf, eine kommerzielle Gaststätte zu werden, und kann zweitens von ihrer Vereinsstruktur her gar nicht gewerblich tätig sein.
Am 16.3. wurde das besetzte Haus "Elba" in Warschau von Polizei und Wachleuten angegriffen. Die BewohnerInnen verschanzten sich auf dem Dach und in einem Zimmer, während sich draußen UnterstützerInnen sammelten und Barrikaden bauten, so dass die Cops sich gegen Abend schließlich zurückziehen mussten. Räumungstitel hatten sie sowieso keinen, dafür haben sie die Hütte ziemlich gründlich vandalisiert. Am 23. ist in Warschau Demo, weltweite Soliaktionen wären natürlich auch wunderschön.
Nach der Räumung des "illegalen" Teils der Irish Travellers-Siedlung Dale Farm ist auch auf dem legalen Gelände der Alltag noch längst nicht wieder eingekehrt, sondern ein UN-Beauftragter, der sich dort über die Behandlung von Minderheiten in Britannien informierte und nicht gerade amüsiert war. Strom gibt's auch noch keinen, die Leitung war bei der Räumung zerstört worden und ist zwar wieder hergestellt, allerdings will kein Versorger Strom liefern, obwohl die FarmerInnen ihre Rechnungen immer pünktlich gezahlt hatten.

AK Bauen & Besetzen

Meldungen

Bei der Lindauer OB-Wahl ist Amtsinhaberin Petra Meier tB-S mit einem souveränen letzten Platz von vier, noch hinter Max Strauß von der Bunten Liste, bereits im 1. Wahlgang ausgeschieden – die kannten sie halt schon. Gewonnen hat letztlich SPD/FW-Kandidat Ecker.
Der räumungsbedrohte Berliner "Schokoladen" ist gerettet, dafür hat das AZ Zelle in Reutlingen Ärger mit den Behörden, die sich drüber aufregen, dass da jetzt das ganze Gammelvolk rumhängt, das sie vorher aus der Innenstadt vertrieben haben. Die Stadtverwaltung will die Zelle dazu zwingen, eine Gaststättenkonzession zu beantragen, womit sie automatisch auch die Verantwortung für ihr "Umfeld" aufgebrummt bekäme. Eine Wirtschaft kann und will die Zelle aber nicht sein, und sie darf es nicht mal, weil sie als "anerkannter Träger außerschulischer Jugendbildung" gar nicht gewerblich arbeiten darf. In Gefahr sind außerdem die Freie Schule in Porto und das Uwaga in Zürich. Aber wenigstens der Wasserburger Eulenspiegel hat nach dem Brand pünktlich am 7.3. wieder aufgemacht. Und in Nürnberg gibt's jetzt das "Projekt 31". Der Verein Alternative Kultur Nürnberg (AKN e.V.) hat eine alte Autowerkstatt angemietet und macht da was draus. Der Eröffnung stehen allerdings noch ein Haufen teure Formalitäten (Brandschutz usw.) entgegen, für die der Verein die Kohle irgendwie selber auftreiben muss. Die Lücke beträgt über 15.000€. In Kopenhagen erinnerten am 1.3. 500 Leute an die Räumung des Ungdomshuset vor fünf Jahren. Tags darauf wurde in Köln-Deutz ein Haus von 20 Leuten besetzt, die Polizei versuchte es mit Belagerung und Aushungern, so dass die BesetzerInnen am 3. abends aufgaben. Das mit dem AZ war wohl ne eher seltene Panne.
Das habta nun davon: Das Grand Hotel Heiligendamm, berühmt geworden durch den G8-Gipfel von 2007, ist pleite. Leider trifft's die Kempinski-Gruppe nicht, die ist schon 2009 aus dem Projekt ausgestiegen.
Veolia hat es vorerst aufgegeben, den Film "Water Makes Money" zu kriminalisieren, der die Praktiken bei der Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung aufdeckt. Ein Rechtshilfeersuchen aus Frankreich war von den deutschen Behörden abgelehnt worden, und die deutsche Veolia-Tochter hat den Gedanken inzwischen verworfen, eine Klage nach deutschem Recht anzustreben, da der Image-Schaden durch den Film selbst und die französische Klage schon groß genug sei. Anhängig ist bloß noch eine (allerdings nicht zu unterschätzende) Klage gegen einen französischen Beteiligten und den dortigen Filmvertrieb, die vermutlich bis nach der Präsidentschaftswahl in Frankreich auf Eis liegt. Veolia bestreitet übrigens keine der Sachaussagen des Films, es geht nur darum, ob das, was der Konzern da abzieht, "Korruption" genannt werden darf!
Der Film spielte eine große Rolle beim Verfall des Veolia-Aktienwerts um 7/8 und beim erfolgreichen Volksbegehren gegen die Wasserprivatisierung in Italien, wo er praktisch alleine gegen die Propaganda von Berlusconis Medienimperium stand. In Berlin half er beim ebenfalls erfolgreichen Volksbegehren zur Aufdeckung der Geheimverträge über die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe, gegen das alle Parteien außer Teilen der Grünen waren.
Ex-Bundespräsident Wulff wurde am 8.3. verabschiedet, wobei er trotz aller Kritik darauf bestand, sich nochmal öffentlich "Somewhere over the rainbow" auf der Vuvuzela vorspielen zu lassen. Oder so ähnlich. Seine einträgliche Rolle als niedersächsischer Ministerpräsident muss allerdings in den historischen Kontext gesetzt werden. Da gab es zum Beispiel einen Ministerpräsidenten Glogowski, der noch zu Amtszeiten über seine spendenfreudigen Connections stolperte – und einen Gerhard Schröder, der komischerweise für solche Connections gar nicht kritisiert wurde, sondern sich ganz offen als "Genosse der Bosse" feiern ließ und seine Karriere konsequent damit krönte, dass er jetzt für den größten Boss des Kontinents als PR-Fuzzi arbeitet.
Am 25.2. demonstrierten im Val Susa westlich von Turin erneut 50.000 Leute friedlich gegen die Zerstörung des Alpentales für die Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke (TAV) nach Lyon. Im Bahnhof von Turin wurden anschließend 500 DemonstrantInnen von der Polizei angegriffen. Am 27.2. wurde Baita Clarea, ein von "No TAV"-AktivistInnen auf der Strecke errichtetes Haus, geräumt. Dabei stürzte Luca Abbà 15 Meter tief von einem Strommasten ab, als er von der Polizei angegriffen wurde, und wurde in kritischem Zustand ins Krankenhaus gebracht. Überlebt hat er, aber mehrere Wirbelbrüche und weitere schwere Verletzungen durch Sturz und Stromschlag. In der Region gab es als Reaktion spontane Streiks und eine Autobahnblockade bis in die Nacht. Zu dem Sturz gibt's ein Video im Internet, das Ihr aber nicht angucken könnt, weil die superintelligente Youtube-Software behauptet, Ihr müsstet für das Gucken eines Abba-Videos erst mal an die Gema löhnen. Gema, Youtube und Bullen in einen Sack stecken... Von den 26 No TAV-Leuten, die am 26.1. eingeknastet worden waren, sitzen übrigens noch acht, die meisten anderen haben Meldeauflagen, Hausarrest oder ähnliche Einschränkungen.
Auch in Russland gibt's wieder Ärger um einen Wald: nachdem die Trasse durch den von Chimki im Nordosten von Moskau weitgehend abgeholzt ist, ist jetzt im Süden der Wald von Butowo dran. Proteste laufen, die Harvester auch, wenn sie nicht gerade brennen.

Bürgerbegehren

So, am 18. März wird endlich abgestimmt. Nach derzeitiger Beschlusslage soll ja der Lindauer Hauptbahnhof auf der Insel bleiben und der alte Reutiner Bahnhof für den Nah- und Fernverkehr wiedereröffnet werden. Ein Bürgerbegehren aus CSU-Kreisen will es aber genau umgekehrt, dass nämlich der Hauptbahnhof nach Reutin kommt und der Bahnhof auf der Insel nur noch "eingleisig" bedient wird. Bisher gehen ja von der Insel je zwei Gleise nach Aeschach/Friedrichshafen und Reutin/Bregenz, d. h. die Gleise Richtung Aeschach und eins Richtung Reutin müssten strenggenommen rausgerissen werden, wenn das durchkommt, was für den Bahnbetrieb natürlich ein Riesenschmarren ist, aber supertoll billig im Unterhalt. Und das mit dem Unterhalt ist wichtig, denn wenn die Insel nicht mehr Hauptbahnhof ist, kann die Bahn die Strecke an Privatfirmen abgeben, dann ist das deren Problem. Teuer könnte insbesondere die Bahndamm-Sanierung werden, die sich aus dem Betrieb der zwei Kilometer zwischen Reutin und Insel sicher nicht erwirtschaften lässt. Deshalb wird die Privatfirma dann die Stadt bitten, einzuspringen, und wenn die die Kohle nicht hat, dann ist der Insel-Anschluss halt Geschichte. Stellt sich also die Frage, wieso sich die Stadt dieses Problem freiwillig aufhalsen sollte. Die Vision des CSU-Bürgerbegehrens ist dagegen, auf der Insel möglichst viele Flächen für irgendwelche tollen Neubauprojekte freizukriegen (die Stadt hat zwar kein Geld dafür, aber da findet man bestimmt wieder so tolle Investoren wie Wund und Mang fünfzig Meter weiter) und dass uns die Bahn am Berliner Platz dann einen tollen neuen Hauptbahnhof hinstellt, der gemeinsam mit dem Lindaupark dann zum ultimativen Konsumorgasmus verschmilzt. Wahrscheinlich wird's aber doch bloß ein überdachter Fahrkartenautomat. Also die LindauerInnen unter Euch können sich's jetzt überlegen, was sie wollen, aber die Empfehlung an dieser Stelle ist, hinzugehen und mit "nein" zu stimmen.

Jim

Bombenstimmung

Der weltweite Rüstungshandel, insbesondere der Export aus Deutschland, erreichte 2011 neue Rekordwerte. Die deutschen Exporte haben sich in den letzten zehn Jahren versechsfacht. Nach der Vorstellung des Rüstungsexportberichts wurden am 26.2. vor dem Bundestag 100 bombenförmige Großballons gestartet, die Panzerlieferungen an Saudi-Arabien (zur Frühlingsniederschlagung) und an Griechenland (zu... ja wozu eigentlich, außer um noch mehr Schulden zu machen?) kritisiert sowie ein allgemeines Rüstungsexportverbot gefordert.
Vor Gericht landen die Leute, die was dagegen haben, z. B. die acht Jugendlichen, die 2010 bei der Rüstungswerft Blohm & Voss mit einer Transpiaktion auf deren Geschäfte aufmerksam gemacht (und den Betrieb gestört) hatten. Für sieben von ihnen wurde aus angedrohten 600 Tagessätzen letztlich eine Verfahrenseinstellung gegen 100€, die achte will aber Fragen wie "Was ist schon Hausfriedensbruch gegen den Bruch des Weltfriedens?" oder "Gehören nicht eigentlich die Kriegstreiber hinter Gitter?" gerichtlich geklärt haben und ließ sich auf den Deal nicht ein.
Zu einem ordentlichen Krieg gehört neben dem Stahl natürlich auch das Menschenmaterial. Das will sich die Bundeswehr z. B. auf Berufs- und Ausbildungsmessen wie der Göttinger GöBit am 25.2. besorgen. Ihr Stand dort war eher schwer, und das lag nicht an den Panzerplatten. Schon vor der Eröffnung um zehn Uhr waren sämtliche Toiletten mit antimilitaristischen Aufklebern bestückt worden. Der Nachschub an entsprechenden Flyern, die vor der tödlichen Realität hinter den bunten Werbeprospekten warnten, konnte den ganzen Tag aufrechterhalten werden. Um elf wurde der BW-Stand dann einfach mit einem Transpi blockiert, bis Securities und Polizei aufräumten. Anderthalb Stunden später ereignete sich eine Explosion, und nun wurde der Bundeswehrstand von einem Haufen Leichen blockiert. Explosion und Leichen waren natürlich gefälscht, deshalb brauchte die Polizei eine Viertelstunde, ehe sie überhaupt mit der Räumung beginnen konnte, die dann auch noch von lautstarken Protesten der Umstehenden überschattet wurde. Die nächste Leiche wurde dann um zwei schon fixfertig im offenen Holzsarg direkt vor dem Stand platziert. Polizei und Bundeswehr waren nicht amüsiert, aber die werden vielleicht zur nächsten GöBit auch gar nicht mehr eingeladen. Hoffen zumindest die SchülerInnen. Auf der anderen Seite des Bildungssystems ist die Kriegsbegeisterung leider größer, die Bremer Hochschulrektoren haben sich gerade gegen die Aufnahme einer Zivilklausel ins Hochschulgesetz ausgesprochen. Nicht dass da plötzlich die Rüstungsforschungsaufträge flöten gehen. Der Senat der Uni hatte sich im Januar noch dafür ausgesprochen.

Netzwerk vaterlandsloser Gesellen

Strahlemänner

In Hinkley (Britannien) soll ein neues AKW gebaut werden, genauer gesagt neben die beiden bestehenden Reaktoren ein neuer Block C. Der Bau soll nächstes Jahr beginnen, die Rodungsarbeiten haben aber schon begonnen. Sofort waren auch ein paar Leute da, die Bäume und eine ehemalige Farm auf dem Gelände besetzten. Die wurden allerdings nach einer Woche am 29.2. geräumt.
In der Nacht auf den 8.3. wurden zwei Berliner Vattenfall-Gebäude mit Farbe und Buttersäure angegriffen, und um die Geruchsbelästigung zu minimieren, wurden sie auch gleich großflächig belüftet. BekennerInnen kritisierten die Atom- und Kohlekraftwerke sowie sonstige Umweltsauereien des Konzerns.
Mitten in Duisburg gibt's eine Konditionierungsanlage für schwach- und mittelaktiven Atommüll. Weil eigentlich keineR weiß, wohin damit, wird er erst mal auf dem Firmengelände gelagert – die Genehmigung wurde gerade von 2500 auf 3300 Tonnen erweitert. Strahlenmüll wird dort mindestens wöchentlich angeliefert. Abstand zum nächsten Wohnhaus: 200 Meter. Bei einer Windkraftanlage wäre ein Abstand von 1,5km zur Wohnbebauung einzuhalten...
Bei der Saukälte in den letzten Wochen hatte Frankreich plötzlich ein Problem. Weil dort hauptsächlich mit Strom geheizt wird (weil man hat ja Atomstrom und der ist ja so billig), geht denen bei richtigem Frost radikal der Saft aus, und trotz 58 AKWs importieren sie dann den überschüssigen Windstrom aus Deutschland. In Deutschland stieg der Börsen-Strompreis von normalerweise 5 auf 10 ct/kWh, in Frankreich dagegen bis fast 40! Für die deutschen Stromkonzerne rentiert es sich dann natürlich, den Strom dorthin zu schicken, und zum Glück sind die Leitungskapazitäten begrenzt, sonst würden sich die Preise natürlich gnadenlos angleichen...
Der Kampf für den Ausstieg geht natürlich beiderseits der Grenze weiter, in Südfrankreich ist am 11.3., dem Fukushima-Jahrestag, eine Menschenkette von Lyon nach Avignon geplant (ja, das IST weit!), während es in Deutschland an allen Atomstandorten Proteste gibt. In Höchstädt wurden sogar beim Faschingsumzug Atommüllgespenster gesichtet, die von Flyern für die Aktion in Gundremmingen umwirbelt wurden.
In der Schweiz läuft das alles ordentlicher ab. Das dortige Bundesverwaltungsgericht hat jetzt festgestellt, dass das AKW Mühleberg tatsächlich gefährlich ist. Allerdings erst ab Sommer 2013. So lange darf es noch weiterlaufen, dann muss es entweder nachgerüstet oder stillgelegt werden. Bis dahin hat es bitte keine Erdbeben und keine Dammbrüche am Wohlensee.

Atom-Combo

Aufruhr, Widerstand...

Immer mehr Menschen in Griechenland hungern. Im aktuellen Etat für 2012 sollen die Sozialleistungen wiederum um 9% gesenkt werden, gleichzeitig will man die Militärausgaben um 18% anheben. Griechische Gewerkschaften fordern bereits den EU-Austritt und die Streichung aller Schulden. Die GläubigerInnen waren gnädig, letztlich haben nun immerhin 86% von ihnen einer Halbierung zugestimmt, macht also insgesamt eine Streichung von 43%. Nicht dass die das wirklich selber bezahlen würden, der Wertverfall griechischer Staatspapiere geht ja schon eine ganze Weile, was zu nominellen Zinssätzen um die 100% geführt hatte, so dass dort der Schnitt längst "eingepreist" war und die SpekulantInnen damit munter weiterzocken konnten. Draufzahlen müssen eigentlich nur die "seriösen" AnlegerInnen, die langfristig investiert hatten und ihre Papiere nicht mehr rechtzeitig losgeworden sind.
Davor gab es eine ganze Reihe von Generalstreiks und Großdemos, so vom 10.-12.2., was am Sonntagmorgen mit einer Reihe von Razzien und Dutzenden Verhaftungen endete; viele Leute sollen erst mal für mehrere Wochen in U-Haft bleiben (Sie wissen ja, unsere Justiz ist überlastet, bitte gedulden Sie sich...). Unabhängige Berichterstattung wurde durch Cyberangriffe auf Indymedia Athen behindert. Am nächsten Wochenende, als wieder Proteste anstanden, ließ der Rektor des Athener Polytechnikums, wo wichtige Indy-Server vermutet wurden, wegen "Wartungsarbeiten" gleich den Strom abschalten.
Neben den Demos gab es zahlreiche wilde Streiks und Betriebsbesetzungen. Ein Mitarbeiter des Krankenhauses von Kilkis (Nordgriechenland) landete spontan in der eigenen Herzabteilung, nachdem er seine Gehaltsabrechnung bekommen hatte – statt des gewohnten Schecks über 800€ (welch fürstlich Salär, für nen Vollzeitjob mit Nachtschichten) erhielt er wegen der verordneten Lohnkürzungen die Aufforderung, 170€ zurückzuzahlen! Das Krankenhaus wurde daraufhin am 20.2. von den ÄrztInnen und MitarbeiterInnen besetzt.
Der Schuldenschnitt heißt natürlich nicht, dass sich die Krise damit erledigt hätte. "Die Märkte" haben nur soviel Druck weggenommen, dass Griechenland knapp am ökonomischen Zusammenbruch entlang weiterfunktionieren kann. Die nicht gewählte Regierung unter Papadimos wird also genauso brutal weitermachen (müssen) wie bisher, was soziale Grausamkeiten und den Ausverkauf öffentlicher Güter betrifft. Da ist also weiterhin Gegenwehr in Griechenland angesagt – und Solidarität von außerhalb, denn was den GriechInnen heute an Verelendung und Entrechtung zugemutet wird, ist morgen der Präzedenzfall für andere EU-Länder wie Italien, Portugal oder Irland. Und wenn die Arbeitsbedingungen dort immer weiter Richtung Sklaverei abrutschen, bedroht uns das ganz unmittelbar selber – im "freien" EU-Binnenmarkt müssen wir dann schließlich noch produktiver und damit letztlich billiger sein als die.
Zu den anderen Unruheherden. Zum Jahrestag der Proteste in Marokko am 20.2. zogen die Bewegungen eine durchwachsene Bilanz. Kämpfe in Industrie und Landwirtschaft und die Proteste der Arbeitslosen und Minderheiten (z. B. Amazigh/BerberInnen) dauern im ganzen Land an. Reformieren lässt sich die Monarchie nur zaghaft, Repression wird dafür mit der großen Kelle angerührt. Es gibt zahlreiche politische Gefangene. Die Amazigh von Imider wehrten sich z. B. dagegen, dass ihr Land für große Silberminen verwüstet wird und ihnen bloß der giftige Abraum und das verseuchte Grundwasser bleiben. Fast die gesamte Bevölkerung von sieben Dörfern hatte den Berg Aleaban besetzt und der Mine das Wasser abgestellt; dafür sitzt Mustafa Uschtuban seit dem 4.10. im Gefängnis.
Von Syrien brauchen wir Euch hier wohl nichts zu erzählen... Bemerkenswert immerhin, dass die Unruhen inzwischen auch auf bisher Assad-treue Zentren wie Damaskus und Aleppo übergreifen. Der macht's nicht mehr so lang, wie er meint. Aber auch die Bevölkerung Bahrains, der unser demokratischer Freund König Saud letztes Jahr den Weg zu Frieden und Sicherheit gepanzert hat, muckt wieder auf. Am 5.2. kam es dort zu Angriffen auf eine Polizeistation, nachdem die Cops in der Nähe einen Demonstranten erschossen hatten.
Nursultan Nasarbajew, der kasachische Diktator, war am 7. und 8. Februar in Berlin. Was zählt schon trotz das Massaker von Shanaosen acht Wochen zuvor und die ganze Repression seither, wenn der Typ Seltene Erden zu verkaufen hat? 50 Leute demonstrierten dagegen und waren immerhin lauter als die von der Botschaft organisierten jungen Jubelkasachen. Die Abkommen wurden natürlich trotzdem unterzeichnet, Nasarbajew hatte verstanden und ließ am 17.2. gleich nochmal einen Schwung Shanaosener AktivistInnen verhaften.
Ebenfalls gedisst wurde Ungarns Ministerpräsident Orbán, der am 24.2. bei der Frankfurter IHK zu Gast war und draußen auf dem Platz von 80 Antifas für seine autoritären Tendenzen und seine völkische Hetze gegen Roma und andere Minderheiten gehasst wurde. Auch hier ist zu befürchten, dass der Einfluss auf die Geschäfte gering blieb.
Und während die zypriotische Occupy-Bewegung ihren 100. Tag am 27. Februar mit einer Demo mit 50 Guy-Fawkes-Masken feierte, wurden am selben Tag in London die beiden großen Camps in London an der Börse und an der St. Pauls-Kathedrale geräumt.

Die Revolutionsqualitätskontrolle

Nazis trauern einsam

Die Nazis haben Mitte Februar in Dresden wieder die traditionelle Doppelpleite erlebt. Am 13. gab es zunächst einen antifaschistischen Täterspuren-Mahngang von 2000 Leuten durch die Stadt, aus dem sich 800 Leute auf die Naziroute absetzten und schließlich eine wichtige Kreuzung blockierten. Die Cops reagierten aggressiv, bekamen die Kreuzung aber nicht zurück. Weil auch anderswo Blockaden mit insgesamt 3000 Leuten entstanden, musste der Naziaufmarsch wesentlich verkürzt werden. Auf der gekürzten Strecke bekamen die 1600 Birnen dann trotzdem noch Stress mit GegnerInnen, manche legten sich aus Frust auch mit den Cops an. Dazu gab's noch die übliche "brave" Menschenkette gegen rechts weitab des Geschehens mit 10.000 Leuten.
Auch das Konzept der Nazis, angesichts des überwältigenden Gegenwinds den Großaufmarsch am 18. gleich ganz zu knicken und stattdessen auf dezentrale Aktionen zu setzen, ging nicht auf – während 10.000 Leute in Dresden auf der großen Antifa-Demo waren, liefen in Fürth, Worms, Gera und Minden je knapp hundert Faschos auf und stießen meist auch noch auf spontanen Widerstand in mindestens gleicher Größenordnung, so dass sie nicht weit kamen. Lediglich in Fürth konnten sie nicht blockiert, sondern bloß von 50 Leuten beschimpft werden; bis zur Abschlusskundgebung waren aber auch dort 100 Leute zusammengekommen, die lauter waren. Aus Frust brannte der alternative Jugendclub Baracke in Falkensee bei Berlin-Spandau, und am Fürther Infoladen gab's Glasbruch. In Fürth gibt's allerdings schon seit längerem immer wieder Sachschäden bei linken Einrichtungen und Privatpersonen. Etwa 500 Leute demonstrierten deswegen am 20. in Fürth gegen Naziaufmarsch und -angriffe (und am Samstag drauf nochmal 250).
Größere Nazidemos gab's dagegen im Ausland, vor allem in Osteuropa. In Bulgarien beteiligten sich 1000 Faschos am Lukow-Marsch, in Warschau demonstrierten 500 dafür, dass das Kosov@ serbisch bleibt (und im tschechischen Dorf Jihlava nochmal 50, die bekamen allerdings Ärger mit 300 Antifas, vor denen sie die Polizei retten musste).
In Samara wurde am 9.2. der 20-jährige Antifaschist und Anarchist Nikita Kalin ermordet. Ein tatverdächtiger Neonazi sitzt in Haft, es muss aber offensichtlich eine ganze Gruppe an dem Mord beteiligt gewesen sein, denn die Leiche wies 61 Messerstiche und zahlreiche weitere Verletzungen wie Rippenbrüche und Prellungen auf. 20 Athener Antifas zerlegten zum Gedenken eine gleich große Gruppe Nazis am Zypern-Platz in Kalithea.
Gegen den Nazi-Angriff auf die Kneipe "Störtebeker" demonstrierten am 17.2. in Ansbach über 1000 Leute. Und am 25.2. gab es neben zahlreichen offiziellen Gedenkaktionen für die Opfer der NSU auch zahlreiche autonome Kundgebungen. Um nur ja klarzumachen was Sache ist, griffen vermummte Faschos an einer Gedenkveranstaltung in Rostock die Bullen an. In der Nacht auf den 23.2. schlugen außerdem drei Vermummte am Flüchtlingsheim in Kamenz bei Dresden mit Ästen und Stöcken 24 Scheiben ein; betroffen waren allerdings nicht die Flüchtlinge, sondern die Lagerräume des Betreibers im Erdgeschoss. Und die NPD ließ es sich nicht nehmen, am 22.2. im Gasthof Gruber (wo sie immer gern gesehen ist) in Deggendorf ihren politischen Aschermittwoch abzuziehen. Von Umkehr und Buße war nix zu hören, der Gegenwind hielt sich in Grenzen.
In Stuttgart ist der RASH-Skin Smily wegen eines Angriffs auf Oi!s und Punx zu zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Die Sache ist ein bisschen unklar, der RASH behauptet, es seien rechtsoffene Grauzoneleute gewesen und außerdem hätten die ihn angegriffen. Auf der anderen Seite stand u. a. ein ehemaliger Neonazi, der seit seinem Ausstieg mit den Stuttgarter Bahnhofspunx abhängt. Zumindest gab es da Sprüche wie "Rotfaschisten". Für das Gericht war der politische Charakter der Sache jedenfalls klar, der Staatsschutz war involviert und der Prozess wurde von mindestens 50 Cops begleitet. Der Antirassist Chris, der ebenfalls in Stuttgart vor Gericht stand und dem Körperverletzung bei Protesten gegen ein "islamkritisches Wochenende" vorgeworfen wurde, weil er einen Bullen gegen das Schienbein getreten und einen Rassisten geschlagen haben soll, kam dagegen mit 15 Monaten auf Bewährung, 150 Sozialstunden und ein paar lustigen Auflagen davon. 30 Leute demonstrierten vor dem Gericht. Außerdem sitzt in Stammheim der Antifaschist Danny, der wegen einer Auseinandersetzung mit Rennicke-Fans 2007 verurteilt worden und untergetaucht war; der wurde am 27.1. am Düsseldorfer Flughafen erwischt.
In Berlin wurde der Vermieter der Nazikneipe "Zum Henker" am 29.2. besucht und beklebt. Plakate an der Fassade der F&M Mietgesellschaft wiesen anschließend auf deren Treiben hin. Am 2.3. demonstrierten dort 800 Leute gegen Nazitreffpunkte in Schöneweide, unterstützt von Linken und Grünen. Der Berliner NPD-Vorsitzende Schmidtke scheiterte mit seinem Anliegen, dass durch die Straße, wo er wohnt, keine Antifademos laufen dürften, vor dem Verwaltungsgericht.
Am 3.3. liefen in Münster 300 Nazis auf und 7000 andere dagegen. Die Polizei war dafür und hielt die anderen mit Pfeffer, Pferd, Hund und Keule ab, wozu sie einen 20-jährigen so zusammenprügeln musste, dass der erst mehrere Stunden später auf der Intensivstation wieder aufwachen konnte. Inzwischen geht's ihm wieder halbwegs gut. Den Menschen, die die Polizei nicht abhalten konnten, z. B. weil sie an der Naziroute wohnten oder über Feld und Wald dahingelangten, gelang es immerhin, laut zu sein, sei es mit einem Topfschlagwettbewerb oder mit einem 50-köpfigen Gospelchor, oder ihre Inhalte in schriftlicher Form einzubringen. Spaßeshalber und natürlich vollkommen illegal wurde am Rande noch eine Linken-Bundestagsabgeordnete verprügelt, verhaftet, 2½ Stunden festgehalten und angezeigt. Für den intensivierten Antifa gab's in den folgenden Tagen noch Spontandemos in Münster, Köln und Hamburg, und das mit der Linken gibt wahrscheinlich noch juristisch richtig Ärger für die Cops.
Am 5.3. demonstrierten in Chemnitz 2500 Leute gegen einen Naziaufmarsch, der aber nur akustisch gestört werden konnte, weil die Cops ihm den entsprechenden Raum freihielten. Verhindert haben sie dagegen am 3.3. ein Nazikonzert bei Saalfeld, allerdings nicht die darauffolgende Spontandemo von bis zu 50 gelangweilten Faschos in der Stadt.
Weiter in den Osten. Der Antifa Alexej "Schkobar" Olesinow, der bereits das Jahr 2009 im Knast verbracht hatte, ist am 13.2. in St. Petersburg erneut verhaftet worden, diesmal wegen einer Schlägerei mit rechten Securities auf einem Konzi am 17.12. im Moskauer Club "Wosduch". Wobei dieser planvolle Laden bewaffnete Faschos für ein Punkkonzert angestellt hatte, die sich da natürlich entsprechend austobten, das Konzert vorzeitig abbrachen und dann noch mit Gummigeschossen in die Menge feuerten. Bei der folgenden Massenpanik gingen ein paar Scheiben zu Bruch, aber die Faschos bekamen auch noch einiges ab. Schkobar hatte eigentlich nix damit zu tun, aber den kennen sie halt schon. Nächster Haftprüfungstermin ist der 15.3. Das E-Zentr (russischer Staatsschutz) fordert genau wie beim letzten Mal sieben Jahre Haft wegen Rowdytums. Die meinen wohl, sie müssten es nur oft genug versuchen. Um ihn unter Druck zu setzen, wurde zwischenzeitlich auch seine Frau verhaftet. Aus Protest dagegen wurde am 1.3. der Mittlere Ring in Moskau für mehrere Minuten mit Transpis und Pyrotechnik blockiert. Die BlockiererInnen wandten sich außerdem gegen die Repression gegen linke Skinheads in Nishny Nowgorod und gegen die Verurteilung von Anton Fatulajew, der am 24.2. zu vier Jahren verknackt worden war, weil er sich u. a. gegen Übergriffe von Nazi-Hools gewehrt hatte.
Für Jock Palfreeman gibt's am 15.3. wieder einen Soli-Aktionstag. Er war von einem Gericht in Sofia verurteilt worden, grundlos einen unschuldigen Bulgaren erstochen zu haben. Nach seiner Aussage war der unschuldige Bulgare Teil einer Gruppe von 15 Faschos, die gerade dabei waren, zwei Roma-Jungen zu verprügeln. Das oberste Gericht des Landes hielt zwar die paarundzwanzigjährige Haftstrafe aufrecht, erkannte aber wenigstens an, dass die Roma da und die Aussagen der Faschos ziemlich widersprüchlich waren. Jetzt fordert er eine Neuauflage des Prozesses, die Bestrafung der Faschos und seine Verlegung nach Australien (wo er herkommt).

AK Antifa

Keine Wahl

Der Herr Putin hat sich am 4.3. mal wieder mit beeindruckender Mehrheit zum Präsidenten wählen lassen. Die Wahl wurde manipuliert wie schon die letzte, obwohl er das eigentlich gar nicht nötig gehabt hätte, denn alle aussichtsreichen GegenkandidatInnen waren eh schon im Vorfeld ausgeschlossen oder eingesperrt worden, und dieses Mal musste er nicht mal mehr eine Mindest-Stimmbeteiligung von 50% hinkriegen, denn diese Hürde hatte er einfach abschaffen lassen. Natürlich gab's wieder zahlreiche Proteste mit anarchistischer Beteiligung, eine Menschenkette um den Kreml, Molotowcocktails in St. Petersburg usw. und eine eher wenig relaxte Reaktion der Cops, aber bisher ist noch nicht absehbar, ob das Publikum so hartnäckig ist wie im Dezember.
Zur Besänftigung der Gemüter ordnete der bisherige Präsident Medwedjew als letzte Amtshandlung noch schnell eine Überprüfung der Urteile gegen Michail Chodorkowski und 31 andere politische Gefangene an. Aber wir haben ja schon gesehen, was rausgekommen ist, als er 2010 die Überprüfung der Trassenführung durch den Wald von Chimki angeordnet hat.
Vor der Wahl waren ein paar Leute erfolglos beim Beten. Die Anarchopunketten von Pussy Riot zelebrierten in der Moskauer Erlöserkathedrale (einem ziemlich nationalen Monument neben dem Kreml) am 21.2. eine Andacht unter dem Motto "Heilige Gottesmutter, erlöse uns von dem Putin!" In den mit E-Gitarren verstärkten Gebeten wurde auch die orthodoxe Kirche für ihre Nähe zu Staat und Kapital gerügt. Leider wurden sie bisher nicht erhört. Sechs der zehn Bandmitglieder wurden am 3.3. angeklagt, es drohen sieben Jahre Haft wegen schwerer Störung der öffentlichen Ordnung unter Erweckung religiösen Hasses als Teil einer geplanten Verschwörung. Nadja und Maria, zwei junge Mütter, sollen bis zur Verhandlung Ende April in Haft bleiben; sie versuchen, ihre Freilassung per Hungerstreik durchzusetzen.
Im Schatten dieser ganzen Ereignisse hat in St. Petersburg das berüchtigte LGBT-Gesetz, das es ermöglicht, jede sexuell abweichende Lebensäußerung in der Öffentlichkeit als "Propaganda für Perversion vor Minderjährigen" zu kriminalisieren, die zweite und wohl entscheidende Lesung im Stadtparlament geschafft; die Proteste gehen aber weiter.

Der Wolf

Gut beobachtet!

Nach dem Auffliegen der NSU-Terrorzelle und ihrer Mordserie war zunächst die Kritik an dem offensichtlich in die Sache verstrickten Verfassungsschutz groß. Konsequenz ist jetzt aber trotzdem nicht die Auflösung des VS, sondern die Einrichtung einer "Neonazi-Verbunddatei". Das bedeutet schlicht nicht weniger, sondern mehr Macht für dieses obskure Institut, denn in dieser Datei werden (was bisher in Deutschland aufgrund der Erfahrungen mit der Gestapo verboten ist) Daten von Polizei und Geheimdiensten zusammengeführt. Der VS mit seinen undurchsichtigen und teils bewusst illegalen Methoden wird so immer mehr zu einem Teil des polizeilichen Repressionsapparats. Bisher konnten die ja alles mögliche über einen schreiben, aber es hatte wenigstens keine direkten Konsequenzen. Und einmal dürft Ihr raten, wie lange sich das auf "Neonazis" beschränkt und wen's dann wieder am härtesten trifft.
Eine Person aus der antifaschistischen Linken Berlin (ALB) wurde am 3.3. als VS-Informantin geoutet, bis jetzt gibt es dazu aber noch widersprüchliche Aussagen und die ALB weiß von nix.
Die Krankenkassen versuchen mal wieder, den Leuten die "elektronische Gesundheitskarte" anzudrehen. Das ist im Prinzip das bekannte Versicherungskärtchen, nur wieder mal mit ein bisschen mehr Speicherplatz drauf. Die Daten sollen dann in der Praxis gleich automatisch online überprüft werden. Es geht also wieder mal um ein Stück mehr Überwachung (zunächst durch die Krankenkasse, aber wer weiß, wer da sonst noch mitliest) und kostet nebenbei einen Haufen Kohle. Außerdem trägt man damit noch ein bisschen mehr Infos über sich selber spazieren, an die nun jede Ärztin und überhaupt jeder Mensch mit den entsprechenden Lesegeräten einfach herankommt. Es wird deshalb dazu geraten, solch unsittlichen Angebote abzulehnen. Und mein Foto geht meine Krankenkasse schon garnix an.
Von 1998 bis 2006 wurden sechs Leute vom Bundesverfassungsschutz unter dem Verdacht, der militanten Gruppe anzugehören, überwacht. Betroffen war auch ein Anwaltsbüro, was ja eigentlich überhaupt nicht sein dürfte. Laut VS hatte ein Verdächtiger Zugang zu dem Telefon, also wurden kurzerhand über ein Jahr lang vertrauliche Gespräche mehrerer AnwältInnen abgehört! 2010 entschied der BGH, dass das rechtswidrig war, weil der Anfangsverdacht nicht ausreichte. Der VS behauptet jetzt aber, er sei ja nicht die Polizei und habe deswegen viel mehr Entscheidungsspielraum. Die überwachten Personen hätten sich vor allem deswegen verdächtig gemacht, weil sie "linkspolitisch" aktiv waren, aber ihnen trotz jahrelanger Überwachung nichts Illegales nachzuweisen war; es handele sich also um hoch konspirativ arbeitende Leute. Deswegen muss jetzt nochmal das Verwaltungsgericht in Berlin entscheiden, ob das nicht nur verboten, sondern auch für den Verfassungsschutz verboten ist; Verhandlung war am 1.3. in Berlin, das Urteil lag zu Redaktionsschluss noch nicht vor.
Das Verfahren wegen der Erschießung von Christy Schwundeck auf dem Frankfurter Arbeitsamt ist eingestellt worden, weil das eh Notwehr war, und im Fall Oury Jalloh hat das Gericht ein neues Brandgutachten abgelehnt, weil Oury sich ja eh selber angezündet habe. Es gab viele Proteste. Am 7.2. besetzten 30 Leute das Dessauer Rathaus für mehrere Stunden. Das Begleitprogramm zum Prozess wurde zusehends militanter, sprich die Wachleute im Saal waren plötzlich offen bewaffnet und es durften statt 65 plötzlich nur noch 39 Leute in den Saal. Am 25. demonstrierten nochmals fast 600 Leute in Dessau gegen Rassismus, darunter Ourys Mutter und sein Halbbruder. Anfang März dann der nächste Hammer, das Gericht bekundete, das Verfahren gegen Geldauflage einstellen zu wollen. Die Verteidigung verhinderte das zunächst mit einem Befangenheitsantrag, und schließlich erklärte auch die Staatsanwaltschaft, dass es so ja doch nicht geht.
Ausgerechnet in Weißrussland ist es tatsächlich passiert: Ein schlägernder Bulle ist zu vier Jahren Haft verurteilt worden! Nun, verknackt worden ist Ex-Polizeimajor Dinas Linkus nicht für seine durchaus zahlreichen Untaten gegenüber dem polizeilichen Gegenüber, sondern weil er dann auch noch seinen polizeilichen Untergebenen zusammenschlug. Seine zivilen Opfer freuen sich trotzdem und halten das Urteil trotzdem für einen Erfolg ihrer eigenen Kampagne.
Verurteilt wurde auch der Bulle, der Dennis J. erschossen hat, und zwar wegen Totschlags. Dennis' Mutter hat jetzt eine Rechnung bekommen. Dennis hat nämlich beim Umfallen ein Polizeiauto beschädigt. Ordnung muss halt sein.
Der Bundesvorstand der Interessenvertretung Inhaftierter (IvI) Pit Scherzl ist gegen Schikanen, Ungerechtigkeit (er müsste eigentlich langsam in den offenen Vollzug kommen) und Ausbeutung in den Hungerstreik getreten. Solidarisch unterstützt wird er dabei von Werner Braeuner. In der Schweiz streikt außerdem Hugo Portmann für seine Freilassung nach 27 Jahren Haft.
In Großbritannien sind zur Zeit drei Leute wegen Antifa-Aktionen in Haft und mehrere Hundert wegen der Studierenden- und Sozialproteste gegen die Kürzungen.
Rafi und Flo aus Hamburg, die nach der Räumung des besetzten Bilbaoer Stadtteilzentrums Kukutza letzten September verhaftet worden waren, sollen für 3½ Jahre in den Bau, wenn's nach der Staatsanwaltschaft geht. Konkret geht's um einen angezündeten Müllcontainer. Laut Verteidigung waren sie zum Tatzeitpunkt noch gar nicht in der Stadt, aber zwei Zivis sind sich einig, dass sie es waren. Prozess ist irgendwann im Sommer und für die Verteidigung spenden könnt Ihr bei der Roten Hilfe Hamburg unterm Stichwort Rafi+Flo.
In Neuseeland hat der Prozess gegen vier AktivistInnen bzw. Unterstützer der Maori-Bewegung begonnen. Nachdem zunächst ein riesen Terrorprozess mit 18 Angeklagten angekündigt war, werden den vier verbliebenen Angeklagten nun Übungen mit Waffen vorgeworfen. Der Wunsch der Maori, so zu leben wie sie wollen, wird auch von anarchistischen Gruppen unterstützt.
In Teheran wurde ein Anwalt für die Gründung eines Menschenrechtszentrums und wegen der Annahme des Nürnberger Menschenrechtspreises zu 18 Jahren verknackt.
In der Türkei spitzt sich die Situation der KurdInnen wieder zu. Am 18.2. demonstrierten in Straßburg 20.000 Leute für die Freilassung von Öcalan und ihre rechtliche Anerkennung. Öcalan wird seit Juli der Kontakt zu seinen Anwälten verwehrt. In türkischen Gefängnissen traten um diese Zeit ca. 400 KurdInnen, darunter zwei Parlamentsabgeordnete, in den Hungerstreik für diese Forderungen. In den letzten drei Jahren wurden über 10.000 kurdische AktivistInnen verhaftet (allein diesen Februar 635) und 6300 davon verurteilt, großteils zu langen Haftstrafen.
Ebenfalls in der Türkei sitzen die beiden Journalisten Ahmet Sik und Nedim Sener seit über einem Jahr im Knast; Ende Februar demonstrierten in Istanbul mehrere hundert Leute für ihre Freilassung und die aller JournalistInnen, die aus politischen Gründen in Haft sind. Zur Zeit sind in der Türkei 104 JournalistInnen sowie 30 Zeitungs- und BuchhändlerInnen inhaftiert.
In Weißrussland läuft im Fernsehen gerade eine Schmutzkampagne gegen die regierungsunabhängige Weißrussische JournalistInnenvereinigung BAJ, die dort der letzte Schutz für unabhängige JournalistInnen ist. Der BAJ werden Betrug, Unterschlagung und illegale ausländische Spenden vorgeworfen, und die Vorsitzende wird persönlich niedergemacht. Hoffen wir mal, dass das nach hinten losgeht.
In Deutschland dagegen ist die Presse frei, vor allem natürlich das freie Radio, und deshalb hat sich der Offene Kanal Schleswig Holstein mal was ganz besonders Freiheitliches ausgedacht: Die Hälfte der Sendezeit, die der Offene Kanal Lübeck am 31.3. für die Live-Berichterstattung von den Gegenaktivitäten zum Naziaufmarsch in der Stadt reserviert hatte, bekommen zwei Polizisten, die natürlich vollständig in ihrer Freizeit über den heiklen Einsatz, die bösen Demonstranten und die Sorgen ihrer armen Angehörigen berichten werden. Weil das ist ja schließlich voll privat und Meinungsfreiheit, ne, keineswegs Propaganda vom Polizeifunk – die wird schließlich hinterher in den Zeitungen propagiert, die eh bloß wieder die Polizeimeldungen 1:1 abdrucken.
Proteste gegen das ACTA-Abkommen, das Verstöße gegen das Urheberrecht im Internet mit der ganz großen Keule bekämpfen soll, gab's bei zwei Aktionstagen am 11. und 25.2. in ganz Europa. Am 11. gingen sogar in Ravensburg ein paar hundert Leute auf die Straße, in München waren es 16.000. Inzwischen zögern viele Staaten, das Ding zu unterzeichnen. Allerdings arbeitet die EU z. B. mit IPRED an Richtlinien, die noch viel weiter gehen, die Zeug enthalten, was sogar aus dem aktuellen ACTA-Entwurf noch gestrichen worden war. Außerhalb des Netzes bedeuten die Urheberrechtsgesetze z. B., dass Generika, also "nachgemachte" Medikamente, die in armen Ländern legal vertrieben werden dürfen, bei Transitaufenthalten in EU-Häfen beschlagnahmt und vernichtet werden... und dafür irgendwo in der Welt die Leute verrecken, für die sie bestimmt waren. Das passiert jetzt schon, mit den geplanten Richtlinien und Abkommen bräuchte es dafür aber nicht mal mehr einen Gerichtsbeschluss.

Euer Joachim

Punkrock!

Punk sein heißt Probleme kriegen. In Malaysia durfte die Singapurer Grindcoreband Wormrot die Gastfreundschaft der örtlichen Religionspolizei genießen, nachdem die ihrerseits ungeladenerweise mitten in der Nacht in deren Hotelzimmer aufkreuzte und die nicht geschlechtergetrennte Unterbringung von Band und FreundInnen kritisierte. Und in Deutschland gibt's aktuell Indizierungsverfahren gegen SS-kaliert, Pestpocken und Atemnot.
Aber nicht alles ist Punkrock, wo Punkrock draufsteht. Rancid versuchen sich gerade mit Ehrenbezeugungen für KriegsveteranInnen auf der patriotischen Welle zu etablieren, und aktuell werden gerade Vorwürfe gegen die Moskauer "Hardcore"-Bands The Pack und Transilvanian bekannt, die nicht nur Lieder gegen "Hadschis" (russischer Nazi-Slang für Menschen aus dem Kaukasus) haben, sondern auch mit entsprechend rechten Vögeln abhängen und auf Fotos vor nationalistischen Symbolen und erbeuteten Antifa-Transpis posieren. Die sind auch ab und zu im Westen auf Tour.
In Augsburg hat am 3.3. das alljährliche "Battle of the South" stattgefunden. Organisator Judge hat sich redlich bemüht, ein paar Kritikpunkte der letzten Jahre zu beheben, in puncto Securities gab's allerdings wieder Beschwerden. Zwar nahmen die das mit der Battle diesmal nicht so wörtlich und prügelten keine BesucherInnen mehr zusammen (oder die haben sich bis Redaktionsschluss nicht gemeldet), stressig waren sie trotzdem. Das ging schon am Anfang los, als es auf der Straße Ärger mit den Cops gab und die Wachteln dafür zu sorgen hatten, dass da nicht mehr Leute hinrennen. Hätte man ja auch ein bisschen freundlicher ausdrücken können. Am Einlass verteilten sie rabiat Platzverweise, ließen Leute mit Vorverkaufskarten nicht durch den Vorverkaufseingang rein, sondern an der Abendkasse anstehen, und der Punk mit dem Borat-Strapsanzug durfte auch erst nach dem Anlegen weiterer Kleidungsstücke rein. Angeblich standen da an der Türe auch zwei Leute, die in der Ballonfabrik Hausverbot haben, weil sie dort ums Eck grundlos einen kleinen Punk zusammengeschlagen haben.
Drinnen ging's dann weiter, es langt ja schon, dass vor der Bühne ein "Graben" aufgebaut war, aber der Fuzzi, der den bewachte, ließ dann noch nichtmal zu, dass die Leute da ihre Jacken deponieren. Wenigstens gelang es den letzten Bands, besonders den Cafespionen, dann doch noch, das Publikum auf die Bühne zu holen, aber auch das ging nicht ohne Rempeleien mit den Aufpassern ab. Droben rockerte ein Trupp von denen gegen Mitternacht mal kurz durch die Klos und störte ein paar Leute beim Scheißen, muss ja auch nicht unbedingt sein. Die Party ging trotzdem lustig durch bis vier Uhr früh und die Bands wurden bis zuletzt abgefeiert. Der einen war's natürlich wieder zu antifaschistisch und dem anderen zu unpolitisch, die Bands waren ein Abklatsch ihrer selbst (oder eh von sonstwem) oder viel zu jung und planlos, aber den meisten scheint das meiste doch ziemlich gut gefallen zu haben, und wer nicht feiert, ist eh selber schuld und darf gern das nächste Mal den Abend vor der Glotze verbringen.
Und hier am Bodensee steht immer noch nicht ganz fest, wo eigentlich heuer das Osterdosensuchen stattfinden soll. Ihr könntet mal langsam anfangen, Euch zu einigen, wer's diesmal ausrichtet.

Die Keller-Kultur-Kommission

Flucht und Abschiebungen

Der Hungerstreik der inhaftierten somalischen Flüchtlinge in der Ukraine in Luzk und Tschernigiw ist beendet, ihnen wurde eine ernsthafte Prüfung ihrer Asylanträge zugesagt. Dafür wurden am Ende der Kältewelle in Subotica (Serbien) rund 50 Flüchtlinge aus einer Notunterkunft (die ihnen bei unter -20° zugestanden worden war) heraus verhaftet und abgeschoben, das Camp der übrigen 100 wurde von der Polizei gerazzt und niedergebrannt.
Die Zurückweisung von Flüchtlingen auf hoher See, die direkt den libyschen Behörden (unter Gaddhafi damals) übergeben wurden, hat Italien eine Verurteilung wegen Folter vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingebrockt. Geklagt hatten 24 Angehörige einer Gruppe von 200 v. a. somalischen und eritreischen Flüchtlingen, die am 6.5.2009 gegen ihren Willen von italienischen Schiffen nach Libyen gebracht wurden, ohne ihnen die Möglichkeit auf einen Asylantrag zu geben.
Am Abend des 14.2. sollten aus dem Abschiebeknast Harmondsworth am Londoner Flughafen Heathrow 50 Leute auf einen Charterflug nach Ghana gebracht werden. Allerdings war gerade die Noborders-Convention in der Stadt, drum mussten sich die Büttel erst mal mit einer Blockade mit Tripod und angeketteten Betontonnen herumschlagen. Die Räumung dauerte mehrere Stunden, neun AktivistInnen saßen anschließend bis zum übernächsten Morgen im Knast. Die Bullen wollten eigentlich einen Schnellprozess, das Gericht sah aber ein, dass die Verteidigung sich nicht vorbereiten konnte, und ließ alle laufen. Prozess soll im März sein. Aber der Hammer ist eigentlich, dass AnwältInnen durch diese paar Stunden Verzögerung 22 der 50 KandidatInnen vor der Abschiebung retten konnten! Ein beachtlicher Teil "rechtsstaatlicher" Asylverfahren beruht mittlerweile darauf, dass die Behörden schnell und die Fristen knapp sind und die Leute einfach ihr Recht nicht bekommen, weil sie zu langsam sind oder einfach irgendwo irgendwas schiefgeht...
Gegen einen Flughafen-Asylknast demonstrierten in Potsdam 200 Leute. Die SPD/Linke-Regierung ist zwar theoretisch dagegen, will aber beim neuen Schönefelder Flughafen keinen Ärger mit dem Bund riskieren und lässt das Ding trotzdem bauen, obwohl sie es ablehnen könnte. Dort können ankommende Flüchtlinge in einem beschleunigten "Flughafenverfahren" abgewickelt und gleich wieder abgeschoben werden.
Die Tragödie um Bamkali Konateh, den durch Polizeiübergriffe und schlechte medizinische Versorgung in Knast und Flüchtlingsheim erblindeten Flüchtling, der unter dem Namen "Blind Banga" bekannt wurde, geht weiter. Im Zuständigkeitswirrwar zwischen Berlin, wo er behandelt wird, und Thüringen, wo er wohnt, bekommt er jetzt kein Geld mehr und ist auch aus der Krankenversicherung geflogen, weil das Sozialamt sie nicht bezahlt hat.
Illegalisierte ArbeitsmigrantInnen in Malaysia fordern Papiere. Der Staat hatte ihnen angeboten, sich registrieren zu lassen, so arbeiten zu können und nach einer gewissen Zeit Aufenthaltserlaubnisse zu bekommen. Allerdings müssen dafür Bedingungen erfüllt werden, die nur von ihren ArbeitgeberInnen abhängen – und die kümmern sich oft einen feuchten drum, die illegalisierten Leute sind ja viel besser unter Druck zu setzen. Ein Problem ist auch, dass viele in Fabriken eingesetzt werden, die entweder illegal arbeiten oder illegal gebaut wurden, so dass diese Arbeit nicht anerkannt werden kann. Insgesamt geht es um vermutlich 2½ Millionen Menschen. Legalisiert wurden aber nur knapp 400.000. Und der Witz ist jetzt noch, dass trotz der großen Zahl von Leuten, die keine Papiere bekommen, ab dem Sommer neue ArbeiterInnen aus Bangladesch angeworben werden sollen, während den Illegalisierten vier Millionen (!) AusländerpolizistInnen auf den Hals gehetzt werden.

AK Flucht & Migration

Kriegsgeschäfte

Das britische Kriegsministerium wird immer besser. Zumindest immer besser beraten. Oder zumindest teurer. 2006 gab es noch 6 Millionen Pfund für "Beratung und technische Unterstützung" aus, in den letzten beiden Jahren waren es 564 Millionen, die an 380 private Firmen gingen. Das Ministerium musste zugeben, dass das Beratungswesen wohl etwas außer Kontrolle geraten ist. Vielleicht wäre da langsam mal der Gang zur Schuldnerberatung angesagt.
Am 26.1. wurde das Afghanistan-Mandat der Bundeswehr verlängert. An der TU Berlin sprach an diesem Tag eine Referentin von der GIZ, die die deutsche Entwicklungspolitik vollstreckt und in Krisengebieten eng mit der Bundeswehr zusammenarbeitet. Sie wurde mit Flugblättern und einem "Krieg beginnt hier"-Transpi gestört.
In München fanden wieder Proteste gegen die "Sicherheitskonferenz" statt. Die erste Demo ging diesmal bereits am Donnerstag, 2.2. zum Tagungshotel Bayerischer Hof (weil der ab Freitag wieder abgeriegelt und somit für größere Aktionen unzugänglich war). Am Morgen des 4.2. gab es eine Protestaktion an einem Bundeswehr-Messestand am Olympiazentrum. Auf die Anti-Kriegs-Demo am Nachmittag kamen etwa 2000 Leute. Der EA meldet drei vorübergehende Festnahmen. Am Rande provozierten rund zehn national denkende Ultradeutsche, die sich selber für was anderes halten, mit US-Fahnen herum, beschimpften Personen, die sie für arabische DemonstrantInnen hielten (darunter zwei israelische Touristinnen), postierten sich dann bei der Abschlusskundgebung (ohne Fahnen) direkt vor der Bühne und brüllten einen israelischen Holocaustüberlebenden und Friedensaktivisten nieder, als der es wagte, sich gegen einen militärischen Angriff auf den Iran auszusprechen.

Netzwerk vaterlandsloser Gesellen

Umsturz allerorten

Die Hedgefonds haben Ende Januar wieder mal den Vogel abgeschossen. Sie drohen mit einer Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, wenn sie beim Schuldenschnitt für Griechenland auf Forderungen verzichten müssten. Obdachlose RentnerInnen und hungrige Kinder schön und gut, aber das Menschenrecht auf Reibach muss schließlich gewahrt bleiben.
Nach Griechenland und Italien kommt jetzt Rumänien unter Zwangsverwaltung. Die Regierung hatte versucht, ein Abkommen mit IWF und EU-Kommission (genauer gesagt: ein Diktat selbiger) umzusetzen, d. h. massive Sozialkürzungen durchzusetzen. Nachdem sie damit die heftigsten sozialen Unruhen seit langem erntete, ist sie jetzt zurückgetreten. Stattdessen soll auch hier eine nicht gewählte "Regierung von Fachleuten" installiert werden, übrigens unter dem ehemaligen Chef des Geheimdienstes. Irgendwie ne komische Vorstellung, dass die Leute dann Ruhe geben, wenn ein paar Fratzen an der Staatsspitze ausgewechselt werden und trotzdem genau das durchgezogen wird, wogegen sie auf die Straße gegangen sind. Dabei hat Rumänien nicht mal den Euro!
Auch auf den Malediven südlich von Indien rumort es gewaltig. Dort wechselte sogar die Polizei die Seiten und rief zum Sturz der Regierung auf, die sich in einer Kaserne verschanzte. Der Präsident gab schließlich auf, das Amt übernahm sein Vize. Über die politischen Hintergründe ist wenig bekannt.
In Syrien war diese Woche der russische Außenminister Lawrow zu Besuch, um Frieden zu stiften. Assad sagte ihm zu, die Gewalt zu beenden, "egal von welcher Seite". Konkret bedeutet das, dass er jetzt erst mal die Gewalt der Aufständischen beenden wird. Mit Lawrow ist er sich da offenbar einig, der lieferte ihm angeblich Satellitenbilder von Stellungen der Deserteure. Auf der anderen Seite veröffentlichten russische und syrische AnarchistInnen (konkret die Autonome Aktion aus Russland, die syrische Anarchafeministische Bewegung und syrische AnarchistInnen) eine gemeinsame Erklärung gegen ihre beiden Regierungen. Die seien sich sehr ähnlich beim Thema Ausbeutung und Unterdrückung und müssten deshalb beide weg.
In Russland gingen am 4.2. wieder Hunderttausende gegen den Wahlbetrug auf die Straße. Offene staatliche Repression gab es kaum noch, lediglich Schikanen, z. B. ein Thermosflaschenverbot auf der Moskauer Demo (bei unter minus 20 Grad), und ein paar Verhaftungen, v. a. bei Kundgebungen in der Provinz. Putins Versuche, sich an der Macht zu halten und noch ein paar Leute für sich zu mobilisieren, wirken immer verzweifelter. So wurde in Moskau eine pro-Putin-Demo organisiert, für die massenhaft Leute von Staatsbetrieben und befreundeten Unternehmen, z. B. der Sberbank, abkommandiert wurden. Und auf die religiöse Schiene setzt er auch wieder, indem er ab dem nächsten Schuljahr an allen Schulen Religionsunterricht einführen will. Die orthodoxe Kirchenführung hatte bis jetzt hauptsächlich allgemein zu Mäßigung und Gewaltfreiheit aufgerufen und eine konkrete Positionierung für Putin und seine Partei vermieden.
Wo die deutsche Regierung bei diesen ganzen Konflikten steht, könnt Ihr diese Woche in Berlin sehen, wo der allerwerteste kasachische Diktator Nasarbajew acht Wochen nach dem Massaker an streikenden ÖlarbeiterInnen in Shanaosen mit höchsten Ehren empfangen und mit einem Paket Wirtschaftsabkommen beglückt wird, damit sich sein Clan auch weiterhin unbeschwert mit der Plünderung der Rohstoffe seines Landes eine goldene Nase verdienen kann.
Während in Deutschland die Gaspreise ziemlich am Verfallen sind, weil die Tanks voll sind und Putin und Schröder genug Druck auf der Pipeline haben, sind sie in Britannien eigenartigerweise drastisch gestiegen. Ob sich da wohl die sechs großen Versorgungsunternehmen (darunter übrigens auch EON) auf was geeinigt haben? Jedenfalls ist da drüben "Fuel Poverty", also Brennstoff-Armut, ein Begriff – viele Leute können es sich nicht mehr leisten, ihre Wohnung zu heizen! Ende Januar fanden deshalb Aktionstage gegen die Energiekonzerne und für eine Energiewende zu klimafreundlichen Alternativen statt.
Occupy Oakland versuchte am 28.1. mal wieder wörtlich zu werden und das Rathaus sowie ein riesiges leerstehendes Tagungszentrum zu besetzen. In dem Tagungszentrum wollten sie ein soziales Zentrum mit Wohnraum, medizinischen Einrichtungen und Infrastruktur für die Protestbewegung (als Ersatz für das im Herbst geräumte Occupy-Zeltlager vor dem Rathaus) schaffen. Es kam zu einer zehnstündigen Straßenschlacht und ca. 400 Verhaftungen. Letztlich gelang es der Polizei, sowohl den Leerstand als auch den politischen Stillstand zu verteidigen. Die meisten Festnahmen gab es, als die Polizei DemonstrantInnen mit Knüppeln zu einem Kessel zusammentrieb, ihnen anschließend befahl, sich zu zerstreuen, sie gleichzeitig gewaltsam daran hinderte und daraufhin alle wegen Missachtung polizeilicher Anordnungen verhaftete. In den Medien wird jetzt massiv versucht, mit den Zusammenstößen Stimmung gegen die bisher außergewöhnlich erfolgreiche Oaklander Occupy-Bewegung zu machen. Ironischerweise hatte letztere ihren größten Schub durch die massive Polizeigewalt bei der Räumung des Zeltlagers am 25.10. erhalten, als Scott Olsen von den "Irakveteranen gegen den Krieg" ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitt. Mal sehen, ob die Pigs mit ihrer Propaganda jetzt Erfolg haben – die gewaltsame Leerhaltung eines Gebäudes könnte sich angesichts der Obdachlosenzahlen letztlich doch als die unpopulärere Variante erweisen.
Occupy Berlin hat auch ein Imageproblem und reagiert auf Behauptungen, von Rechtspopulisten unterwandert zu werden, mit einer Erklärung "gegen diskriminierende Ideologien wie u.a. Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Islamophobie, Nationalismus und Homophobie". Vielleicht reicht's ja, um die Faschos zu vergraulen.
Wegen der massiv gestiegenen Zahl von Banküberfällen seit dem Schweizer Schengen-Beitritt greifen einige Banken in der Region Genf jetzt zu radikalen Maßnahmen: Bargeld gibt's bei ihnen künftig nur noch am Automaten.

Die Revolutionsqualitätskontrolle

Freiräume unter Beschuss

Am 22.1. wurde in Brasilien ein seit acht Jahren besetztes Stück Land in Pinheirinho (bei São Paulo) trotz eines laufenden Legalisierungsverfahrens geräumt. Dort lebten 1500 Familien, insgesamt ca. 8000 Leute. Das Land gehört zur Konkursmasse eines Grundstücksspekulanten. Angeblich wollte die Staatsregierung von São Paulo den "Schandfleck" wegen der Vorbereitungen für die WM 2014 und Olympia 2016 loswerden. Sie hatte deswegen in der Vergangenheit weder zur Infrastruktur noch zur Legalisierung der Siedlung beigetragen.
Nachdem ein Gericht deswegen die Räumung für prinzipiell möglich erklärt hatte, war eine zweiwöchige Schonfrist ausgehandelt worden, innerhalb derer die brasilianische Bundesregierung das Gelände kaufen und dann ihrerseits legalisieren wollte. Dagegen legte die Staatsregierung von São Paulo Widerspruch ein, erreichte ein Urteil, wonach das eine Staats- und keine Bundesangelegenheit sei, und ließ sofort räumen. Die völlig überraschten BewohnerInnen von Pinheirinho versuchten sich noch zu wehren, wurden aber von Militärpolizei und Sondereinheiten mit äußerster Brutalität überrannt, es gab angeblich sieben Tote, darunter ein Baby. Die Regierung verhängte eine Mediensperre und ließ das Mobilfunknetz abschalten.
Landesweit sind schätzungsweise 170.000 Leute wegen der Sportereignisse von solchen Räumungen bedroht. In der Region von Rio gab es ebenfalls schon massive Räumungen, wenn auch nicht so brutal – dort übrigens unter einer "linken" Staatsregierung, weshalb dieser Fall auf deutlich weniger öffentliche Kritik stieß.
Das Bürgerbegehren zur Rettung des HaK Segeberg ist gescheitert, statt der erforderlichen 1433 kamen nur 1290 gültige Unterschriften zusammen.
Nach Protesten gegen Repression und den Berliner Polizeikongress (Demo mit 1500 Leuten am 28.) und anschließenden Ausschreitungen kam es in der Nacht zu Polizeiangriffen auf die Rigaer 94. Dagegen gab es in mehreren Städten Soliaktionen, am 30.1. demonstrierten in Leipzig-Connewitz 60 Leute und am 1.2. in Kiel 50. Während der "Urban Operations Conference" selbst protestierten am 1.2. rund 100 Leute auf der Friedrichstraße. Es wurden antimilitaristische Videos und eine Anti-Kriegs-Ausstellung gezeigt. Auf der Konferenz geht es um Aufstandsbekämpfung mit polizeilich-militärischen Mitteln, also ungefähr das, was jetzt in Syrien abgeht.
Zum Gedenken an die gewaltsame und im Nachhinein für illegal erklärte Räumung der Berliner Liebig 14 gab es am Jahrestag, dem 2.2., eine Mahnwache mit Musik, fahrbarer Krachmaschine und Festnahmen. Eine Betroffene bekam eine Anzeige, die witzigerweise nur auf Zeugenaussagen der Berliner 23. Einsatzhundertschaft beruht, obwohl die Festnahme durch die Bundespolizei erfolgte. Am Abend des 3. demonstrierten nochmal 150 Leute. Der Großteil davon blockierte die Oranienstraße, bewarf anrückende Polizei mit Zeug und flüchtete erst nach einer halben Stunde, als die Verstärkung kam. Verletzte und Festnahmen gab es offenbar keine.
Am 4.2. wurde das linke Wohnprojekt Scherer 8 in Berlin-Wedding morgens von 30 Mitgliedern einer organisierten Straßengang angegriffen, die ihr Clubheim gegenüber hat. Am Abend war in der Scherer eine Party geplant, die fiel allerdings aus, weil die Band, die dort spielen sollte, vor der Hütte ebenfalls angegriffen wurde. Die Scherer versucht das Problem tief zu hängen, zu den Hintergründen ist deswegen nichts bekannt.
Ärger hat auch die besetzte Uwaga in Zürich, die sollte am 8.2. um 8 Uhr geräumt werden, hat aber bis Redaktionsschluss noch nicht mitgeteilt, was dann tatsächlich passiert ist. Freiwillig wollten die BewohnerInnen das Haus jedenfalls nicht verlassen.
Und der Eulenspiegel in Wasserburg bleibt wegen Brandschadens bis voraussichtlich Anfang März geschlossen. Bei einem durch Schweißarbeiten verursachten Kellerbrand war auch die Küche verrußt worden, so dass das Restaurant lahmgelegt ist. Die BAF-Kunstkammer, der Bioladen und die Räume im 1. Stock sind aber nicht betroffen, das Programm dort geht also ganz normal weiter. Die Existenz des Projekts ist auch nicht gefährdet, die Versicherung zahlt.

AK Bauen & Besetzen

Knast und Repression

Kaum war die letzte Zecke draußen, hat der erste Schurke schon die Waffen gestreckt: Der Gefängnisdirektor von Mahanoy hat Mumia Abu Jamal am 27.1. aus der Isohaft in den Normalvollzug verlegen lassen. Ursprünglich hatte er verlangt, dass Mumia sich vorher die Rastas abschneiden lässt. Zu Beginn seiner Haft war Mumia dafür schon mal acht Jahre isoliert worden, diesmal ging's dank internationaler Proteste deutlich schneller. Am 30.1. hatte er dann zum ersten Mal seit 30 Jahren Besuch ohne Trennscheibe, und zwar von seiner Frau.
Am 6.2. waren es 36 Jahre, die der US-Indianeraktivist Leonard Peltier schon im Knast sitzt. Am 4.2. war deshalb ein internationaler Aktionstag, auch vor der Berliner US-Botschaft forderten 60 Leute seine Freilassung. Peltier wird für eine Schießerei verantwortlich gemacht, bei der zwei FBI-Agenten getötet wurden, die ein von ihm mitorganisiertes Protestcamp angegriffen und dabei einen Indianer getötet hatten. Zwei Mitangeklagte wurden übrigens wegen Notwehr freigesprochen! Das Urteil gründete sich auf gefälschte Beweise, erpresste Zeugenaussagen und Unterschlagung von entlastendem Beweismaterial, was selbst die US-Justiz mittlerweile eingestehen musste; Revision oder gar Entlassung gibt's trotzdem nicht, im Gegenteil, erst letztes Jahr wurde er wegen angeblicher Disziplinarverstöße zusätzlich zu sechs Monaten Bunkerhaft verdonnert. Ebenfalls erinnert wurde auf der Kundgebung an den inhaftierten Wikileaks-Informanten Bradley Manning und andere Gefangene.
Noch ne Zahl zum Thema US-Knäste: 2010 sind in den USA 850.000 Menschen nur wegen Marihuana ins Gefängnis gekommen.
Die dänische Firma Lundbeck hat jetzt einen Weg gefunden, mit ihren "Medikamenten" weiter an der Todesstrafe zu verdienen: Nachdem die EU-Kommission im Dezember ein Ausfuhrverbot für Natrium Thiopental verhängt hatte, verkaufte Lundbeck einfach ihre einschlägigen Patente für insgesamt 60 Mio. $ in die USA.
Heuer wurden in den USA schon zwei Leute hingerichtet, und ein Revisionsantrag des Todeskandidaten Rob Will ist gerade abgelehnt worden. Zudem hat Robs Anwalt das Mandat hingeschmissen. Jetzt hat er wieder das gleiche Problem wie ganz am Anfang in seinem Prozess, als sein Pflichtverteidiger ziemlich versagt hat. Rob wird beschuldigt, 2000 einen Polizisten erschossen zu haben, obwohl er zum Tatzeitpunkt bereits gefesselt am Boden lag.
Auf Bewährung entlassen wurde dagegen der griechische Anarchist Yannis Dimitrakis, der 2006 bei einem Banküberfall in Athen festgenommen (und selbst übrigens durch Schüsse schwer verletzt) wurde.
Am 29.1. wurde bei San Juan Copala in Oaxaca (Mexiko) David Venegas Reyes auf Anweisung der Regionalregierung verhaftet, als er eine Protestkarawane von Leuten, die für Großprojekte von ihrem Land vertrieben worden waren, begleitete.
Am 8.2. wird in St. Petersburg das Anti-LGBTI-Gesetz gegen Homosexuelle u. ä. erneut im Stadtparlament beraten und könnte bereits in dieser Sitzung beschlossen werden. Es würde praktisch jede schwule oder sonstwie abweichende Lebensäußerung in der Öffentlichkeit verbieten. In Rjasan und Archangelsk sind solche Gesetze schon in Kraft, in Moskau und Nowosibirsk sind sie geplant.
Zum 40. Jahrestag des Massakers von Derry ("Bloody Sunday") gingen in Nordirland 3000 Leute auf die Straße. Die Sinn Fein war dagegen, die ist ja mittlerweile an der Regierung. Erst dieses Jahr war ein Untersuchungsbericht veröffentlicht worden, der zu dem Schluss kam, dass die offiziellen Ausreden für die Ermordung von DemonstrantInnen Ausreden waren.
In Velbert demonstrierten am 4.2. 100 Leute gegen rechte Gewalt, soziale Ausgrenzung und die rassistische Asylpolitik zum Polizeipräsidium, wo an Oury Jalloh und die Übergriffe auf die Gedenkdemo für ihn vier Wochen zuvor erinnert wurde. Die Polizei beteiligte sich durch Abspielen von Musik über die Lautsprecher von Streifenwagen. Anschließend wurde in einem Park an den dort von Faschos ermordeten Obdachlosen Horst Pulter erinnert. Nach der dortigen Kundgebung wurde ein schwarzer Demonstrationsteilnehmer von den Cops abgegriffen und verprügelt, wofür widersprüchliche Gründe angegeben wurden. ZeugInnen wurden mit Knüppeln und Pfefferspray auf Distanz gehalten. Der Schwarze wurde auf dem Weg zur Wache weiter geschlagen, die Annahme einer Anzeige wurde verweigert und Namen haben die Täter natürlich auch keine.
In Dessau-Rosslau, wo Oury Jalloh umkam, wurde am 7.2. das Rathaus besetzt. Sämtliche Türen wurden blockiert. Die BesetzerInnen fordern Konsequenzen aus den gewaltsamen und rassistischen Polizeiübergriffen bei der Oury-Gedenkdemo einen Monat zuvor.
Außerdem beginnt in Wien am 13.3. der Mistkübel-Prozess. Vier Leute sind beschuldigt, bei einer Demo gegen Ausbeutung am 27.6.2010 vor dem AMS (Arbeitsmarktservice) Container angezündet zu haben, wofür sie anschließend zwei Monate in U-Haft saßen (übrigens aufgrund gefälschter Beweismittel). Die Verhaftung erfolgte offenbar, um die bis dahin erfolglosen Terrorismus-Ermittlungen gegen die autonome, anarchistische und antirassistische Bewegung zu rechtfertigen, die anlässlich der Bildungsproteste von 2009 eingeleitet wurden. Es gibt Infoveranstaltungen und Protestaktionen (Demo am 10.3. um 15 Uhr an der Unirampe).
In Hamburg geht der Prozess gegen zehn somalische Piraten, darunter offiziell drei Jugendliche (einige Angeklagte wurden mit zweifelhaften Methoden "volljährig" geschätzt), nach 15 Monaten dem Ende zu. Für das Außenministerium handelt es sich dabei um einen Bestandteil des Kriegseinsatzes der Bundeswehr im Indischen Ozean. Das Gericht scheint sich an die Vorgabe zu halten, ein abschreckendes Urteil zu fällen, auch wenn im Prozess deutlich geworden ist, dass es einfach nicht in der Lage ist, die Tatumstände zu bewerten. Insbesondere berufen sich einige Angeklagte darauf, zur Piraterie erpresst worden zu sein. Das Gericht lehnte es jedoch ab, ZeugInnen aus Somalia vorzuladen. Oder wie es ein Angeklagter formulierte: "Ich glaube, Herr Richter, Sie haben Angst, die Wahrheit rauszukriegen."

Prozessgruppe

Bürgerbegehren

Im Lindauer Bahnhofsstreit gibt's einen Investor, der der Bahn die Inselanbindung abnehmen würde. Die RSE könnte allerdings die Bahndamm-Sanierung nicht zahlen, deswegen droht mittelfristig trotzdem die Stilllegung der Strecke (oder die Stadt muss die Sanierung selber zahlen, was sie vermutlich auch nicht kann – es geht um über zehn Millionen Euro). Wer den Insel-Bahnhof erhalten will, sollte also am 18.3. dafür stimmen, dass der Hauptbahnhof auf der Insel bleibt, denn dann ist die DB weiterhin für das ganze Lindauer Bahnnetz zuständig.
Witzigerweise bringt die Reutin-Initiative, die das Bürgerbegehren betreibt, jetzt wieder die Möglichkeit ins Spiel, die RSE könne den Inselbahnhof beidseitig, also nach Reutin und Aeschach, angebunden lassen. Das widerspricht allerdings dem Text des Bürgerbegehrens, der ausdrücklich eine einseitige Inselanbindung fordert, sprich die Stilllegung der Gleise Richtung Aeschach/Friedrichshafen. Ein sinnvoller S-Bahn-Betrieb wäre so nicht möglich. Nach den bisherigen Planungen im Rahmen der "Kombi-Lösung" hingegen soll der Inselbahnhof zum Knotenpunkt der im Aufbau befindlichen Bodensee-S-Bahn werden. Bisher ist er schon Endpunkt der Vorarlberger S-Bahn-Linie.
Dresden hat übrigens geschafft, was in Lindau gescheitert ist: Dort wurde die Privatisierung der städtischen Krankenhäuser Friedrichstadt und Neustadt in einem Bürgerentscheid mit 84% abgelehnt, die Stimmbeteiligung lag bei 37%. Das Zustimmungsquorum von einem Viertel der Stimmberechtigten wurde damit ebenfalls deutlich übertroffen, der Entscheid ist also für die Stadt verbindlich.

Die Abstimmungsleitung

Ohne Anmeldung und Erlaubnis...

Auch in Niedersachsen ist seit 1.2. ein Landes-Versammlungsgesetz in Kraft. Verfassungsbeschwerde läuft schon. Es geht um Einschränkungen bei der Anmeldung, Befugnisse zur Durchleuchtung von VersammlungsleiterInnen, die "Bannmeile" um den Landtag und exzessive Film- und Aufzeichnungsbefugnisse der Polizei. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht erst kürzlich sogar die Bedrohung von Demos mit Kameras gerügt (konkret ging's darum, dass die Bullen mit einem Kamerawagen direkt vor einer Demo hergefahren sind; selbst wenn die Kamera nicht eingeschaltet ist, wird durch diese gefühlte Überwachungssituation die Meinungsfreiheit unzulässig eingeschränkt).
Vor ein paar Jahren wurde das Demonstrationsrecht im Rahmen einer Föderalismusreform zur Ländersache erklärt, so dass die Bundesländer seit 2008 eigene Versammlungsgesetze erlassen können. Die Föderalismusreform sollte eigentlich die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern eindeutiger aufteilen und so Gesetzgebungsverfahren vereinfachen und Bürokratie sparen. Im Fall des Versammlungsrechts erweist sich das immer mehr als Schmarren, weil es ja um ein Grundrecht aus dem Grundgesetz geht, das nicht von einzelnen Ländern eingeschränkt werden darf. Sie probieren es "natürlich" trotzdem, und das muss jetzt Land für Land mit aufwendigen Klageverfahren wieder korrigiert werden. Vom BVG kassiert wurden Landesversammlungsgesetze bisher in Bayern und Sachsen (wo inzwischen schon die Klage gegen die zweite Version läuft), Kritik und Klagen gibt's aber auch in anderen Bundesländern.

Lauti

Öko(z)ecke

Eine Schnellabschaltung gab's am 8.2. im AKW Mühleberg bei Bern. Grund war ein an der falschen Stelle montiertes Messgerät. Das muss man doch wissen, dass man das Messgerät dort hinmontieren muss, wo nichts zu messen ist... Im Ernst, wenn man das Gerät an der falschen Stelle montieren kann, so dass es zu viel anzeigt und Alarm auslöst, dann kann man es logischerweise auch irrtümlich an einer Stelle montieren, wo es zu wenig anzeigt und somit keinen Alarm auslöst, selbst wenn es einen geben müsste. Von Konsequenzen für das Sicherheitskonzept war allerdings keine Rede, das Messgerät wurde einfach umgesetzt und der Reaktor wieder hochgefahren.
Am 27.1. blockierten 100 Leute in Gorleben den Schichtwechsel an der Baustelle des "Erkundungsbergwerks". Erst nach einer Stunde fanden Werkschutz und Polizei einen Weg, die Belegschaft heraus- und die Ablösung hineinzuschleusen.
Und in Kassel sitzt seit drei Wochen der Mensch, der beim letzten Castor DB-Signalkabel in Brand gesteckt und dadurch tagelange Verkehrsverzögerungen verursacht hat, in der geschlossenen Psychiatrie. Eine rein medizinische Begründung wird angezweifelt.
RWE baut neue Kohlekraftwerke und legt sich damit bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts auf Braunkohle als Energieträger fest; damit werden im rheinischen Braunkohlerevier sogar neue Tagebaustätten nötig. Ist auch kein Problem, damit das Rheinland in eine Mondlandschaft zu verwandeln, das macht die Klimaveränderung ja ein paar Jahre später sowieso.
Neben Huntingdon gibt es in Britannien einen weiteren großen Tierversuchskonzern namens Harlan. Im Januar ging die Animal Liberation Front (ALF) gegen dessen Kundschaft vor. Bei der Zentrale von SRCL in Leeds wurden am 18.1. die Türschlösser verklebt und Parolen angebracht, zehn Tage später wurde das Gebäude großflächig entglast. Ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurden Gebäude von Sunlight in Leeds und Coventry.
In Italien gab es auch Aktionen, bei Como wurde an Neujahr ein Anglerladen aus Protest gegen Sportfischerei beschädigt und am 17. Januar wurden über 1500 Nerze aus einer Farm in San Cataldo di Borgoforte befreit. Außerdem wurde bekannt, dass Kaufhof nach seinem angeblichen Ausstieg aus dem Pelzhandel jetzt doch wieder mit dem Verkauf von Kaninchenpelzen angefangen hat. Es gibt Proteste und eine digitale Blockadeaktion.
Und in den USA wurde wieder mal ein Tierbefreier verurteilt. Victor Van Orden wurde beim Versuch, eine Nerzfarm zu knacken, erwischt, dafür sitzt er jetzt fünf Jahre.
In Berlin wurde am 2.2. eine Anti-Gentech-Aktivistin in Abwesenheit verurteilt. "Abwesend" war sie allerdings bloß, weil sie 25 Minuten an der Einlasskontrolle vor dem Gericht warten musste. Obwohl die Richterin auf diesen Umstand hingewiesen wurde, stellte sie fest, dass die Angeklagte nicht erschienen sei, und wies ihren Einspruch gegen einen Strafbefehl über 450€ ab. Es war übrigens nicht der erste derartige Fall in Berlin. Alle ProzessbeobachterInnen erhielten für den Rest des Tages Hausverbot.
Ein Feldversuch von BASF mit genmanipulierten Amflora-Kartoffeln bei Neubrandenburg wurde am 4.5.2009 von AktivistInnen versaut, die u. a. mit einer Schleuder Biokartoffeln auf dem Acker verteilten. Im Berufungsprozess wurden sie am 3.2. freigesprochen. Gefeiert wurde anschließend (mit Bio-Kartoffelchips) nicht nur der Freispruch, sondern auch, dass BASF Plant Science sich aus Europa verpisst und Amflora-Kartoffeln hier nicht mehr angebaut werden. Zumindest in nächster Zeit.

Das Rollrasenkommando

Lindaus rechter Rand

Hans Binder, ehemaliger Direktor des Bodensee-Gymnasiums Lindau, verwahrt sich gegen Neonazismusvorwürfe. Als Vorsitzender der Ludendorff-Gedenkstätte in Tutzing kümmere er sich bloß um den Erhalt der denkmalgeschützten Villa und das Archiv, von der antisemitischen Ausrichtung der "Ludendorffer" und deren einschlägigen Aktivitäten habe er nichts mitbekommen. Er habe sich immer für internationale Beziehungen und migrantische SchülerInnen eingesetzt, was Betroffene teilweise anders wahrgenommen haben. Zumindest hat er sich in einem Artikel in der Rechtsaußen-Postille "Junge Freiheit" (JF) darüber aufgeregt, dass die ihm das Pisa-Ergebnis versauen und dann auch noch eingebürgert werden.
Das Buch "Rassen und Völker im Licht der Wissenschaften und der Gotterkenntnis M. Ludendorffs" (Tutzinger Schriften, 1987), in dem u. a. Mathilde Ludendorffs Aufsatz "Der Volksseele Wirken in der Menschenseele und ihre Verschüttung durch Fremdlehre und Rassemischung" zu lesen ist, ist laut Binder bloß versehentlich in der ersten Auflage unter seinem Namen veröffentlicht worden und eh weder rassistisch noch fremdenfeindlich.
Nachdem es wegen dieser ganzen Geschichte in den letzten Wochen einigen Wirbel gab, erklärte er am 31.1., er habe den Vorsitz des Gedenkstättenvereins niedergelegt, sei auch gleich ausgetreten, und mit den anderen in diesem Zusammenhang erwähnten Vereinen habe er sowieso nix zu tun.
Aber vielleicht kriegen wir jetzt noch ein ganz anderes Problem als die seltsame Gesinnung eines pensionierten Schuldirektors, nämlich in Gestalt von Pfarrer Georg Oblinger, der ab Mai die Stiftspfarrei (mit Reutin und Zech) übernehmen soll, wenn Dekan Gebauer in den Ruhestand geht. Oblinger hat nicht nur ab und zu mal in der JF geschrieben, der hatte da zehn Jahre lang eine eigene regelmäßige Kolumne! Inzwischen hat er vom Bischof ein Schreibverbot bekommen, predigen kann er natürlich trotzdem noch und wenn's blöd läuft, darf er auch noch Kinder im Religionsunterricht indoktrinieren. Zudem ist er erst 44, da wäre es der normale Karrieregang, dass er als Münsterpfarrer bald zum Dekan aufsteigt und dann für die nächsten 20 Jahre der Chef der katholischen Kirche im ganzen Landkreis wird. Religiös vertritt er eine erzkonservative Einstellung, wie sie sich hier in der Gegend bisher vor allem im Piusbrüder-Zoo in Wigratzbad austoben konnte, politisch ist er nach den bisher gesichteten Materialien einfach stumpf rechts. Aber insbesondere das JF-Archiv ist in dieser Hinsicht noch lange nicht vollständig ausgewertet.

Antifa Lindau

Nazistress

Gegen Verfassungsschutz und Naziterror demonstrierten am 28.1. 2000 Leute in Hamburg und 700 in Frankfurt (M). Zu Polizeiübergriffen kam es lediglich in Frankfurt, als nach der Abschlusskundgebung 40 Leute eine Spontandemo starten wollten.
In Wien demonstrierten am 27.1. mindestens 1800 Leute so erfolgreich gegen den WKR-Ball, dass FPÖ-Strache sich beleidigt zum Opfer einer antifaschistischen Reichskristallnacht erklärte. Da hat ihn wohl die Tatsache inspiriert, dass die Burschenschafterparty heuer ausgerechnet am Auschwitz-Gedenktag stieg. Der Skandal dürfte wohl ausreichend groß sein, dass das der letzte WKR-Ball in der Hofburg war. Die Gegendemo konnte diesmal bis in Speichelwurfweite der Burschis durchgesetzt werden, Festnahmen gab's erst am Schluss, als die Distanz ausgiebig verifiziert wurde.
Der OB-Wahlkampf-Auftakt von "Pro Erfurt" in der gleichnamigen Stadt am 28.1. war nicht ganz erfolgreich, ca. 50 AntifaschistInnen reichten aus, um jede Äußerung der Handvoll Rechtspopulisten kritisch zu begleiten, die dann nach 45 Minuten keinen Bock mehr hatten. Ziemlich genauso erging es selbigen Tages der NPD in Trier, nur dass die auch noch mit Eiern beworfen wurde und ihre Fahne einbüßte. Pro Köln brachte dagegen 90 Leute für eine Demo gegen das dortige AZ zusammen. Im Gegensatz zu früheren Veranstaltungen hielten sich Presse und Parteien diesmal zurück und überließen den Widerstand komplett den betroffenen Autonomen und ein paar Stadtteilinitiativen, entsprechend rabiat verhielt sich die Polizei und prügelte die Aufmarschroute bis in Sichtweite des AZs frei, das von 200 Leuten geschützt wurde. Dafür demonstrierten in Heilbronn 700 Leute anlässlich der NSU-Morde gegen Rassismus. Eine Woche später wollte die rechtspopulistische Freiheitspartei in Lüneburg einen Infostand aufstellen, der wurde aber wegen einer angekündigten antifaschistischen Kundgebung verboten, an der sich dann 100 Leute beteiligten.
In Limbach-Oberfrohna bei Chemnitz dagegen dominieren Faschos nicht nur das Stadtbild, auch die Justiz ist nicht besonders eifrig bei ihrer Bekämpfung. Seit Anfang 2011 schiebt sie ein Landfriedensbruch-Verfahren vor sich her, es wurde schon zum 4. Mal vertagt. Im Mai 2010 hatte ein Dutzend Neonazis das Wohnhaus eines Linken-Abgeordneten angegriffen. Immerhin verhinderte die Polizei einen unangemeldeten Naziaufmarsch am Holocaustgedenktag, allerdings auch erst nach Hinweisen aus der Bevölkerung.
Nebenan in Thüringen gibt's einen neuen Nazitreff, in Crawinkel im Kreis Gotha haben Faschos eine Wirtschaft gekauft. Am 4.2. verhinderte die Polizei dort eine Veranstaltung und verteilte 81 Platzverweise.
Am 1.2. gab's in Oranienburg eine Hausdurchsuchung bei Menschen, die angeblich für eine Antifa-Broschüre verantwortlich sind. Konkret ging's um die Bezeichnung des Berliner Neonazianwalts VoIker HeIlriegeI als Neonazianwalt und deren kunsturheberrechtswidrige Illustration mit einem Screenshot seiner Homepage, auch wenn der künstlerische Wert seiner dort prangenden Hackfresse eher zweifelhaft ist. Die Razzia war ähnlich zweifelhaft, neben möglicherweise ermittlungsrelevantem Material wurden wieder mal alle möglichen persönlichen Dinge der BewohnerInnen ausgeforscht, sogar der Mietvertrag wurde abfotografiert.
In Aachen gab's am 3.2. Bombendrohungen gegen eine Antifademo und das Pauli-Spiel sowie wieder mal einen Buttersäureanschlag auf das AZ. Es wurde trotzdem demonstriert (500 Leute) und gespielt (never mind the Ergebnis).
Die JLO hat jetzt sämtliche Demoanmeldungen in Dresden zurückgezogen, allerdings organisiert das Kameradschaftsspektrum einen "Gedenkmarsch" am 13.2., zu dem bis zu 2000 Faschos erwartet werden. Die Antifa mobilisiert weiterhin zu Aktionen am 13. und 18. Auffällig ist aber, das am 18. jetzt in Osteuropa zu mehreren großen Naziaktionen mobilisiert wird.

AK Antifa

Grenzfälle

Am Evros sind wieder Flüchtlinge bei Bootsunglücken ums Leben gekommen. Eine 9-jährige und ihr Großvater werden vermisst, seit ihr Boot kenterte. 15 weitere konnten sich von einem sinkenden Boot auf eine Insel im Evros retten, einer starb nach der Rettung im Krankenhaus an Unterkühlung. An dem einzigen Grenzabschnitt zwischen Griechenland und der Türkei, der nicht im Fluss verläuft, wird seit dem 6.2. an einem Sperrzaun mit Stacheldraht und Wärmebildkameras gebaut. Das 10,3km lange Stück soll bis zu 5½ Millionen Euro kosten.
In der Ukraine geht der Hungerstreik der somalischen Flüchtlinge im Internierungslager Lutsk weiter, es ist aber zu Übergriffen einer vermummten Spezialeinheit gekommen. Einige der beteiligten Jugendlichen wurden mit brutaler Gewalt gezwungen, vor einer Kamera zu essen.
Zwei syrische Deserteure sollen aus Bayern nach Ungarn abgeschoben werden, ihre Frauen wurden bereits am 1.2. dorthin gebracht. Ungarn schiebt schließlich nicht nach Syrien ab, und was in Ungarn sonst so mit Flüchtlingen passiert, ist doch der bayrischen Staatsregierung egal. Und trotz des "Wintererlasses", eines bedingten Abschiebestopps, schiebt Nordrhein-Westfalen weiter Roma ins Kosov@ ab.
In einem Würzburger Flüchtlingsheim hat sich Anfang Februar ein 29-jähriger Iraner aus Verzweiflung umgebracht; er hinterlässt eine Frau und ein Kind. In dem Heim kam es daraufhin zu Protestaktionen, zahlreiche Insassen verweigern die Annahme der Essenspakete, um sich gegen die Zustände dort zu wehren. Montag ist ne Soliaktion in der Stadt.
In Calais haben 60-80 Flüchtlinge seit einiger Zeit ein ehemaliges Uni-Gebäude besetzt, das der kommunalen Sozialwohnungsbaugesellschaft gehört. Die haben jetzt einen Räumungsbefehl bekommen, obwohl in Frankreich im Winter eigentlich grundsätzlich keine Häuser geräumt werden dürfen. Laut Gesetz dürfte eine Räumung auch erst nach zweimonatiger Auszugsfrist erfolgen, die wurde der Baugesellschaft aber vom Gericht gnädigerweise erlassen.

AK Flucht & Migration

Punkerjagd

So lustig wie gemeldet ist die Augsburger Straßenbahn-Party am 17.12., dem BRD-weiten Aktionstag gegen Gentrifizierung und für die Rückeroberung des öffentlichen Raums, leider doch nicht für alle Beteiligten ausgegangen. Nachdem die meisten der teilnehmenden Punx die Bahn verlassen hatten, wurden die letzten ca. 10 Gäste am Moritzplatz von vier Wannen Cops aus der Tram geprügelt und bekamen dann noch die üblichen Anzeigen wegen Widerstands; die Vorladungen werden gerade verschickt, Gegenanzeigen wegen Körperverletzung sind in Vorbereitung.
Aus gegebenem Anlass freut sich die Augsburger Punkszene natürlich ganz besonders, dass es dieses Jahr nicht nur am 13.12. ein Datum gibt, das an den 1., 3., 1. und 2. Buchstaben des Alphabets erinnert. Die nächste Acht-Cola-Acht-Bier-Party steigt somit bereits am 1.3.12, achtet auf Ankündigungen.
Ebenfalls unbeliebt macht sich in der unkommerziellen Kulturszene die Geier-Mafia, oder abgekürzt GEMA. Nach ihren Raubzügen gegen Internet-Radios und Kindertagesstätten greift sie auch wieder nach autonomen Kulturzentren. Das Problem ist, dass die oft als Vereine organisiert und dadurch für die Geier greifbar sind.
Die Freiburger KTS z. B. hatte deswegen schon öfters Ärger, hat die Prozesse am Freiburger Amtsgericht wegen einzelner Konzerte aber immer gewonnen. Daraufhin hat die GEMA einfach drei Jahre lang gewartet und gesammelt, bis sie über 10.000€ Streitwert kam und gleich ans ihr günstiger gesonnene Mannheimer Landgericht gehen konnte. Nun konnte die KTS zwar für jedes Konzert eine GEMA-Erklärung vorlegen, in der die Bands bestätigen, in keiner Verwertungsgesellschaft zu sein und nur eigenes Zeug zu spielen. Das Gericht forderte daraufhin, mehrere Dutzend Mitglieder dieser Bands als ZeugInnen zu laden. Die Kosten dafür, etwa 15.000€, habe die KTS im voraus zu zahlen. Das konnte sie nicht und war deshalb gezwungen, einen Vergleich anzunehmen und 4000€ zu zahlen. So muss die KTS nun für Bands, die keiner Musikverwertungsgesellschaft angehören und zum Großteil die Musikverwertung aus politischen Gründen bewusst ablehnen, Gebühren an die GEMA zahlen, die diese wiederum nach ihrem ungerechten Verteilungsschlüssel an ihre finanzkräftigsten Mitglieder umverteilt. Also deutsch gesagt, Punx subventionieren Udo Jürgens.
KTS und andere haben sich deshalb jetzt dazu gezwungen gesehen, ihrerseits einen "Verband zur Förderung und zum Schutz unkommerzieller Kunst und Kultur" zu gründen, der jetzt als Dachverband über die Schutzgeldzahlungen an die Mafia verhandeln soll (und übrigens noch Mitglieder sucht, also AZs und so). Der Antrag an den UNO-Sicherheitsrat auf eine militärische Lösung ist bedauerlicherweise noch nicht spruchreif.

Da Spike

Aufgepasst!

Gegen das Internet-Zensur-Abkommen ACTA, das die Überwachung sämtlicher Online-Aktivitäten im Namen des Urheberrechts ermöglichen, Konzernen weitgehende Zensurrechte einräumen und drastische Strafen vorsehen würde, laufen verschiedene Kampagnen im Internet, in Polen kommt es sogar landesweit zu größeren und ziemlich wütenden Demonstrationen gegen Zensur und die Regierung (was wohl daran liegt, dass die Leute eh wütend auf die Regierung sind). Trotz Temperaturen bis zu -20° gingen allein in Warschau mehrere Tage hintereinander Tausende auf die Straße, darunter viele bisher völlig unpolitische Menschen, und auch in vielen anderen Städten wurde protestiert. Schließlich erklärte die polnische Regierung, dass sie das Abkommen nicht unterzeichnen wird. Auch im Europaparlament gibt es Bedenken, der ACTA-Berichterstatter im Handelsausschuss ist sogar zurückgetreten.
Unterdessen ändert Google zum 1. März seine Nutzungsbedingungen und wird noch ein bisschen datenkrakiger. U. a. kann dort jetzt jede Firma, die Eure E-Mail-Adresse kennt, auch alle anderen Daten über Eure Person abrufen. Und wenn Ihr Euch bei verschiedenen Diensten mit verschiedenen Namen angemeldet habt, bekommt Ihr einen einheitlichen Namen zugewiesen, damit Ihr auch ja gut zu finden seid.
Der Widerstand gegen die Erfassung der BRD-Bevölkerung beim Zensus 2011 wird jetzt geahndet. In Göttingen begegnete ein Gerichtsvollzieher, der ein entsprechendes Bußgeld zwangsvollstrecken wollte, einer Party mit Container-Vokü und Sambaband. Nachdem die zu vollstreckenden Personen sich weigerten, vor die Türe zu kommen und alleine mit ihm zu reden, und ihn stattdessen zur Containersuppe einluden, flüchtete er unverrichteter Dinge.
Erfasst werdet Ihr künftig im Rostocker Ostseestadion. Nachdem beim Pauli-Spiel jemand einen Kracher in den Gästeblock geworfen hat, müssen da jetzt unbedingt massenhaft Kameras mit automatischer Gesichtserkennung eingebaut werden. Und einmal dürft Ihr raten, ob das demnächst Standard im Stadion ist.
"Nestlégate", der 2008 aufgeflogene Nestlé-Spitzeleinsatz bei Attac Schweiz soll jetzt gerichtlich aufgearbeitet werden. Die Opfer fordern Schadenersatz; eine Betroffene hatte nach dem Schock sogar eine Frühgeburt erlitten. Ein erster Erfolg des Prozesses ist, dass sich Nestlé und die von ihr beauftragte Securitas öffentlich zu der Aktion bekennen mussten; mit einer Verurteilung wird gerechnet. Inzwischen sind weitere Spitzeleinsätze gegen die "Gruppe Schweiz ohne Armee" und gegen Greenpeace bekanntgeworden.

Abt. Lausch & Späh

Voll extrem!

Wenn der Verfassungsschutz bei den Nazis schon nix auf die Reihe kriegt, so passt er doch wenigstens auf die Linkspartei auf. Die Überwachung eines Drittels ihrer Bundestagsabgeordneten dient natürlich nur dem guten Zweck, denen endlich mal den richtigen Hass auf Stasimethoden nahezubringen. Das Innenministerium meint dazu nur, die NPD würde man schließlich auch überwachen und die Linke sei vielleicht nicht so durch und durch extremistisch, aber zum Teil halt doch.
Um den Titel "zum Teil halt doch extremistische Partei" und damit als potenzielles VS-Zielobjekt bewarb sich dann gleich mal die CSU mit ihrem Rechtsausleger Hans-Peter Uhl, der uns schon in seiner Zeit als Münchner Kreisverwaltungsreferent mit seinen rassistischen Lügenkampagnen auf die Nerven ging. Jetzt kam er mit der Aussage, die Mordopfer rechter Gewalt seien selbst schuld an ihrem Tod, sie seien ja schließlich nach Deutschland gekommen und hätten somit rechtsradikalen Gruppen Angriffspunkte geliefert. Da bleibt natürlich auch die CDU nicht zurück und gründet gleich ihr eigenes Gegenstück zur Kommunistischen Plattform, nämlich die "Aktion Linkstrend stoppen" (ALS), die sich die Rettung homo- und islamophober Grundsätze der Partei auf die Fahnen geschrieben hat und für Diskriminierung und Leitkultur kämpft.
Vollkommen frei erfunden ist übrigens, dass die staatliche Parteienfinanzierung so stark zusammengestrichen wurde, dass die jetzt alle händeringend versuchen, sich nach dem Vorbild der NPD wenigstens an den Subventionstropf des Verfassungsschutzes hängen zu lassen.

Euer Joachim

Rassismus, Polizei und Gewalt

Am 13.1. protestierten in Dessau 40 Leute gegen die Polizeigewalt gegen die Oury-Jalloh-Gedenkdemo eine Woche zuvor. Die Polizei schiebt die rechtswidrige Kriminalisierung von Transparenten, auf denen Ourys Tod auf der Dessauer Wache als Mord bezeichnet wurde, mittlerweile auf eine Fehleinschätzung ihres Rechtsdezernenten, der versetzt wurde. Sogar der sachsen-anhaltinische Innen- und Sportminister Stahlknecht sah sich genötigt, seinen Cops per Rundschreiben klarzumachen, dass er auch gegen die Mord-Parole sei, aber dass man halt verpflichtet sei, die freie Meinungsäußerung zu erdulden, "auch wenn das bisweilen nicht leicht fällt".
Weil der Herr Minister mit der Realität also immer noch ein Problem hat, hat sich die Oury-Jalloh-Initiative nach Rücksprache mit Ourys Familie entschlossen, das Foto von seiner Leiche zu veröffentlichen. Wer's unbedingt sehen will, kann's im Netz suchen, die anderen dürfen uns auch so glauben, dass da Ourys Leichnam auf der verbrannten Matratze liegt und dass deutlich zu sehen ist, dass er an beiden Händen mit Handschellen gefesselt ist.
Am 16.1. bekam dann Mbolo Yufanyi, ein Mitorganisator der Oury-Demo, vormittags Hausbesuch von der Polizei. Man wolle sich nur mit ihm über seine Anzeige wegen Körperverletzung auf der Demo unterhalten. Wozu sie dazu gleich zu viert anrücken mussten, ist nicht ganz klar. Ourys schlechtes Beispiel vor Augen, hatte Mbolo keinen Bock, alleine mit auf die Wache zu kommen, warf sie raus und machte den Einschüchterungsversuch öffentlich (was wir hiermit unterstützt haben).
Fast gleichzeitig kam es in Dessau zu einem schweren Zwischenfall. Ein senegalesischer Asylbewerber stach einen Fußballfan nieder, die Umstände sind unklar. Gerüchten zufolge war der Täter nach vierjährigem Warten auf sein Asylverfahren einfach durchgedreht und hatte schon in den Tagen zuvor ziellos randaliert. Das Opfer konnte im Krankenhaus gerettet werden. Am Abend demonstrierten mehrere Hundert Menschen aus dem Umfeld des Vereins des Opfers gegen die Tat. Auch eine große Anzahl Neonazis, teils bis aus Leipzig angereist, nutzte die Gelegenheit mit entsprechenden Parolen ausländerfeindliche Stimmung zu verbreiten. Vor der Wache Dessau-Roßlau (genau, DER Wache), wo auch der mutmaßliche Messerstecher festgehalten wurde, skandierten sie "Oury, Oury" – quasi als Aufforderung, den Senegalesen auch noch zu verbrennen. Nach dem Ende der Spontandemo zogen die Faschos in Gruppen durch die Stadt, um AusländerInnen zu jagen. Die Polizei hielt sich "wegen Unterbesetzung" zurück.
In den folgenden Tagen kam es zu weiteren Aktionen. Das Opfer merkte, für was es da missbraucht wurde, und distanzierte sich davon, so dass sich auch der Fußballverein nicht mehr beteiligte bzw. eigene Aktionen aufzog. Die Nazis machten alleine weiter. Am Abend des 21.1. demonstrierten erneut mindestens 250 Leute gegen den Messerstecher, darunter viele Neonazis. Anschließend zogen noch 30 vermummte Faschos durch ein Einkaufszentrum und mussten von der Polizei rausbegleitet werden. Gegenkundgebungen waren angemeldet worden, und zwar von den Grünen und von der Oury-Jalloh-Initiative. Nachdem die Grünen ihre Anmeldung zurückzogen, sagte auch die Initiative ab, weil es für die TeilnehmerInnen zu gefährlich geworden wäre.
Nebenbei flog am 18. frühmorgens ein Molli auf einen Seiteneingang der Rosslauer Wache. Davor lagen Krähenfüße und plätteten einen Streifenwagen. Da auf einer nahegelegenen Mauer eine Oury-Parole stand, war für Polizei und Medien gleich mal klar, dass der Anschlag auch aus dieser Ecke kommen musste. Dabei ist nicht mal klar, wann die Parole überhaupt gesprüht wurde. Am folgenden Abend demonstrierten in Jena 200 Leute gegen die Polizeigewalt gegen die Jalloh-Demo, die Polizei verhielt sich ruhig und Nazis ließen sich auch nicht blicken.
Ebenfalls unklar ist die Urheberschaft eines Brandes bei einem Magdeburger Autohaus am 23., wo zwölf neue Streifenwagen (von einer Lieferung von 46 Stück) und ein ziviles Polizeiauto im Wert von einer halben Million zerstört wurden. Zwei Tage später brannte ein Streifenwagen vor der offenbar schlafenden Wache von Halle-Neustadt.
Noch drei Gerichtsurteile zur Polizei. Ein Flüchtling bekam vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 50.000€ Entschädigung zugesprochen, weil zwei Polizisten der griechischen Küstenwache ihn mit einem Schlagstock vergewaltigt hatten. Die Massenverhaftungen auf dem Kopenhagener Klimagipfel Ende 2009 sind in zweiter Instanz für komplett rechtswidrig erklärt worden, die Opfer bekommen je 300-1750€ Entschädigung (zumindest die 178, die geklagt haben, insgesamt waren 905 festgenommen worden). Und das Landgericht Karlsruhe hat (wieder mal) festgestellt, dass ACAB eine straffreie Kollektivbeleidigung ist (wer's braucht: Aktenzeichen 11 Ns 410 Js 5815/11).

Die Buchhaltung

Die Ökos wieder...

Was das Militär kann, können die TierschützerInnen auch: Nachdem's Überwachungsdrohnen jetzt schon ab 400€ gibt, hat sich auch die Walschutzorganisation Sea Shepherd für jedes Schiff eine zugelegt. Sie sind schon im Einsatz, um die japanische Walfangflotte zu jagen. Die SeehirtInnen konnten damit bereits einen Walfänger in 50km Entfernung orten und anschließend stellen. Auf die militärische Variante, die das Schiff dann gleich versenkt, müssen sie aber noch ein bisschen sparen.
Die Methode scheint übrigens um sich zu greifen: nachdem die Polizei letzten Herbst die Proteste gegen einen Naziaufmarsch in Leipzig damit überwachte, setzten Antifas beim Naziaufmarsch am 11.11. in Warschau angeblich selbst eine Drohne zur Beobachtung von Polizeibewegungen ein.
In den USA hat der Tierbefreier Jordan Cade Halliday am 10.1. eine zehnmonatige Haftstrafe wegen Ein- bzw. Ausbrüchen auf Pelzfarmen angetreten. Genauer gesagt, nachgewiesen werden konnte ihm nichts, verknackt wurde er schließlich wegen "Missachtung des Gerichts", weil er "Widerstand gegen die Ermittlungen leistete", nachdem er schon vier Monate in Beugehaft gesessen hatte. Dafür brannten diese Woche in Coalinga (ebenfalls USA) bei einem Anschlag 14 leere Tiertransporter aus.
Am 23.1. fand im Hamburger Hafen früh morgens eine Anti-Atom-Mahnwache statt, weil von einem russischen Schiff Uranhexafluorid angeliefert wurde, das auf acht Lkws umgeladen und über die A7 abtransportiert wurde. Vermutlich wird es zu Brennelementen für AKWs weiterverarbeitet. Der Transport wurde durch die Bremer Firma Kieserling durchgeführt. Keine Atomtransporte durch Hamburg und anderswo!
Die ZAD von Notre Dame des Landes, auf der der Vinci-Konzern den neuen Flughafen von Nantes bauen will, ist weiterhin besetzt, es sind ein Haufen Ökoprojekte entstanden. Das Räumungsverfahren läuft allerdings. Vinci will erst mal die BesetzerInnen rausschmeißen, danach sind die "normalen" BewohnerInnen der betroffenen Dörfer dran. Damit es nicht soweit kommt, wird am 4. Samstag nach einem Räumversuch um 11 Uhr einfach wiederbesetzt. Und wenn Ihr's rechtzeitig mitkriegt, dürft Ihr natürlich auch die Räumung selbst kritisch vor Ort oder anderswo begleiten.

Die Knallerbse

Meldungen

Das neue sächsische Versammlungsgesetz ist durch den Landtag gekommen, die Opposition will erneut dagegen klagen. Die vorige Variante war bereits letzten April vom Verfassungsgericht kassiert worden. Das Gesetz dient angeblich zur Einschränkung von Nazidemos, ist aber so weit gefasst, dass es auch Verbote zahlreicher anderer Demos ermöglicht, z. B. aufgrund davon, wann und wo sie stattfinden sollen.
Auf der Rosalux-Demo in Berlin am 15.1. gab's mal wieder Stress mit der stalinistischen Ausrichtung eines Teils der TeilnehmerInnen, die sich u. a. über Anti-Stalin-Transpis aufregten. Es kam zu Schlägereien.
Waffen vom Bodensee sind nicht erst dann dabei, wenn Saudi-Arabien tatsächlich die gewünschten 270 aufstandsbekämpfungstauglichen Leopard 2-Kampfpanzer bekommt. Als der saudische König letztes Jahr mithalf, die Demokratiebewegung in Bahrain niederzuwalzen, schickte er dafür u. a. Mowag-Radpanzer los, die in Kreuzlingen hergestellt werden.
In Israel hat Yigal Levin einen Militäreinsatz verweigert. Da er früher an Kampfhandlungen teilgenommen hat, zählt das nicht nur als Kriegsdienstverweigerung (wofür es drei Monate bis drei Jahre gibt), sondern gleich als Verrat, der viel härter bestraft werden kann.
In Köln will die Sparkasse das Gelände, auf dem sich auch das AZ befindet, an die Stadt verkaufen. Die Stadt möchte das Grundstück allerdings gerne ohne AZ, zumindest soll die Sparkasse dazu gebracht werden, den Vertrag zu kündigen. Da könnte es also in absehbarer Zeit Probleme geben. Am 28.1. ist schon (wieder) mal ne Demo von Pro Köln gegen das AZ geplant, aber das Problem sind eigentlich die anderen Parteien: die CDU schwenkt auf den Pro-Kurs um, und SPD und Grüne tun nichts dagegen. Die Grünen, die bisher das AZ unterstützt haben, werden verdächtigt, es intern für irgendwelche Zugeständnisse in der rot-grünen Koalition geopfert zu haben.
In Dresden wird am 29.1. über die Privatisierung zweier Krankenhäuser abgestimmt. Bei aller Kritik an dem Verfahren, den Menschen statt einer freien Entscheidung nur zwei vorformulierte Optionen zuzugestehen, ruft auch die anarchosyndikalistische Gewerkschaft FAU dazu auf, dagegen zu stimmen.
In Berlin treibt ein "interkulturelles Bündnis für Berlin" sein Unwesen. Was sich nach außen als sozialarbeiterisches Hilfsangebot gibt, ist in Wirklichkeit eine Agentur, die im Auftrag des Quartiersmanagements Polizei und verschiedenen Ämtern zuarbeitet und so aktiv zur Gentrifizierung beiträgt. Der Verein Integra, der zuvor in den Räumen aktiv war, hatte sich geweigert, entsprechende Daten über die Leute, die sich dort beraten ließen, weiterzugeben und wurde deshalb kurzerhand rausgeschmissen.

Flüchtlingsleben

Über 60 minderjährige Flüchtlinge, die in der Münchner Bayernkaserne untergebracht sind und die Zustände dort menschenunwürdig finden, haben dagegen vom 4. bis 17.1. einen Hungerstreik durchgeführt. Theoretisch müssten sie spätestens nach drei Monaten in eine Jugendhilfeeinrichtung verlegt werden, einige sind aber fast schon ein Jahr in der Kaserne. Außerdem forderten sie mehr und bessere Deutschkurse. Nach einem Gespräch mit VertreterInnen der verschiedenen Regierungsebenen von Bezirk bis Bund beendeten sie die Aktion. 20 waren zu diesem Zeitpunkt bereits im Krankenhaus gelandet. In Horst haben am 14.1. 350 Leute gegen das dortige Flüchtlingslager demonstriert. Sie forderten eine menschenwürdige, dezentrale Unterbringung.
In anderen Ländern werden Flüchtlinge einfach auf die Straße gesetzt. Das betrifft besonders Griechenland, wo nur für einen Bruchteil der AsylbewerberInnen Plätze bereitgestellt werden; die übrigen landen auf der Straße und können schauen, wie sie die Prozedur durchstehen, die im Schnitt acht Jahre dauert. In Österreich bekommen Flüchtlinge, deren Asylanträge abgelehnt werden und die dagegen in Revision gehen, ebenfalls nichts mehr; gewöhnlich werden sie dann von der Caritas aufgenommen und versorgt, haben aber keinen Rechtsanspruch auf gar nichts mehr. In den Niederlanden ist es ähnlich. Vor allem Somalis werden wegen "Sabotage" ihrer Abschiebung aus dem Sozialsystem geworfen. Es kommt zu Protesten, zweimal haben die Somalis sogar schon Protestcamps organisiert.
In der Ukraine dagegen verbringen viele Leute ihre Asylverfahren hauptsächlich in Internierungslagern oder Abschiebeknästen. In solchen Lagern in Luzk (im Westen) und Tschernigiw (im Norden) sind seit dem 6.1. über 75 im Hungerstreik für ihre Freilassung (und Papiere, mit denen sie nicht gleich wieder verhaftet werden). Das Asylsystem der Ukraine ist nach einer missglückten Gesetzesänderung praktisch zerbrochen: Das alte Gesetz wurde aufgehoben, aber das neue ist nicht in Kraft getreten, so dass selbst anerkannte Flüchtlinge keine gültigen Papiere mehr ausgestellt bekommen und deswegen bei jeder Kontrolle im Knast landen können. Auch hier sind schon einige HungerstreikerInnen im Krankenhaus gelandet, im Internet findet Ihr Soli-Aufrufe.
Aber auch in Spanien und Frankreich kommt es in Abschiebeknästen zu menschenunwürdigen Zuständen. Vor allem wegen Überfüllung sind dort die Haftbedingungen oft schlechter als in Strafhaft. Um möglichst viele Abschiebungen durchzukriegen, werden die Rechtsmittel der Flüchtlinge bewusst sabotiert. Und in Britannien hat eine Untersuchung ergeben, dass wegen vorangegangener Todesfälle verbotene Techniken (Fesselungen und Zwangshaltungen) bei Abschiebungen immer noch eingesetzt werden. Das Personal der beauftragen Firmen (in Britannien ist ja alles privatisiert) sei außerdem erstens viel zu dicke mit der Aufsichtsbehörde und zweitens durch und durch rassistisch. Die Witwe des 2010 bei seiner Abschiebung getöteten Jimmy Mubenga forderte, das ganze System müsse geändert werden, damit so etwas wie mit ihrem Mann nie wieder passiert.
Die EU-Grenztruppe Frontex greift währenddessen immer weiter um sich: Am 19.1. wurde in Warschau ein Kooperationsabkommen mit Nigeria unterzeichnet. Und zwischen Griechenland und der Türkei wird weiter am Grenzzaun gebaut, er soll vor Mitte 2012 fertig werden.

AK Flucht & Migration

Erfolg schaut anders aus

Schau an, der olle Naserbajew hat nachgegeben. Zumindest pro forma hat er anerkannt, dass die streikenden ÖlarbeiterInnen von Shanaosen Recht hatten mit ihrem Aufstand Mitte Dezember. Er wechselte den Chef des Ölkonzerns und den Gouverneur der Provinz aus. Der neue Gouverneur forderte bereits bessere Ausrüstung für die Polizei, sie hätte ja nur geschossen, weil sie außer Knarren gar keine Waffen gehabt habe. Die Entlassenen kriegen ihre Jobs nicht wieder, sollen aber neue bekommen. In Shanaosen ist der Streik damit beendet, anderswo geht er teils noch weiter. Und die Repression gegen AktivistInnen geht trotz der schönen präsidialen Worte auch weiter, es gab Mitte Januar erneut Verhaftungen.
Inzwischen ist auch gewählt worden. Bisher hatte die Regierungspartei 88% und alle Parlamentssitze, weil alle Oppositionsparteien unter der 7%-Hürde blieben. Diesmal ordnete der Präsident eine Verfassungsänderung an, damit die zweitstärkste Partei automatisch zwei Sitze bekommt, auch wenn sie unter 7% hat. Ein netter Zug, allerdings schafften diesmal gleich zwei Parteien die Hürde. Undankbares Pack.
In Nigeria ist der Generalstreik beendet, auch wenn manche von Verrat durch die Gewerkschaftsführung sprechen. Die hatte schon von vornherein dafür gesorgt, dass die wirklich wichtigen Sachen (nämlich die Betriebe, die für den Ölexport nötig sind) trotz Generalstreik weiterlaufen, und sich dann mit einer Senkung der Spritpreise um 30% zufriedengegeben. Weitergehende soziale Forderungen waren auf dieser Ebene offenbar gar kein Thema mehr. Aber eine schlagkräftige Basisbewegung gibt's halt auch dort (noch) nicht...
In Rumänien gab es große Proteste gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens (und eine radikale Streichung von Krankenkassenleistungen). Raed Arafat, der populäre Direktor des staatlichen Rettungsdienstes, schmiss deswegen seinen Job hin, was wesentlich zur Mobilisierung beitrug, zusammen mit der Polizeigewalt auf den ersten Aktionen und lobenden Worten des IWF, wie toll die rumänische Regierung den Sozialabbau durchgesetzt habe und wie schön es sei, dass es dort so wenig Widerstand gebe. Allein in Bukarest gingen Tausende auf die Straße, außerdem gab es Versammlungen in ca. 20 weiteren Städten.
Die Polizei knüppelte auch friedliche Kundgebungen hemmungslos zusammen, bis auch der letzte Hippie anfing, zurückzuschlagen. Daraufhin beteiligten sich auch Fußballhools, die sich öffentlich mit Arafat solidarisierten. In Bukarest gab es am 15.1. in weiten Gebieten Straßenschlachten, die Cops trennten einem unbeteiligten Passanten ein Bein ab und verprügelten gezielt JournalistInnen. Der Widerstand ist so heftig wie seit Mitte der 90er bei den Protesten der Bergleute nicht mehr. Schließlich gab die Regierung nach, kippte die Gesundheitsreform und verkündete, Arafat könne seinen Job wiederhaben, allerdings sei das Sparen unvermeidlich, deswegen soll gleich die nächste Gesundheitsreform verabschiedet werden. Mit dem Sparprogramm will sich Rumänien bis 2015 den Euro verdienen.
In Ungarn wird auch fleißig gesparpaketet, das Rentenalter wird heraufgesetzt, mit einer Ausnahme: Das Pensionsalter für RichterInnen wurde kurzfristig von 70 auf 62 Jahre gesenkt. Premier Orbán will so wesentliche Teile des Justizapparates loswerden und durch seine eigenen Leute ersetzen.
In Griechenland geht der Widerstand gegen die von der EU diktierten sozialen Einschnitte weiter. PolitikerInnen können sich kaum noch in der Öffentlichkeit blicken lassen, am 15.1. wurde sogar eine Ex-Außenministerin beim Essen in einem Restaurant auf Kreta von Vermummten mit Lebensmitteln angegriffen. Drei Tage vorher hatte es zwölf PASOK-Abgeordnete in einer Bar in Athen getroffen. Die Abgeordneten erklärten der Polizei später, das seien keine AnarchistInnen gewesen, sie hätten eher wie BerufsdemonstrantInnen ausgesehen. Aber jedenfalls wurde niemand erwischt. Armut und Verzweiflung in Griechenland steigen indessen weiter, die Selbstmordstatistik für letztes Jahr ist verheerend (ein Anstieg von 40%) und es gab sogar eine ganze Reihe von Selbstverbrennungen.
Am 15.1. fand vor allem in Deutschland und den USA ein Aktionstag der Occupy-Bewegung statt. In Deutschland gingen in 30 Städten vor allem Attac-Leute auf die Straße. In den USA wurde der Tag als "3 Monate Occupy" begangen (Occupy Wall Street war ja schon nen Monat früher dran, aber Occupy überall beginnt mit dem 15. Oktober) und außerdem unter dem Motto "Occupy Dream" als Vorabend des Martin-Luther-King-Tages. "Occupy Wall Street" in New York ist zwar geräumt, es kommen aber trotzdem noch Tausende zu den Aktionen, und ungefähr 1000 Leute sind in verschiedenen Arbeitsgruppen aktiv. Zur Erinnerung an vier Monate Occupy Wall Street protestierten am 17.1. 1000 Leute am Weißen Haus, gegen das flog eine Rauchbombe und es gab vier Festnahmen.
Das WEF in Davos hat begonnen. Weil die Gefahr bestand, dass Meinungen dagegen kundgegeben werden könnten, wurden in Bern schon am Samstag zuvor 150 Leute gekesselt, die möglicherweise eine ungenehm(ig)te Anti-WEF-Demonstration beabsichtigt hatten. Sie sollen alle Anzeigen wegen Landfriedensbruch bekommen. In St. Gallen konnte am 21.1 eine bewilligte Demo mit mehreren Hundert Leuten stattfinden, es gab fast keine Zwischenfälle. Einige AktivistInnen haben es nach Davos geschafft, sie haben ein Iglu-Camp unter dem Motto "Occupy Davos" aufgebaut und führen symbolische öffentliche Aktionen durch. In Brasilien findet wieder mal ein Weltsozialforum statt, und in Lindau gibt es dazu noch bis zum 24.2. eine Ausstellung im Gewölbesaal (im Heilig-Geist-Spital neben der Stefanskirche auf der Insel). Erste Erfolge zeigen sich schon: Die Pigs geben auf – sogar WEF-Organisator Klaus Schwab erklärte zum Auftakt, der Kapitalismus sei am Ende und passe nicht mehr in die Welt. Jetzt will er ein neues System entwickeln lassen. Unklugerweise hat er diesen Auftrag allerdings genau an diejenigen vergeben, die im bisherigen System schon viel zu viel zu sagen und es an die Wand gefahren haben, indem sie die Regeln immer noch weiter zu ihren Gunsten verbogen haben.
In Ägypten musste das Militär mal wieder einer Forderung der DemonstrantInnen nachgeben und hat den wegen Beleidigung des Militärs verurteilten Blogger Mikel Nabil "begnadigt". Der Ausnahmezustand soll nach 30 Jahren auch endlich aufgehoben werden. Mit der kleinen Ausnahme, dass er "bei Randale" trotzdem noch gilt. Heißt, DemonstrantInnen kommen weiterhin vor Militärtribunale statt vor zivile Gerichte.
Aus Libyen gibt's verwirrende Meldungen. In Bengasi wurde der Sitz des regierenden "Übergangsrats" von StudentInnen gestürmt und der Vizepräsident verprügelt, der daraufhin zurücktrat. Die StudentInnen forderten den Ausschluss von Gaddhafi-Funktionären bei der Wahl und mehr Transparenz. Vorher hatte eine Demo die Einführung der Scharia gefordert. Und über einige Gebiete hat der Übergangsrat die Kontrolle an bewaffnete Aufständische verloren. Die EU lässt sich nicht beeindrucken, der Übergangsrat ist der legitime Vertreter des libyschen Volkes und soll jetzt die gleichen Verträge unterschreiben wie vorher Gaddhafi, dann passt das alles. Der neue italienische Regierungschef Monti war gerade drüben, um das auszuhandeln. Sollen die sich doch abschlachten wie's ihnen Spaß macht, Hauptsache wir können unsere Asylanten da wieder hinschicken.
Ein Rückübernahmeabkommen verlangt auch die Schweiz, und zwar von Tunesien. Das wurde in Davos am Rande des WEFs ausgekartelt. Begründung: Angeblich saufen und schlägern tunesische Asylanten besonders viel. Das wird mal wieder ein besonders rechtsstaatliches Verfahren, aus dem die Behörden bestimmt sehr viel in puncto Achtung der Menschenrechte lernen können.

Die Revolutionsqualitätskontrolle

unverbesserliche Anstalten

Am 11.1. war der zehnte Jahrestag der Inbetriebnahme von Guantánamo und mindestens der zweite Jahrestag seiner Schließung, wenn's nach Obamas Wahlversprechen gegangen wäre. Zahlreiche der 171 Insassen protestierten mit einem dreitägigen symbolischen Hungerstreik. Weltweit, vor allem in den USA und Britannien, gab es weitere Proteste zum Jahrestag. In Washington führten 50 Leute einen zehntägigen Hungerstreik und parallel dazu zahlreiche Aktionen durch, am 11. gab es dann eine Demo mit mehreren Hundert Leuten (171 davon in orangenen Strampelanzügen). 37 Leute in orangenen Klamotten und mit einem Käfig wurden tags darauf bei einer Performance vor dem Weißen Haus verhaftet.
Gegen die drohende Anordnung von Beugehaft gegen Christa Eckes (Ex-RAF) demonstrierten am 14.1. 150 Leute in Karlsruhe. Darüber entscheidet der BGH. Am 15. demonstrierten vor der JVA Berlin-Lichtenberg 80 Leute für die dort inhaftierte türkische Linke Gülaferit Ünsal (DHKP/C), der nach §129b der Prozess gemacht werden soll, und vor der JVA Frankfurt-Preungesheim wurde für die RZ-Gefangene Sonja Suder ein Geburtstagsfeuerwerk abgebrannt.
Auf Kuba erlag Mitte Januar ein politischer Gefangener den Folgen eines 56-tägigen Hungerstreiks. Er hatte sechs Jahre für "Verbrechen gegen den Staat" (was normalerweise "Meinungsdelikte" sind) bekommen und saß noch dazu in Einzelhaft. Eine Woche vor seinem Tod war er in ein Krankenhaus verlegt worden.
Ebenfalls noch im Knast sitzt der Schweizer Anarchist und "Ökoterrorist" Marco Camenisch. Er hat jetzt (nach 20 Jahren) zwei Drittel seiner Strafe abgesessen und die Entlassung auf Bewährung beantragt. Darüber wird formal am 8.2. entschieden, das Justizvollzugsamt hat aber schon erklärt, dass es eine Abweisung beabsichtigt und auch keine Fragen an Marco habe.
Und jetzt wissen wir auch endlich, warum Mumia nach der Verlegung vom Todestrakt in den Normalvollzug immer noch in Iso-Haft sitzt: Die Knastdirektion behält ihn so lange im Bunker, bis er sich seine Rastas abschneiden lässt.

Kommando Mauerspecht

Repression

Wegen einer Spontankundgebung in Alessandria (Norditalien) gegen Polizeigewalt auf der TAV-Baustelle letzten Sommer haben 13 Leute aus unterschiedlichen politischen Spektren Anzeigen bekommen. Auch in Serbien geht die Repression gegen die sechs Mitglieder der Anarchosyndikalistischen Initiative (ASI) weiter. Die waren zwar im Juni 2010 von dem Vorwurf freigesprochen worden, die griechische Botschaft angegriffen zu haben, aber die Staatsanwaltschaft ist in Berufung gegangen. Diese blieb dann erst mal liegen, wurde aber letzten Sommer aufgegriffen, als einer der sechs bei Protesten gegen einen Natogipfel verhaftet wurde. Am 8.2. wird das Urteil erwartet, zwei Tage vorher wird zu internationalen Soli-Aktionen aufgerufen. Ebenfalls am 8.2. sollen die Urteile gegen zwei Leute fallen, die sich am Brüsseler No-Border-Camp vom September 2010 beteiligt hatten. Ihnen wird Widerstand vorgeworfen, es drohen Knaststrafen. Die Polizeigewalt und die grundlosen Massenverhaftungen bleiben dagegen bisher ohne juristische Folgen.
Freigesprochen wurde am 18.1. im Lindauer Amtsgericht Prof. Peter Grottian, dem vorgeworfen wurde, zu Bankbesetzungen aufgerufen zu haben. Die Deutsche Bank, so Grottian in einem Vortrag im Juni 2010 in Lindau, trage maßgebliche Mitschuld an der Finanzmisere von 2007-2009, an den enormen volkswirtschaftlichen Schäden und den gigantischen "Rettungsschirmen" aus Steuergeldern. Trotzdem "berate" und beeinflusse sie die Bundesregierung weiter in ihrem Sinne und verdiene dabei Milliarden. Grottian verteidigte sein Recht, Möglichkeiten des zivilen Ungehorsams darzustellen, erfolgreich und sparte sich so 3900€, die hätte er nämlich laut Strafbefehl zahlen sollen. Letztlich plädierte nach der Anhörung der ZeugInnen sogar die Staatsanwaltschaft auf Freispruch. Der Prozess hätte schon vor fast einem Jahr stattfinden sollen, eigentlich hätte ihn das Amtsgericht auch eingestellt, die Generalstaatsanwaltschaft bestand aber darauf, die Sache durchzuziehen. Vielleicht gehen sie ja noch in Berufung.
In Spanien ist so etwas in einem ähnlich lächerlichen Prozess passiert: In Madrid stehen seit dieser Woche 19 BaskInnen vor einem Sondergericht, weil sie gegen den nachträglichen Ausschluss der baskischen Linken bei einer Gemeinderatswahl protestiert hatten. Die Pfiffe bei der konstituierenden Sitzung werden jetzt als Terrorismus geahndet. Örtliche Gerichte hatten das Verfahren zuvor eingestellt, der oberste Gerichtshof war aber dagegen.
Und das Internet wird wieder mal ein bisschen besser überwacht: Die Webseite TOR, die anonymes Surfen ermöglicht, wird von mehreren Internetanbietern aus Britannien und den USA blockiert, Facebook erstellt aus Euren Meldungen jetzt zwangsweise eine Chronologie, und Twitter ermöglicht die Zensur von Meldungen in bestimmten Ländern.

Prozessgruppe

Nazis laufen ins Leere

In Magdeburg fand am 14.1. das traditionelle Vorspiel zu Dresden statt. Nachdem dort in den letzten zwei Jahren die Nazi-Großdemo von noch größeren Blockaden verhindert wurde und die Faschos heuer gar nicht mehr offen auf den ursprünglich anvisierten 18.2. mobilisieren, konzentrierten sie sich auf Magdeburg und brachten mit 1100 Nasen noch ein bisschen mehr zustande als 2011. Die Gegenmobilisierung wuchs sogar deutlich, aufs demokratische Bratwurstfest kamen 10.000 Leute und zu den antifaschistischen Blockaden an die 1000, also jeweils ungefähr doppelt soviel wie letztes Jahr. Die Blockaden reichten angesichts der Gewaltbereitschaft der Polizei nicht ganz und am Schluss wurde noch der Infoladen von den Cops gerazzt, weil neben einem von ihnen ein größerer Betonbrocken runtergefallen sein soll. Immerhin wurde den Nazis die Party gründlich versaut, die Auftaktkundgebung wurde von Glockengeläut und in den Bäumen versteckte Sirenen übertönt, so dass die Reden ausfielen. Auf dem Heimweg leisteten sich 70 Faschos im Zug über Hannover noch Übergriffe auf Linke, und in der Nacht wurde das Büro der Linkspartei beschädigt.
In Dresden läuft auch schon die Repression, z. B. wegen Aufklebern, auf denen die für den 13.2. geplante symbolische Menschenkette als "rumstehen, wegsehen" kritisiert wird. Dazu wurden in eine Menschenkette-Reklame u. a. Goebbels und Sarrazin montiert. Und wegen Dresden 2011 gab's am 11.1. in Berlin mindestens eine Hausdurchsuchung, die aber als reine Einschüchterungsmaßnahme gewertet wird, da dabei eigentlich nichts über den angeblichen Tatvorwurf (Durchbrechen einer Polizeikette) herauskommen konnte.
Die Hinweise, dass an den Wochenenden um den 13.2. von den Nazis nichts (mehr) geplant ist, verdichten sich derweil. "Spontane" Aktionen (auch in anderen Städten) sind natürlich nicht auszuschließen, die gewohnte europaweite Mobilisierung findet jedoch nicht statt. Somit konzentriert sich bisher alles auf Montag, den 13.2., an dem von den Nazis aus ein abendlicher Fackelmarsch beabsichtigt ist. Die antifaschistische Mobilisierung für den 18. läuft sicherheitshalber trotzdem weiter, insbesondere wurden Kundgebungen angemeldet.
In Mühldorf am Inn probierte das "Freie Netz Süd" (FNS) das mit der kurzfristigen Mobilisierung am 14.1. gleich mal aus. Rund 70 Faschos kamen bei der "bayernweiten" Demo gegen die neue Flüchtlingsunterkunft in der Stadt zusammen, die etwas überraschte Antifa stellte 80 Leute dagegen. Dazu kam noch eine bürgerliche Gegendemo mit 250 Leuten, die so bürgerlich war, dass sich sogar Umweltminister Huber beteiligte. Die Antifas begleiteten den Naziaufmarsch zunächst kritisch und schafften es dann, sowohl das Stadttor als auch eine Alternativroute dichtzumachen und gegen die 200 Cops zu verteidigen, so dass Huber auf direkten Kontakt mit den Birnen verzichten musste. Schließlich brach die Polizei die Demo ab und setzte die Nazis in den Zug.
Eine Woche später war dann ebenso kurzfristig München an der Reihe, wo die FNS-Nazis fordern wollten, das Kafe Marat durch ein "patriotisches Begegnungszentrum" zu ersetzen. Diesmal stießen 90 Faschos auf 700 GegendemonstrantInnen, bzw. dazwischen waren noch 800 Cops, die allerdings aufgeben mussten, nachdem sie den Weg durch die ersten paar Blockaden (vom Hauptbahnhof bis zum Sendlinger Tor, also nicht mal die halbe Strecke) freigeprügelt hatten. Der Lauti-DJ der Faschos bekam außerdem eine polizeiliche Anzeige wegen "Billigung einer Straftat", weil er in Anlehnung an die NSU-Bekennervideos das Paulchen-Panther-Lied abgespielt hatte (die Grünen forderten übrigens, ihn gleich wegen "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" zu verknacken, wobei es wahrscheinlich keine gute Idee ist, solche Unsitten aus den 70ern wieder einzuführen). Außerdem versuchten einige Nazis vor und nach der Demo noch was mit Keulen und Kleingruppenaktionen zu reißen, erreichten aber offenbar bloß, dass einer von ihnen verhaftet wurde.
Ebenfalls am 21.1. fand in Ostritz der sächsische NPD-Landesparteitag statt, nachdem die Plauener Stadthalle kurzfristig aus Versehen von einem Tanzkränzchen belegt war. Auch hier misslang die heimliche Mobilisierung, es protestierten über 200 Leute dagegen.
Aktionen zum 3. Jahrestag der Ermordung des russischen Menschenrechtsanwalts Stanislaw Markelow und der anarchistischen Journalistin Anastasia Baburowa fanden am 19.1. wieder in zahlreichen Städten statt. Allein in Moskau gingen 1500 Menschen auf die Straße. In ganz Russland gab es Demos und Kundgebungen, aber auch Transpi- und Aufkleberaktionen. In mehreren Städten kam es zu Angriffen von Faschos, teilweise auch erst nach den Gedenkaktionen auf Leute, die von den Kundgebungen kamen. Solidaritätsbekundungen gab es auch in einigen ukrainischen Städten, in Berlin und Paris vor den russischen Botschaften sowie in Dresden. In Berlin fand sogar eine ganze Veranstaltungsreihe zum Thema statt.
Der St. Petersburger "Vegan Klub" wurde von der "gesunden patriotischen Jugend Russlands" überfallen, um gegen "Drogensüchtige und Alkoholiker" vorzugehen. Oder zumindest gegen irgendwas Linkes.
Und Antifas in Nishny Novgorod haben wieder mal Ärger mit dem "E-Zentr", das versucht, aus fünf von ihnen eine extremistische Organisation namens "Antifa-Rash" zu konstruieren und seine "Ermittlungsergebnisse" jetzt an die Staatsanwaltschaft übergeben hat, damit die eine Anklage draus bastelt.
In Berlin demonstrierten am 16.1. 900 Leute gegen einen rassistischen Übergriff; ein Marokkaner hatte es gewagt, sich mit einer deutschen Frau zu unterhalten, und war dafür von drei Kurzhaarigen erst rassistisch beschimpft und dann zusammengeschlagen worden. Er erlitt einen Halswirbelriss. Auch in Rostock demonstrierten am 25.1. 400 Leute gegen Naziübergriffe, konkreter Anlass war dort aber nur ein Buttersäureanschlag auf ein linkes Projekt zwei Tage zuvor.
Nachdem in Varnsdorf seit einigen Monaten Ruhe war, versucht die tschechische Nazi-Partei DSSS jetzt wieder, einen Aufmarsch gegen die Roma-Bevölkerung zu organisieren. Der Aufhänger für ihre Hetze ist der Tod einer Varnsdorferin nach einem Streit mit einem Varnsdorfer Roma. Der Zusammenhang ist zwar nicht so ganz eindeutig, sie hat einfach zwei Wochen nach dem Streit einen Herzinfarkt gekriegt und war schon länger krank, aber für die Faschos reicht das schon zur Klärung der Schuldfrage: Ein Roma hat eine Einheimische getötet. Es wird mit 200 tschechischen und 50 deutschen Neonazis gerechnet, die Rache nehmen werden.
In Wiesbaden sind drei Jugendliche für einen brutalen Mord an einem obdachlosen litauischen Straßenmusiker verurteilt worden. Sie hatten ihn letzten März grundlos in einem Park angegriffen und zu Tode getreten.
Der Naziladen in Harburg kann weitermachen. Sein Betreiber war wegen einer Schlägerei vom Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, Bewährungsauflage war u. a. die Schließung des Ladens. Er ging in Revision, das OLG stellte das Verfahren einfach ein und damit ist die Strafe samt Auflage hinfällig.
Lustiger Musikantenstadl: In der Rastatter Rechtsanwaltskanzlei, die den Ex-NPD-Funktionär und mutmaßlichen Terrorhelfer Ralf Wohlleben vertritt, arbeiten gleich mehrere frühere Mitglieder von Neonazibands als Anwälte verschiedener Fachbereiche, so die Sänger von "Noie Werte" und "Ultima Ratio". Möglicherweise handelt es sich um eine Blood&Honour-Connection.
Und in Dortmund will irgendsoein Sozialarbeiterprojekt Nazis und "demokratisch orientierte Jugendliche" in "ergebnisoffenen" Diskussionsgruppen organisieren, die sie künstlerisch verarbeiten sollen. Dafür gibt's sogar Kohle vom Familienministerium. Dass sie damit den Faschos ein staatlich subventioniertes Podium für ihre Selbstdarstellung bieten, finden die OrganisatorInnen nicht.

AK Antifa

Scheitern als Chance

Die Krise der Lindauer CSU geht weiter. Offenbar laufen ihr nach dem verlorenen Bahnhofs-Bürgerentscheid und der erzwungenen Auswechslung des OB-Kandidaten jetzt mitten im Wahlkampf scharenweise die AktivistInnen davon, so dass es nicht mal mehr für simple Flyeraktionen genug Leute gibt. Der kurzfristig aus dem Hut gezauberte Kandidat Tappeser ist ein Opfer des Regierungswechsels in Baden-Württemberg, das unter rot-grün seinen Job in der Ministerialbürokratie verloren hat und jetzt verzweifelt einen neuen Posten sucht. Böse Zungen bezeichnen ihn als Worthülsenfabrikanten, viel freundlichere Kommentare gibt's zu seinen bisherigen Auftritten kaum.
Außer ihm treten gegen Amtsinhaberin Meier to Bernd-Seidl noch Max Strauß von der Bunten Liste und Dr. Ecker, der von SPD und Freien Wählern unterstützt wird, an; der Kandidat der Piratenpartei ist bereits vor der Klippe der Unterstützerunterschriften untergegangen. Weil die Piraten nicht im Stadtrat sind, hätten für ihn 200 LindauerInnen auf der Stadtverwaltung unterschreiben müssen, es kamen aber nicht mal 80. Die anderen KandidatInnen mussten diese Hürde nicht nehmen, weil sie ja von Stadtratsfraktionen aufgestellt worden waren; möglicherweise hätte da auch der eine oder die andere Probleme gehabt, genügend Fans zu mobilisieren...

Die Wahlkommission

Meldungen

In Stuttgart standen bzw. saßen in der Nacht auf den 13.1. bis zu 600 Leute der Aufstellung des Bauzauns für den Beginn der Abrissarbeiten am Südflügel des Hauptbahnhofs im Weg. 1900 Büttel waren mit Wegtragen beschäftigt.
Einen unglaublichen Angriff auf die Pressefreiheit leistete sich Bundespräser Wulff mit einem Drohanruf bei der Bildzeitung. Das Blatt hätte vor Lachen beinahe sein Erscheinen einstellen müssen.
Der verunglückte chilenische Bombenleger Luciano "Tortuga" ist wieder halbwegs fit und hat sich mit einem langen Brief aus dem Knast gemeldet. Seine Wunden seien verheilt, es fehlten halt ein paar Körperteile, aber er stehe weiter zum antikapitalistischen Kampf. Dass die andere an dem missglückten Anschlag auf die Bank beteiligte Person geflohen sei, sei übrigens so abgemacht gewesen (und wenigstens das hat ja geklappt, die haben sie bis heute nicht).

Ein bisschen Platz

In Potsdam, Hannover und Aachen wurden zum Jahresende kurzzeitig Häuser besetzt. In Potsdam war eigentlich angedacht, vom 26.12. an ein paar Tage lang Kulturprogramm aufzustellen, nach anfänglicher Ruhe kamen allerdings am nächsten Mittag die Bullen. Es gab eine Sponti direkt nach der Räumung, die allerdings schnell von den Cops gestoppt wurde, und eine etwas größere am nächsten Abend. In Hannover wurde über Silvester eine ehemalige Bullenwache besetzt, wurde aber nach wenigen Stunden geräumt. Eine gleichzeitige Besetzung in Aachen hielt immerhin den ganzen Neujahrstag, wobei solidarische AnwohnerInnen einen Neujahrsbrunch auf der Straße veranstalteten, endete jedoch am späten Abend nach erfolglosen Verhandlungen mit einem freiwilligen Abzug. Es hatte sich herausgestellt, dass die Hütte nach jahrelangem Leerstand kurz vor Weihnachten schließlich doch verkauft worden war und eine Renovierung kurz darauf beginnen sollte. Vielleicht stimmt's ja.
In London wurde das Bloomsbury Social Centre am 22.12. mit klassischer Vorschlaghammertechnik geräumt. Es war im Rahmen von Studienprotestaktionen besetzt worden und diente als Treffpunkt für StudentInnen und AnwohnerInnen. Und in Bad Segeberg ist das Juz Hotel am Kalkberg von der Räumung bedroht. Ein Gericht ordnete am 5.1. die Räumung an, und der Bürgermeister drohte gleich mit Abriss, obwohl gleichzeitig ein Bürgerbegehren für seinen Erhalt läuft. Hintergrund ist, dass die Jugendlichen den Laden in Selbstverwaltung schmeißen und die Stadt ihn lieber unter sozialarbeiterischer Kontrolle hätte.
Auf das Berliner Rauchhaus (Bethanien) gab es am Weihnachtsmorgen einen Brandanschlag mit mehreren Verletzten (durch Verbrennung, Sprünge aus Fenstern und Rauchgasvergiftung). Die Bausubstanz ist OK, es wird solidarisch aufgeräumt. Ein faschistischer Hintergrund wird vermutet. Erwiesen scheint er bei einem anderen Anschlag: Am Schopfheimer Café Irrlicht wurde in der Nacht auf den 28.12. ein Papiercontainer angezündet, das Haus erlitt äußerliche Brandschäden. Bereits am Abend zuvor waren BesucherInnen dieses linken Jugendzentrums von Nazis angegriffen worden. Auch das Irrlicht hat übrigens Ärger mit kontrollwütigen Stadtoberen.

AK Bauen & Besetzen

Weg damit!

Wegen der Verhaftung und Zwangsrasur von 64 KollegInnen auf Aceh haben am 25.12. dreißig Punx dem indonesischen Konsulat in Istanbul einen Besuch abgestattet. Zu den Klängen eines mobilen Soundsystems wurde der Laden von oben bis unten mit Parolen besprüht, es wurden Transpis aufgehängt und Flugis verteilt. Ein paar in der Nähe parkende Luxuskarren wurden ebenfalls ein bisschen gebuntet. Die TäterInnen entkamen unerkannt. Weitere Soliaktionen gab's in Berlin, London, Moskau, San Francisco, Los Angeles, China und Malaysia. In der indonesischen Hauptstadt Jakarta hatten bereits am 19.12. Punx vor dem Polizeihauptquartier demonstriert, eine Delegation konnte sogar dem Chef der indonesischen Polizei persönlich die Meinung geigen.
Silvesterdemos gegen Knäste gab es letztes Jahr in Berlin-Moabit mit 750 Leuten (und nochmal 150 am Abschiebeknast Grünau, wo sich die Wachteln übrigens die Mühe machten, die 20 Häftlinge extra in Räume zu verlegen, wo sie von der Demo nichts mitbekommen konnten), Stuttgart-Stammheim (150, und vorher auf der Anti-Rep-Demo in der Innenstadt 350), Freiburg (60), Köln (150), Dresden (20), Bremen-Oslebshausen (100), New York (mit Unterstützung von Occupy Wall Street), Chikago (30), Seattle (35 am Jugendknast, mit viel Graffiti und Farbbomben), Italien, Argentinien, Großbritannien, Spanien und Griechenland. In Köln gab's ein bisschen ideologisches Theater mit der Forderung nach Abschaffung aller Knäste, weil da unter anderem auch die NSU-Zwetschge sitzt. In Hamburg wurde die Silvesterdemo wegen der in den letzten Jahren immer nervigeren Auflagen abgesagt, Feuerwerk und Neujahrsgrüße für die InsassInnen von HH-Holstenglacis (Untersuchungs- und Abschiebegefängnis) gab's stattdessen von "einer größeren Gruppe" schon am 30.12. Erst an Weihnachten hatte sich dort ein Gefangener erhängt.
In Bankfurt gab es in der Neujahrsnacht Ausschreitungen bei der KfW und der Commerzbank. Nachdem einige Scheiben kaputt waren und ein paar Mülltonnen brannten, kam dann doch noch die Polizei, musste sich aber wegen spontaner Solidarisierung mit beschädigten Autos zurückziehen. Laut Polizeibericht gab es keine besonderen Vorkommnisse. Nun gut, wenn das nix Besonderes mehr ist...
In Leipzig-Connewitz gab es die üblichen Zusammenstöße zu Silvester, planmäßig wurde das Kreuz weiträumig abgesperrt, die Straßenbahn stillgelegt und ein Alkohol-Verkaufsverbot im Umfeld verhängt. Alkoholabhängige Straßenbahnfans griffen daraufhin die Polizeiabsperrungen an. Oder so ähnlich.
In den USA ist erneut ein Todesurteil aufgehoben worden. Jermaine Wright, der seit 20 Jahren sitzt, ist nach Auffassung des Richters nicht schuldig. Er soll einen Schnapsladen überfallen und einen Angestellten erschossen haben, der Richter verwarf jetzt allerdings sein damaliges (längst widerrufenes) Geständnis, das das einzige Beweismittel war.
Die dänische Pharmafirma Lundbeck hat mal wieder einen Weg gefunden, die US-Hinrichtungsmaschine mit Giftspritzen zu versorgen. Nachdem der Export von Natrium Thiopental von der EU verboten worden war, weil das Zeug für Hinrichtungen verwendet wird, steigen die US-Bundesstaaten jetzt reihenweise auf Nembutal um, das eigentlich zur Behandlung seltener Formen der Epilepsie dienen soll. Lundbeck beliefert damit einen Zwischenhändler in Illinois, der offenbar eine ganze Armee von EpileptikerInnen zu behandeln hat. Immerhin scheint die Schamgrenze gestiegen, das Thiopental hatte die Firma noch direkt an die Knäste geschickt.
Ex-Todeskandidat Mumia Abu Jamal hat sich zu früh über seine Verlegung in den "Normalvollzug" in Frackville am 10.12. gefreut: Auch dort sitzt er jetzt in totaler Isolationshaft, ohne Umschluss und sonstigen Kontakt zu anderen Gefangenen, in einer rund um die Uhr beleuchteten Zelle. Er bekommt weder Besuch noch Post noch seine persönlichen Sachen und darf auch selbst nicht schreiben. Normalerweise kommt so etwas bei der Verlegung in einen anderen Knast vorübergehend für ein, zwei Tage vor, aber bei Mumia sind diese Maßnahmen nun schon fast einen Monat in Kraft. Da sind die Pigs wohl sauer auf einen. Schlechte Verlierer!
Für 36 "subversive" Aufsätze, die zum Sturz der Regierung aufrufen, hat der chinesische Anarchist Chen Xi am 26.12. zehn Jahre Knast bekommen. Seine Frau fand es immerhin bemerkenswert, dass der Staat vor einem Stift und ein bisschen Papier offensichtlich soviel Angst hat wie vor einer Rebellenarmee.
Bei uns im Westen muss man natürlich wirklich was anstellen, um Ärger mit den Cops zu kriegen. Am 2.1. wurden in der norditalienischen Provinz Alessandria frühmorgens 13 Wohnungen von No TAV-AktivistInnen gestürmt, die verdächtigt werden, letzten Juni an einer unangemeldeten Demo gegen das Hochgeschwindigkeits-Bahnprojekt durch das Val di Susa teilgenommen zu haben. Was fällt denen auch ein.
Einem Gegner der 4. Startbahn des Frankfurter Flughafens sollte am 5.1. der Prozess gemacht werden, weil er angeblich einen Justizangestellten getreten hatte, als dieser ihn an Kreidemalereien hindern wollte. Der Prozess wurde offensiv geführt und nach einer Stunde abgesetzt, weil Richterin und Staatsanwältin weder mit dem Angeklagten (der schon auf die Frage nach seinen Personalien mit einer grundsätzlichen Kritik bürgerlicher Identitätskonzepte reagierte und schließlich einen hochoffiziellen Antrag auf eine Emo-Runde stellte) noch mit dem Publikum klarkamen. Fortsetzung unklar.
Am 10.1. stürmten knapp 20 AnarchistInnen einen privaten Radiosender in Athen und unterbrachen das Programm für eine Solidaritätserklärung mit den Mitgliedern der Gruppe "Revolutionärer Kampf", die zur Zeit vor Gericht stehen. Die Polizei belagerte das Gebäude mehrere Stunden lang und verhaftete schließlich alle TeilnehmerInnen. Über 100 weitere AnarchistInnen versammelten sich daraufhin vor der Wache.
Am besten werden solche Straftaten natürlich gar nicht erst begangen, deswegen sorgt der Staat vor. Für die Herausgabe einer Broschüre "Demokratie schützen - Linksextremismus vorbeugen" bekommt die Münchner Zeitbild-Stiftung über 120.000 Euro vom Bundesfamilienministerium.
Das Bankgeheimnis gilt natürlich für alle und deswegen holen sich Finanz- und Sozialämter Eure Kontodaten gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nur streng anlassbezogen, zielgerichtet und ganz ausnahmsweise. Wie es letztes Jahr trotzdem zu 63.000 solchen Abfragen gekommen ist, ist nicht ganz klar, aber sicher vollkommen gerechtfertigt.
In Weißrussland gab es Proteste zum Jahrestag der dortigen Wahlfälschung, die wurden aber brutal unterdrückt. Aus dem rechtsstaatlichen weißrussischen Justizvollzug erreicht uns außerdem die Meldung, dass der seit dem Wahltag Ende 2010 inhaftierte Ex-Präsidentschaftskandidat Statkewitsch sich leider bezüglich seiner Schuld uneinsichtig zeigt. Als Verbrecher, der seine Taten nicht bereut, ist er als Schwerverbrecher einzustufen und entsprechend zu behandeln. Auf Veranlassung der Leitung des zuständigen Arbeitslagers überprüft ein Gericht derzeit verschiedene Disziplinarvergehen Statkewitschs und seine Verlegung in ein noch härteres Lager.

Prozessgruppe

Dessau und kein Ende

In Magdeburg ist der Prozess um die Tötung von Oury Jalloh auf der Polizeiwache Dessau-Rosslau bis März verlängert worden, um weitere Beweisanträge der Nebenklage zu prüfen. Damit soll vor allem die offizielle Version, wonach Oury, der mit Händen und Füßen auf einer feuerhemmenden Matratze gefesselt war, diese mit einem eingeschmuggelten Feuerzeug angezündet und sich so selbst verbrannt habe. Zwar ist mittlerweile ein konkreter Verdacht insbesondere gegen zwei Bullen aufgekommen, dass sie da die Finger im Spiel hatten, offiziell angeklagt ist aber weiterhin nur Dienstgruppenleiter Schubert wegen fahrlässiger Tötung, weil er dafür verantwortlich war, dass Feuermelder und Gegensprechanlage ausgeschaltet wurden.
Inzwischen wurde bekannt, dass bereits 2002 in der gleichen Zelle wie Oury der Obdachlose Mario Bichtemann unter ungeklärten Umständen an einem Schädelbasisbruch starb. Das Verfahren wurde eingestellt, es gab nicht mal Disziplinarmaßnahmen. Und ein engagierter Staatsschützer, der an der These von Ourys Selbstverbrennung zweifelte, wurde versetzt und im Auftrag des Innenministeriums bespitzelt.
Am 7.1., Ourys 7. Todestag, demonstrierten über 200 Leute in Dessau. Es kam zu brutalen Polizeiübergriffen, weil die Cops kurzfristig (und entgegen vorangegangenen Gerichtsurteilen) genau solche Zweifel per Auflage einfach verbieten wollten und deswegen am Anfang und am Ende mit brutaler Gewalt zwei Transpis mit der Parole "Oury Jalloh – das war Mord!" raubten. Der Anmelder Mouctar Bah wurde mehrfach verletzt und schließlich bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert, wo er die Nacht verbringen musste. Mehrere weitere Personen wurden verletzt, wobei die Cops laut AugenzeugInnen besonders bekannte AktivistInnen der Kampagne herauspickten. Nachträglich fand das Innenminister Stahlknecht auch nicht so cool, die Polizei sei fälschlich davon ausgegangen, dass es sich bei der "Mordparole" um eine üble Nachrede handle. Als Mörder sollten seine Cops aber trotzdem nicht dargestellt werden. Sicherheitshalber wurde ein Dezernatsleiter der PD Ost versetzt. Allerdings war die Kriminalisierung der Parole mit dem Justiziar Findeisen abgesprochen; der Innenausschuss berät.
Vor der Bullenwache selbst gab es am 7. übrigens eine kleine "Trauerkundgebung" mit 30 Leuten, die keine Sperenzchen machten, weil da Polizeipräsident, Generalstaatsanwalt und Oberbürgermeister teilnahmen. Ebenfalls problemlos konnten am gleichen Tag in Insel (ebenfalls in Sachsen-Anhalt) 100 Faschos gegen zwei Strafentlassene demonstrieren und dabei auch ein paar Auflagen verletzen, nämlich direkt vor deren Haus ziehen. Die Polizei verhielt sich deeskalierend.
In Bremen fand an diesem Tag ebenfalls eine Kundgebung für Oury und den am selben Tag nach einem schiefgelaufenen Brechmitteleinsatz im Rahmen einer polizeilichen Drogenkontrolle gestorbenen Laye Condé statt, an der sich 100 Leute beteiligten; eine anschließende Spontandemo versuchten die Cops zunächst zwar zu stoppen und kamen sogar mit der Hundestaffel an, ließen sie dann jedoch in Ruhe. Das Verfahren gegen die Täter ist ja auch bereits eingestellt.
Zum Prozess in Magdeburg selbst kamen am 9.1. dann 30 DemonstrantInnen, auch sie forderten eine Änderung der Anklage auf Mord und Beihilfe dazu. Die nächste Solidemo für Oury und die Opfer der Polizeigewalt in Dessau ist am 13., Solidaritätsbekundungen überall sind erbeten. In Frankfurt war schon am 12. eine Kundgebung.

Die Buchhaltung

Birn out

Die Nazis kommen im Internet wieder mal unter Beschuss, die Anonymous-Bewegung hat in der Operation "Blitzkrieg" mehrere rechte Portale gehackt oder lahmgelegt. Die Daten von KundInnen des Odin-Versands sowie von NPD-SpenderInnen wurden im Netz veröffentlicht. Darunter sind auch ein paar Faschos aus unserer Gegend, u. a. aus Dornbirn und Lustenau.
Das Kommando Dr. Mengele hat daraufhin die Linke bestraft und grausam Rache genommen: Auf der Seite de.indymedia.org wurde das Foto einer Axt veröffentlicht. Damit ist die Linke in ihren Grundfesten erschüttert. Außerdem gab es den Versuch, die Seite nazileaks.org per DDoS-Angriff auszuschalten, aber dazu braucht man offensichtlich ein paar Fans mehr als der Führer noch hat. In ihrer Verzweiflung posteten die letzten Werwölfe sogar auf indymedia den Link zu einem entsprechenden DDoS-Script und schrieben dazu, es handle sich um ein Script, das Naziseiten angreift, in der Hoffnung, dass ahnungslose LeserInnen ihren Job erledigen. Wurde allerdings sehr schnell enttarnt.
Das Recherchieren über die Nazi-Terrorzelle bleibt offenbar wieder der Antifa überlassen. Für die Behörden scheint das Mordtrio seine Taten einfach mit Hilfe eines unübersichtlichen Unterstützerkreises aus dem braunen Sumpf organisiert zu haben. Dabei handelt es sich um feste Strukturen der bekannten internationalen Nazi-Netzwerke Blood&Honour (rund um das "Fest der Völker"), Hammerskins und Combat 18 sowie der Führungsebene der BRD-Kameradschaften, insbesondere der ehemaligen Fränkischen Aktionsfront aus der Nürnberger Gegend, die nach ihrem Verbot im "Freien Netz Süd" aufgegangen ist. Die Strategie der Zelle folgte laut VVN-Recherchen ziemlich genau einem Konzept, das schon Anfang der 90er von Combat 18 entwickelt wurde.
Mittellose Angeklagte haben ja des öfteren das Problem, dass ihre PflichtverteidigerInnen ihre Pflicht nicht besonders eifrig tun, aber im letzten Berliner U-Bahn-Schläger-Prozess hatte einer der Angeklagten besonderes Pech. Dem 17-jährigen Deutsch-Iraker wurde der bekennende Rechtsextremist Karsten Rausch als Anwalt zugeteilt. Ergebnis seiner "Verteidigung": fünfeinhalb Jahre und die Wertung der Tat als versuchter Mord. Bingo. Das Opfer war angeblich selbst ein Fascho und die Schlägerei nicht ganz so einseitig und vor allem nicht so grundlos, wie's in den Zeitungen mit den großen Buchstaben dargestellt wurde, aber das wird jetzt wahrscheinlich nicht mehr ermittelt.
Am Heiligvormittag protestierten in Bielefeld 70 Faschos gegen das AJZ und 10000 Leute dafür (davon übrigens nur ein paar hundert Autonome Antifas). Die Bullen hatten die Route hermetisch abgeriegelt, und weniger angriffslustige GegendemonstrantInnen standen den aktionsorientierteren häufig im Weg, aber an einigen Stellen gelang es trotzdem, den Faschos Eier, Obst und Steine näherzubringen.
In Nürnberg-Gostenhof gab es im Dezember zwei Angriffe von Nazis auf junge Leute, daraufhin wurde die Faschokneipe Valhalla am 23.12. von einem vermummten Rollkommando zerlegt; einige Gäste wurden leicht verletzt. In der Nacht auf den 9.1. wurde außerdem zum wiederholten Mal das Auto der Sprecherin des Fürther Bündnisses gegen Rechtsextremismus geplättet, es war bereits der dritte Anschlag gegen sie und ihre Familie. Es gibt einen konkreten Verdacht gegen Angehörige des Freien Netzes Süd. Das FNS hat zur Verbreitung seiner Hetze übrigens in Fürth eine eigene Tarnorganisation gegründet, nämlich die "Bürgerinitiative soziales Fürth", die sich über "Ausländergewalt" und die "Inländerfeindlichkeit" der etablierten Politik aufregt.
In Leverkusen kam es am Abend des 23.12. zu einer Reihe von Naziübergriffen mit Pfefferspray: die Faschos griffen zwei Einzelpersonen an und nebelten außerdem eine ganze Kneipe ein. Ein Kneipenbesucher musste ins Krankenhaus.
Neben dem Militärangriff auf jugendliche kurdische Schmuggler an der türkischen Grenze (36 Tote) gab es in Deutschland und Österreich eine ganze Serie von Übergriffen auf KurdInnen, die mutmaßlich auf das Konto der faschistischen MHP/Grauen Wölfe gehen. In Lichtenau (Hessen) wurde sogar das Haus einer Familie angezündet. In Berlin protestierten mehrfach bis zu 400 Leute, die Polizei nahm mehrere Leute fest (u. a. wegen eines "Antifa-Jugend International"-Transpis).
In der Silvesternacht wurde eine linke Kneipe in Ansbach von 20 Faschos überfallen, einige Leute landeten im Krankenhaus (teils stationär); dagegen protestierten am 7.1. an die 200 Personen. Und in Neustadt an der Donau griffen Faschos "Linke" an und verletzten eine Person schwer, die sie daran hindern wollte.
In Hamburg wurde am 6.1. ein Hallenfußballturnier abgebrochen, nachdem Pauli-Fans von Lübecker Nazihools angegriffen worden waren. Die Bullen verhafteten die Pauli-Fans und zeigten mal wieder ihr organisatorisches Geschick, indem sie in der Halle lustig mit Pfefferspray herumspritzten. Es gab 90 teils schwer Verletzte, fast ausschließlich durch den Polizeieinsatz – u. a. ein kleines Kind, das offenbar durch den Gaseinsatz kollabierte.
Und in Leipzig treffen sich die Birnen, nachdem es mit dem nationalen Zentrum in der Lindenauer Odermannstraße nicht mehr ganz so rund läuft, mittlerweile in der Langen Straße 15 (L-Ost). Aktionen gegen das Mietverhältnis laufen.
Auch der sächsische Staatsapparat geht wie immer konsequent gegen Nazischläger vor. Nachdem vier Faschos wegen eines Überfalls im März 2009 vom Amtsgericht schuldig gesprochen worden und in Berufung gegangen waren, brauchte die zuständige Richterin 1½ Jahre und eine staatsanwaltschaftliche Ansage wegen Strafvereitelung, um die Akten ans Landgericht weiterzuleiten. Der Prozess hätte dort am 11.1. stattfinden sollen, wurde nun aber wegen "Arbeitsüberlastung" erneut verschoben und möglicherweise gibt's auch 2012 noch kein Urteil. Die Nazis sind unterdessen munter weiter aktiv und die Opfer immer noch nicht entschädigt. Auch Opfer der Nazigruppe "Sturm 34" warten inzwischen seit fünf Jahren auf ein Urteil; dieser Prozess musste ausgesetzt werden, weil erst mal eine Anzeige wegen "Verunglimpfung des Bundespräsidenten" verhandelt werden musste – diese Verhandlung entfiel jedoch, weil Wulff auf eine Strafverfolgung verzichtete.

AK Antifa

Atom-Baustellen

Die Niederlande planen ein neues AKW in Borssele an der Scheldemündung bei Vlissingen. Proteste laufen, die Einspruchsfrist ging gerade zu Ende. Ebenfalls protestiert wird gegen Pläne des Bundesamtes für Strahlenschutz, die bis zu vier Milliarden teure Räumung des absaufenden Atomklos Asse II aus Kostengründen zu knicken. Die Atomkonzerne haben keinen Bock sie zu bezahlen und der Staat mag ihnen keinen Druck machen. Und der nordrheinwestfälische Landtag hat letzten April eigentlich gemäß rot-grünem Koalitionsvertrag beschlossen, die Einlagerungsgenehmigungen für das Zwischenlager Ahaus zu widerrufen, die Landesregierung macht es aber einfach nicht.
Der Einlagerungsstopp bleibt also Handarbeit, und der kommt die Staatsanwaltschaft nicht hinterher. Den 1700 UnterzeichnerInnen des Aufrufs "Castor Schottern" zur Untergrabung von Transportgleisen wird jetzt nach und nach angeboten, das Verfahren gegen Spenden von 50€ an gemeinnützige Organisationen einzustellen. Die meisten lehnen auch diese abgemilderte Form der Repression ab und warten, wie die Gerichte diese Masse an Verfahren bewältigen wollen. Von den ursprünglich angedrohten hohen Haftstrafen ist jetzt schon nichts mehr zu hören.
Und nachdem zahlreiche Anti-Atom-Initiativen schon seit 2001 vor der Terrorgefährdung von oberirdischen Atommüll-Lagern warnen, ist jetzt auch das Bundesumweltministerium draufgekommen, dass da was dran sein könnte. Offensichtlich hat sich die Erfindung der Panzerfaust jetzt auch bis zu denen rumgesprochen. Nachdem in Gorleben letztes Jahr schon die Castoren umgeparkt wurden, um solchen Waffen weniger Angriffsfläche zu bieten, werden jetzt sämtliche Zwischenlager an den AKW-Standorten mit einer zusätzlichen umlaufenden Betonwand umgeben. Auch die Lagerhalle in Gundremmingen bekommt so einen 10 Meter hohen und 18cm starken Sichtschutz. Ob das tatsächlich die Sicherheit verbessert, ist fraglich (die Halle selber ist doppelt so hoch), aber die genauen Überlegungen dahinter sind natürlich aus Sicherheitsgründen streng geheim.

Atom-Combo

Occupy alles

Nach exakt zweimonatiger Besetzung ist der Berliner Bundespressestrand am 9.1. geräumt worden. Am 27.12. war zunächst noch der Abriss der Küchenhütte verhindert worden. Ein Räumungstermin am 6.1. wurde ebenfalls noch ausgesessen, am 9. sorgte dann allerdings ein größeres Polizeiaufgebot für einen "freiwilligen" Abzug der letzten 15 BesetzerInnen, begleitet von ziemlich anstrengenden Freundlichkeiten des Presseteams gegenüber der Polizei, die ja auch nur ihren Job mache. Die täglichen Versammlungen finden bis auf Weiteres jeweils um 19 Uhr im Cafe Coop (nähe Alex) statt.
Die Besetzung der Pufferzone zwischen Nord- und Südnikosia auf der geteilten Insel Zypern geht dagegen weiter. An Heiligabend zog die Winter Street Parade von der Besetzung aus durch den griechischen Südteil der Stadt, das Ninja-Turtle-Aufgebot war "einschüchternd" und nahm zwei Personen vorübergehend fest. Die Parade gab es schon früher mehrfach und war bisher nie ein Problem, allerdings regiert im Süden jetzt ein neuer Bürgermeister und der war wohl der Meinung, sich mit dem Bulleneinsatz als rechter Antipath profilieren zu müssen.
In der Neujahrsnacht wurden in der toten Zone zwei Häuser (eine Werkstatt und ein Laden) besetzt und dienen seither als autonomes Kulturzentrum mit Infoladen. Hintergrund ist, dass es im Winter auf Zypern doch recht viel regnet und deswegen wohl nicht alle BesetzerInnen dauerhaft in Zelten wohnen wollten. Plenum täglich 19 Uhr, jeden Donnerstag 20 Uhr Tango-Workshop.
Nach Neujahr kam es dann des öfteren zu Besuchen von Soldaten des türkischen Nordens im Camp. Auf ihren Wunsch hin entfernte die UN-Truppe, die den Grenzstreifen kontrolliert, ein militärkritisches Transparent der nordzypriotischen TeilnehmerInnen, auf dem Folter im Militär und die Repression gegen den türkischen Kriegsdienstverweigerer Halil Savda kritisiert wurden. Es wird nun gerätselt, mit welcher der Aufgaben der UNO diese Aktion zusammenhängt, als da wären: internationale Sicherheit, wirtschaftliche Entwicklung, sozialer Fortschritt, Menschenrechte und die Verwirklichung des Weltfriedens. Laut UNO war das Transpi beleidigend.
In New York wurde in der Neujahrsnacht der geräumte Zuccotti-Park vorübergehend wiederbesetzt, Hunderte rissen die Absperrungen nieder und tanzten darauf herum. Anschließend verbrachten 68 Leute den Neujahrsmorgen auf der Bullenwache. Und Occupy London schuf sich mit "Occupy Justice" in dieser Nacht ein drittes Standbein mit der Besetzung des alten Stadtgerichts; eine Duldung bis zum 23.1. haben sie bereits bekommen. Auch die besetzte "Bank of Ideas" kann bis mindestens Anfang Februar bleiben.
Der nächste internationale Aktionstag ist schon am 15. Januar, achtet auf Ankündigungen oder macht selber was.

Die Aufstandseinheit

Der Kampf geht weiter...

In Ungarn ist die demokratische Verfassung von 1989 zum Jahreswechsel abgeschafft worden. Die regierende Fidesz-Partei von Ministerpräsident Orbán, die bei der letzten Wahl zwar nur 53% der Stimmen, dank eines auf sie zugeschnittenen Wahlrechts aber 2/3 der Parlamentssitze bekam, beschloss das quasi im Alleingang. In der neuen Verfassung steht neben einem Haufen patriotischem Schwurbel, dass die Einkommenssteuer auf 16% beschränkt ist. Das Verfassungsgericht hat praktisch nix mehr zu melden, auch die anderen RichterInnen kommen an die kurze Leine, Datenschutz gibt's nicht mehr usw. Ähnlich dem islamischen Wächterrat im Iran ernennt die Regierung einen "Haushaltsrat", der jede künftige Regierung per Veto gegen den Haushalt praktisch aus dem Amt kicken kann, falls doch mal ne andere Partei eine Wahl gewinnen sollte – die Ratsmitglieder werden auf neun Jahre ernannt.
Die neue Verfassung wurde am 1.1. mit einem großen Festakt zelebriert, die Promis mussten allerdings anschließend zum Hinterausgang raus, weil vor der Tür 100.000 Leute dagegen (und für Orbáns Rücktritt) demonstrierten. Die EU ist auch empört über die neue Verfassung, denn darin steht, dass die Zentralbank nicht unabhängig von der Regierung ist, und das ist eine unglaubliche Missachtung der Demokratie und aller europäischer Menschenrechtskultur. Nebenbei empört sie sich noch über Österreich, das lässt nämlich zu wenig Laster über die Alpen fahren, der EUGH befand das für eine unzulässige Einschränkung des freien Warenverkehrs und das mit den atemwegskranken Kindern sei ja wohl sekundär.
Erster Erfolg der Wahlrechtsproteste in den USA: Das Justizministerium hat das neue Wahlausweisgesetz von South Carolina gestoppt. Es hätte vor allem StudentInnen und Arme, die keine Lichtbildausweise besitzen oder nicht an ihrem Wohnort wählen können, von der Wahl ausgeschlossen.
Für den Aufstand in Kasachstan gab es vor Weihnachten mehrere Soli-Aktionen. Am 21. besuchte ein Dutzend AktivistInnen die kasachische Botschaft in Warschau, in Moskau waren es an die 50. In Malmö fand eine Protestaktion auf einem Weihnachtsmarkt statt, der Christbaum erwies sich als tauglicher Transpi-Halter. Leider scheinen Naserbajews Mediensperre und das Neujahrsloch dem Vergessen des Massakers von Shanaosen Vorschub zu leisten. Die Redaktion hat von dort auch nix mehr gehört. Der weißrussische Diktator Lukaschenko war auch solidarisch und hat Aufstandsbekämpfungseinheiten zur Rettung seines Kollegen nach Kasachstan geschickt, um den Aufstand niederzuschlagen.
An der Ausbildung dieser Einheiten beteiligten sich übrigens die Bereitschaftspolizeien verschiedener deutscher Bundesländer, und zwar u. a. explizit zum Thema "taktische Bewältigung polizeilicher Lagen in Ballungsräumen". Vorwand war der "Schutz von Sportgroßveranstaltungen" (hoi, hat der Herr Innenminister das verschusselt, die EM ist ja in der Ukraine...). Außerdem Thema war die "erfolgreiche Darstellung polizeilicher Arbeit in den Medien", deutsch gesagt die Propagandalüge, wie sie die deutsche Polizei von den Chaostagen in Hannover über den G8 in Heiligendamm bis zu den verschiedenen Castor-Transporten immer wieder exzessiv eingesetzt hat.
Außerdem gab es in Indonesien Proteste gegen den australischen Bergbaukonzern Arc Exploration, der dort Gold abbaut. Nach einer fünftägigen Hafenblockade in Sape nahm die Polizei zehn Leute fest, tötete acht und verletzte Hunderte.
In Ägypten zeigte das herrschende Militär in- und ausländischen Menschenrechtsorganisationen am 29.12. mit Razzien bei 18 von ihnen, wo der Hammer hängt, musste allerdings aufgrund von internationalen Protesten schnell versprechen, dass das nur ein einmaliger Ausrutscher war. Die beschlagnahmten Unterlagen würden vollständig zurückgegeben, hieß es (ist aber noch nicht passiert); ob sie zu Repressionszwecken kopiert werden, wird sich wohl bald zeigen. Unter Mubarak gab's sowas nicht...
Am 2.1. protestierten in Kairo beim Presseverein 100 LinkssozialistInnen und AnarchistInnen gegen eine mit dem Militär koordinierte Hetzkampagne der Muslim-Bruderschaft. Die Brüder haben auch einige Anzeigen gegen linke Organisationen wegen revolutionärer Bestrebungen erstattet; die Staatsanwaltschaft hat diese vor das Staatssicherheitsgericht gebracht.
Die Wahl in der "Demokratischen Republik" Kongo (Woher kommt mir der Name bloß bekannt vor?) war auch gefälscht, aber das geht Euch nen feuchten Scheißdreck an, weil da der Wunschkandidat des Westens gewonnen hat, und die 143 Leute, die in London dagegen demonstriert haben, sind völlig zu Recht verhaftet worden.
Die weltweiten Aufstände führen auch zu einem neuen Boom bei Aufstandsbekämpfungstechnologien. So werden Apparate erprobt, die alles, was sich den Cops in den Weg stellt, mit einer drei Meter hohen Wand aus Laserblitzen blenden sollen, oder in Polizeischutzschilde integrierte Infraschallgeneratoren, die den ZuhörerInnen durch Resonanzeffekte in den Atemwegen buchstäblich die Luft wegbleiben lassen. Solche Spielzeuge werden natürlich auch Thema bei der "International Urban Operations Conference" Anfang Februar in Berlin ein Thema sein.

Die Revolutionsqualitätskontrolle

Krisenverhältnisse

Am Berliner Ensemble läuft derzeit ein Arbeitskampf der "unsichtbaren" MitarbeiterInnen (Technik, Requisite usw.) gegen ihre zunehmend prekären Beschäftigungsverhältnisse. An einer Aufführung des Revolutionsdramas "Dantons Tod" am 3.1. beteiligten sie sich deshalb mit einer revolutionären Einlage mit aktuellem Bezug. Regisseur Peymann, der gerade den Lessing-Preis bekommen hatte, weil er das Ideal des Theaters als "moralische Anstalt" hochhalte, war nicht begeistert.
In Griechenland wächst die Verzweiflung. Auf Lefkas verbrannte sich ein 78-jähriger. Insgesamt ist 2011 die Selbstmordrate um 40% gestiegen, und immer mehr Leute bringen ihre Kinder ins Heim, weil sie sie nicht mehr durchfüttern können.
In der Krise werden auch alternative Wirtschaftsmodelle wieder interessant. Über die Seite solidarische-landwirtschaft.org wird der nicht ganz neue Ansatz versucht, städtische und ländliche Gemeinschaften zusammenzubringen, die gegenseitig für ihren Unterhalt sorgen sollen. Die Leute vom Land liefern grob gesagt Lebensmittel und die in der Stadt Geld und gelegentlich Arbeitszeit, so dass kein direkter Austausch im Sinne einer Preisbildung mehr stattfindet. Vielleicht noch nicht die Abschaffung des Kapitalismus, aber immerhin ein Schritt weg von Ausbeutung und Leistungsgesellschaft.

Der Notarzt

Aufstand Ost

In Russland gingen auch am 24.12. wieder Hunderttausende auf die Straßen, um gegen Putin und die Wahlfälschung zu protestieren, allein in Moskau waren es 120.000. Repression gab es kaum, allerdings waren AnarchistInnen auf dem Hinweg mit Polizeischikanen und auf dem Rückweg mit Nazis konfrontiert. Außerdem wurde der bekannte linke Oppositionelle Sergej Udalzow verhaftet und wegen Missachtung von Polizeianweisungen zu zehn Tagen Knast verurteilt. Am 25. wurde bei Protesten dagegen Jaroslaw Nikitenko von der Chimki-Bewegung verhaftet und nach dem gleichen Paragrafen ebenfalls zu zehn Tagen verknackt. Gemeinerweise stand er ohne Anwalt da – den hatten die Bullen nämlich kurzerhand an das falsche Gericht geschickt.
In Krasnodar wurde am 24.12. das Büro der Putin-Partei "Einiges Russland" angegriffen, das mitten auf der Partymeile der Stadt liegt. Scheiben wurden eingeworfen und Parolen gesprüht. Das Partypublikum bejubelte die Aktion lautstark. Nächster Aktionstag ist Anfang Februar. Bereits am 5.1. gab es ein Treffen der Opposition. Dabei konnte sich leider der linke Flügel nicht mit der Forderung durchsetzen, die Neonazis aus der Bewegung auszuschließen; der Kampf um die ideologische Ausrichtung des Widerstands geht also weiter.
Philipp Kostenko, St. Petersburger Anarchist und Aktivist der Menschenrechtsorganisation Memorial, hat den Dezember im Knast verbracht. Er war zu Beginn der Protestwelle verhaftet und zunächst zu einer 15-tägigen Ordnungsstrafe (dem Maximum im Schnellverfahren) verurteilt, dann wegen eines älteren Vorfalls gleich wieder angeklagt und zu den nächsten 15 Tagen verknackt worden. Um ihn am 5.1. nicht freilassen zu müssen, wurde er ein drittes Mal angeklagt. Diesmal wurde ihm wegen der Beschädigung eines Einiges-Russland-Plakats Vandalismus vorgeworfen. Es gab dazu sogar eine Umfrage des Radiosenders Echo Moskwy, bei der 79% sagten, dass das kein Vandalismus ist, sondern legitimer Protest.
Der Prozess fand am 4.1. unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, die stattdessen vor dem Gerichtsgebäude und in dessen Fluren protestierte. Eine als Tod verkleidete junge Frau, die ein Plakat dabei hatte, das korrupte RichterInnen in die Hölle wünschte, wurde vorübergehend festgenommen. Das Gericht wollte nicht in die Hölle und befand, dass die Plakatbeschädigung kein Vandalismus war, und zwar deswegen, weil der Vandalismus-Paragraf explizit die Beschädigung von Geschichts- und Kulturdenkmälern, Gebäuden, Einrichtungen und öffentlichen Transportmitteln betrifft und das Plakat auch im Putin-Staat noch nicht als Kulturdenkmal gilt. Damit war den Bullen der Trick verreckt.
Phil wurde am nächsten Morgen um 6:30 entlassen und vor dem Knast von 30 Leuten mit einem Feuerwerk begrüßt. Vor seiner Wohnungstür begrüßten ihn dann gleich wieder die Bullen, die erklärten, sie müssten prüfen, ob sich darin Leute illegal aufhalten. Nach längerer Diskussion behaupteten sie schließlich, wegen einer Lärmbeschwerde aus der Nachbarschaft gekommen zu sein (morgens um halb neun, haha). Die Cops blieben draußen.
Phil bedankte sich bei allen, die ihn unterstützt haben, denn ohne die breiten Proteste von AktivistInnen, MenschenrechtlerInnen usw. hätte das Gericht wahrscheinlich die zweite Verlängerung auch noch ohne mit der Wimper zu zucken durchgewunken.
Ebenfalls in St. Petersburg ist mal wieder die Kunstgruppe Wojna in Aktion getreten, und zwar wurde "im Rahmen einer neuen Anti-Polizei-Aktion" auf dem Gelände einer Bullenwache ein Ural-Großraum-Polizeitransporter angezündet. Ermittlungen laufen. Und in Pensa wurde der 19-jährige Anarchist Ilja Petrow zu 7 Jahren für mehrere Bomben- und Brandanschläge verurteilt.
Und in Tjumen (Sibirien) gab es über Neujahr vermutlich von Arbeitgeberseite einen Angriff auf die Internetseite einer anarchosyndikalistischen Gewerkschaft, dabei wurde nebenbei die landesweite Seite avtonom.org plattgemacht, die technisch mit der angegriffenen Seite verbunden ist.

Der Wolf

Kriege stoppen

Der türkische Kriegsdienstverweigerer Inan Süver ist raus! Allerdings vorerst nur vorläufig. Im Parlament wird über die Legalisierung der KDV verhandelt, und wenn das Gesetz nicht in absehbarer Zeit durchkommt, fährt er wieder ein. Schon nervig, auf Bewährung rauszukommen und die Erfüllung der Bewährungsauflagen gar nicht selber in der Hand zu haben... Offen hat Inan übrigens weitere Anklagen wegen seiner Flucht letzten April und wegen angeblicher versuchter Brandstiftung in der Zelle im Juni.
Wegen der Blockade eines Militärtransports 2008 bei Husum wird's auch heuer Prozesse geben. Die Staatsanwaltschaft hat aus 200 Aktenseiten noch einen ganzen Schwung Straftaten und -befehle gemacht, von der Beamtenbeleidigung bis zum "beschimpfenden Unfug" am Hoheitszeichen eines Bundeslandes. Auch die Frage, ob man einen Vertreter des staatlichen Gewaltmonopols als Gewalttäter ansprechen dürfe, könnte vor Gericht landen. Außerdem gibt es noch Verfahren wegen der Ausübung dieses Gewaltmonopols gegen einen Fotografen.
Die deutsche Rüstungsindustrie ist gerettet: Die EU-Sparauflagen für Griechenland gelten selbstverständlich nicht für dessen Rüstungsimporte. Laut deutschem Wirtschaftsministerium liegt die Sicherheitspolitik schließlich "in der autonomen Entscheidung der griechischen Regierung". Ah ja. Wieso das für die Sozialpolitik nicht gilt, weiß das deutsche Wirtschaftsministerium natürlich nicht. 2010 kaufte Griechenland von deutschen Rüstungskonzernen großkalibrige Systeme, Bomben, Torpedos, Kriegsschiffe, Flugzeug und Zubehör für insgesamt 35 Millionen.

Netzwerk vaterlandsloser Gesellen

Menschenjäger

In Dresden jagte die Bundespolizei am ersten Weihnachtstag Flüchtlinge. Sie hielt zunächst einen Bus auf, um die Fahrgäste in Abschiebehaft zu stecken, und jagte sechs Leute, die dabei entwischten, anschließend noch mit einem Hubschrauber. Über ein Dutzend Menschen, hauptsächlich aus Irak und Afghanistan, wurde festgenommen. Ihnen droht die Abschiebung. Zahlreiche weitere Personen wurden über die Weihnachtszeit auch in unserer Gegend wegen illegaler Einreise bzw. Beihilfe dazu verhaftet.
In Patras (Griechenland) wurde ein jugendlicher Flüchtling von der Polizei bei einer Razzia schwer verletzt, ein weiterer erstickte an den Abgasen eines selbstgebauten Ofens, während er in einem Schrott-Lkw übernachtete. Am 23.12. demonstrierten deswegen 400 MigrantInnen und solidarische Einheimische dafür, dass die Menschenrechte für alle gelten. Tags darauf wurde die Ruine einer Textilfabrik gestürmt, wo zahlreiche MigrantInnen Unterschlupf gefunden hatte, darunter auch solche mit Aufenthaltserlaubnissen. Die Cops verhafteten 50 Leute und zündeten dann die Sachen der MigrantInnen und mehrere Gebäude einfach an. Die Feuerwehr kam erst eine Stunde später. Unterdessen wurde einer der 300 Beteiligten des Hungerstreiks vom letzten Winter, die eigentlich ein provisorisches Bleiberecht bekommen hatten, nach Italien abgeschoben.
Am Grenzfluss Evros wurden kurz vor Weihnachten wieder mehrere Menschen tot aufgefunden; ein junger Afrikaner war offensichtlich ertrunken, eine Iranerin und ihr Sohn starben ebenfalls. Am Morgen des 12.1. kenterten dann auf dem Evros zwei Schlauchboote. Sechs Passagiere wurden gerettet, sechs weitere werden vermisst. Sie kamen aus Afghanistan und Bangladesch.
Auch in Calais wurde ein junger Äthiopier namens Ismael am 22.12. tot unter einer Brücke aufgefunden. Er hatte in der Schweiz bereits Asyl beantragt, lebte eine Zeit in Aarau und hatte dann offenbar aus Angst vor Abschiebung versucht, nach Britannien weiterzukommen. Die Polizei verweigerte Autopsie und jegliche Ermittlungen; sie legte den Fall als Selbstmord zu den Akten. FreundInnen veranstalteten eine Mahnwache.
In Thessaloniki haben 40 obdachlose GriechInnen und MigrantInnen gemeinsam ein leerstehendes Haus besetzt und eine funktionierende basisdemokratische Struktur aufgebaut. Nach zwei Monaten wurde es allerdings am 13.12. geräumt. Einen Tag vorher hatte das Plenum der migrantischen StraßenhändlerInnen eine Stadtratssitzung gestürmt und eine Resolution verlesen, um das Ende von Polizeiangriffen und der Propaganda, die sie für die Krise verantwortlich macht, zu fordern. Bereits eine Woche zuvor hatten StraßenhändlerInnen in Athen-Patision einen solchen Polizeiangriff erfolgreich zurückgeschlagen und gleich auch noch die daraufhin gerufene Bereitschaftspolizei verjagt.
Aus des spanischen Nordafrika-Enklave Melilla kommt die Meldung, dass das Internierungslager für Flüchtlinge mit 800 Leuten auf 480 Plätzen total überfüllt ist. Weil der Grenzzaun zu Marokko inzwischen immer mehr verstärkt wurde, kommen die meisten Flüchtlinge jetzt per Boot, oder sie schwimmen gleich. In Marokko selbst gab es wieder Razzien und Abschiebungen an die algerische Grenze.
In Turin stehen zwei Anarchisten vor Gericht, weil sie ein Gebäude des Roten Kreuzes mit Kritik an dessen Beteiligung an den CIE (Flüchtlingsinternierungslager) besprüht haben sollen. Und in der Schweiz ist aufgeflogen, dass der SVP-Politiker und Rechtspopulist Christoph Blocher in seiner Zeit als Justizminister die Schweizer Botschaften in Kairo und Damaskus angewiesen hatte, Asylanträge von IrakerInnen einfach liegenzulassen. Betroffen waren mehrere Tausend Gesuche. Das war zwar, wie eine Untersuchung ergab, komplett rechtswidrig, soll aber keine rechtlichen oder disziplinarischen Konsequenzen haben.

AK Flucht & Migration

Zu den älteren Meldungen (von Ende 2011) geht's hier.